Rockharz Open Air 2019: Freitag und Samstag


Rockharz Open Air 2019
Vom 3. bis 6. Juli fand das Rockharz Open Air 2019 wieder in Ballenstedt imHarz statt. (Bild: stagr / Johanna Edler)

Rockharz Open Air 2019: samstag

Man war hingerissen zwischen körperlicher, wohlwollender Erschöpfung und Schwermut, der allerletzte Festivaltag der diesjährigen Metalfestival-Ausgabe im Harz stand an. Dieser wurde mit einer Kapelle eröffnet, die das erste Mal am Fuße der Teufelsmauer gespielt haben. Die Schweden Follow The Cipher legten mit melodischem Heavy Metal los. Mit feuerroten Haaren glänzte die Frontfrau nicht nur mit einer beindruckenden Stimme.

Eine gehörige Portion an Melancholie und Weltenschmerz und ein Britney Spears-Cover brachte ausgelassene Heiterkeit, da Hell Boulevard trotz der düsteren Texte ein großes Maß an Heiterkeit beisteuerten – das Cover sprach für sich. Es wurde nochmals melodischer. Visions Of Atlantis überzeugten das Publikum in Sachen Qualität und Dynamik. Musikalisch stark an eine gewisse Band aus Finnland angelehnt – Nemo und Wishmaster hat die gesuchte Band geschrieben – war vor allem die Sängerin der österreichischen Formation eine großartige Animatorin.

Die fränkischen Bayern von Freedom Call drückten das Gas- und Gute-Laune-Pedal bis zum Anschlag durch. Besonders war die Ansage, dass Metal weder Geschlecht noch Herkunft kennt. Eine schönere Aussage kann man nicht tätigen. Besonders Metal Is For Everyone untermalte die Position der kernsympathischen Band am besten.

Frauenformationen haben es im Metal, da das Genre dezent von Männern dominiert wird, immer etwas schwer. Das heißt aber nicht, dass Bands wie Burning Witches in Sache Qualität sich etwas zu Schulden kommen lassen. Im Stil von Warlock und Doro donnerten die Damen aus der Schweiz energiegeladenen Heavy Metal dem Infield um die Ohren.

Pures Testosteron und ganz viel Stahl, penetrante Melodien und absolute Männlichkeit. Diese Eigenschaften sind das Fundament von Grand Magus. Die Stockholmer Formation ist der Inbegriff des europäischen Heavy Metals. Alleine das epische Backdrop mit einem gewaltigen Adler, welcher ein Schwert in den Fängen trägt während er fliegt – mehr Männlichkeit findet man höchstens in Conan Filmen.

Dass aus Kanada nicht nur mit die besten Eishockey Spieler der Welt kommen, weiß man nicht erst seit Gretzky. Aus dem Land der Lachse und Bären kommt auch eine der ältesten Heavy Metal Bands. Die Rede kann nur von Anvil sein. Trotz der Tatsache, dass die Gruppe seit mehr als 30 Jahren im Geschäft ist haben sie nichts bezüglich ihrer Motivation und Leistung eingebüßt. Furios trat das Trio dem Publikum in den Allerwertesten.

Es folgte klassischer Hard Rock, der nicht klassisch ist. Was heißt das? Dass es sich eben nicht um eine billige AC/DC Coverband handelt, sondern um innovativen, individuellen Rock’n’Roll. Hardline demonstrierten eindrucksvoll, dass diese Musik einfach unsterblich ist. Joe Cocker wäre stolz auf die stimmliche Leistung des Sängers. Hervorzuheben ist die Dynamik zwischen der Bassistin und dem Rhythmus Gitarristen.

Die skandinavische Präsenz auf dem diesjährigen Rockharz nahm kein Abbruch. Selbst der Bekanntheitsgrad nahm nicht ab! Grave, die heimlichen Superstars der schwedischen Melodic Death Metal Szene, ergötzten das Publikum mit Klassikern. Es war tatsächlich ein wahres Fest für alle Fans der harten schwedischen Schule. Die perfekte Fusion aus bekannten Göteborgern Bands ließ kein Haupthaar ungeschüttelt.

Das Rockharz steht seit seiner Gründung für gelebte Vielfalt. Egal ob Hardcore, Punk Rock – jedes Genre mit Stromgitarren hat hier seinen Platz. Deutsch Rock übrigens auch! Kärbholz ist nicht nur einer der populärsten Bands des Selbigen Genres, sie begeistern auch traditionelle Metalheads. Das sah man vor allem bei dem tanzenden Infeeld. Die Ruppichterothler boten eine gekonnte Mischung aus drückenden Punk Riffs und metallischen Melodien.

