Wacken Open Air 2016 – Tag 3: Blitzschlag und Glam-Rock


Wacken Open Air 2016
(Bild: stagr / Mark Carstens)

Am Samstag Vormittag war es schließlich soweit: Wie alle großen Festivals in dieser Saison, wurde auch das Wacken Open Air nicht von einer Unwetterfront verschont. Diese zog dann aber Gott sei dank recht schnell weiter. Es gab sogar einen Blitzeinschlag, allerdings ohne, dass irgendwas oder irgendwer zu schaden kam. In dieser Situation bewährte sich die Wacken-App, die per Push-Nachricht alle Besucher vor dem Unwetter warnte und dazu aufforderte, in die Autos zu steigen und die Gewitterwolken abzuwarten und andere, die nicht mit dem Auto angereist waren, mit aufzunehmen. 20 Minuten später war die Unwetter-Front auf und davon. Abgesehen davon, dass das äußere Festivalgelände erst um 11 Uhr (also zeitgleich mit dem Infield) eröffnet wurde, hatte das Unwetter keinerlei Einfluss auf das diesjährige W:O:A.

Kurz danach kreisten ein paar Möwen über das Wacken-Gelände, die offenbar nicht wegen der Musik angereist waren. Noch während Dragonforce die Black Stage eröffneten, waren die Besucher von der Küste schon wieder weitergezogen. Aber vielleicht war den Vögeln auch nur der langhaarige, seine Gitarre ableckende Asiate suspekt.

Im fliegenden Wechsel mit den Möwen, tauchen am letzten Festival-Tag noch viele andere bunte Vögel auf dem Festivalgelände auf. Mit Steel Panther und Twisted Sister forderte Wacken die ganzen Glam-Rocker und Hair-Metaller heraus, sich möglichst grell in Schale zu werfen.

Für die Black-Metal Band Triptykon wurde es schwer, die die Lücke zwischen Steel Panther und Twisted Sister auf der großen Bühne zu schließen. Denn zwischen dem „Wir wollen Sex und Bier“-Songs von Steel Panther und der „We’re Not Gonna Take It“-Attitüde der Twisted Sister, wollte nicht wirklich die passende Stimmung für die kraftvoll-finsteren Lieder der Band von Thomas Fischer aufkommen.

Arch Enemy dagegen, die die Ehre hatten nach Twisted Sister aufzutreten, konnten mit ihrer grellen Lightshow, dem aufwendigen Bühnenbild und der hyperaktiven Frontfrau noch einmal die Menge in ihren Bann ziehe, bevor das Festival langsam aber sicher zu Ende ging.

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DRAGONFORCE

Schnell, schneller, Dragonforce. Spätestens seit Guitar Hero ist nicht nur eingefleischten Fans „Extreme Power Metal“ ein Begriff (der aufgrund der extrem schnellen Gitarren-Riffs eigentlich „Extreme Speed Metal“ heißen müsste). Auch wenn einige bemängeln, dass die schnellen, technisch ausgefallenen Gitarren-Melodien nur über die simple, uninspierierte Struktur der Lieder hinwegtäuschen soll. Es immer wieder ein Erlebnis, Leadgitarrist Herman Li dabei zu zu sehen, wie er seine Gitarre ableckt, hochwirft, wieder auffängt und dabei ununterbrochen seine Finger so schnell darüber fliegen lässt. Man wundert sich, wie Rhythmus-Gitarrist Sam Totman da mithalten kann um das Solo zweistimmig zu spielen. Bei den letzten beiden Songs bekam Dragonforce noch Verstärkung vom norwegischen Sänger PelleK, mit dem sie erst den Klassiker „Ring Of Fire“ coverten, um dann mit „Through The Fire And Flames“ abzuschließen, bekannt aus Guitar Hero III.

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CALLEJON

„Sackgasse“ bedeutet der Bandname, der aus dem spanischen kommt. Er soll die Angst des Menschen vor Veränderung bzw. Weiterentwicklung widerspiegeln. Die fünf Jungs von Callejon wiederum kommen aus NRW, wo Frontmann „Basti Basti“ und Gitarrist „Bernie“ vor 14 Jahren die