Und nun wurde wirklich jede Kauleiste zertrümmert. Tempogeladener Death Metal mit viel Thrash und Menschenhass sorgte dafür, das Gift und Galle gespuckt wurde und das nicht nur auf der Bühne. Pure Aggression in den Gesichtern der zahllosen Fans und Gesinnungsgenossen des Todesmetalls trieb den Staub auf dem Infeeld in die Höhe. Die Niederländer von Legion Of The Damned beherrschen ihr Handwerk. Was ein Abriss!

Mono Inc. – die Dark-Rock Band aus Hamburg, schmettern harte Sounds mit dunkler Stimme ins Infeeld. Textsicher sang das Publikum mit, feiert Martin Engler und seine Band in vollen Zügen. Das Quartett aus Nord-Deutschland zählt zu den größten ihres Genres und füllt stattliche Hallen. Nicht verwunderlich war es, dass es beim Rockharz 2019 auch nicht anders aussah. Abertausende Menschen feierten die Düsterrocker.

Weiter ging es mit der Symphonic Metal von Epica. Der Regen der nach dem dritten Lied begann, verscheuchte das Publikum nicht sondern sorgte für noch mehr melancholische Stimmung. Die engelsgleiche Stimme der Frontfrau Simone Simons erklang in wohlbekannter Stärke und wurde untermalt vom taktvollen Gitarren-Sound.  Nicht nur klanglich, sondern auch optisch gab es was zu erleben. Frau Simons kleidete sich äußerst ansehnlich.

So langsam neigte sich das Rockharz dem Ende entgegen. Die Rolle des Co-Headliners nahm ein gern gesehener Gast auf dem RHZ ein. Die Finnen von Korpiklaani, die so ziemlich größte Folk Metal Bands Europas, luden nochmal zum Tanz. Selbst das Weglassen ein paar echter Klassiker viel nicht weiter auf. Sowas spricht selbstverständlich für die Qualitäten einer erfolgreichen Band. Es gehüpft, es wurde getanzt und nochmal ordentlich gefeiert.

Es blieb ein letztes Mal finnisch. Der Headliner am letzten Tag des diesjährigen Rockharz war kein geringerer als Children Of Bodom aus Espoo. Seit Anfang der 90er Jahre sind sie die größte Formation gegen die schwedische Domination innerhalb des Genres. Ohne große Schwierigkeiten lieferten die Nord Europäer rund um den charismatischen Sänger Alexi Laiho eine gewohnt qualitativ hochwertige Show ab. Das Live-Erlebnis stand ganz im Zeichen des jüngst veröffentlichen Werk Hexed, dass im März über Nuclear Blast auf den Markt geworfen wurde.

Tatsächlich ist es immer schwer gegen solche Größen noch etwas gegen zu stellen. Und statt Metal präsentierten The O’Reillys & The Paddyhats eine spaßbringende Mischung aus traditionellen Irish Folk und Punk Rock. Die Festivalgänger gaben nochmal alles und unterstützen zur späten Stunde die Gevelsberger Formation kräftig. Und ganz zum Schluss, schon einige Besucher waren bereits auf dem Heimweg, legten die Schweden von Apocalypse Orcherstra los. Die junge Formation stand den etablierten Gruppen, die davor gespielt hatten, im nichts nach. Professionell und energetisch verabschiedeten sich die Schweden und beendeten das Rockharz 2019. Ein gelungener Abschluss.

Notiz am Rande: Das Rockharz Open Air 2019 zeigte abermals, dass es zu den beliebtesten und abwechslungsreichsten Metal-Festivals gehört, die es hierzulande gibt. Trotz der Tatsache, dass das Festival seit 2009 von Jahr zu Jahr größer wurde, wirkte es auch dieses Mal nicht überlaufen. Dies war nur möglich, weil sich auch der Background des Festivals an die Vergrößerung anpasste. Auch die Qualität der Bands ließ nichts zu wünschen übrig. Und auch wenn bereits einige Bands schon einmal (oder auch schon öfters) auf dem Rockharz gespielt hatten, war die Auswahl der neuen Acts durchaus ansehnlich. Alleine Dimmu Borgir waren eine dezent große Bereicherung in der Rockharz Open Air-Geschichte.

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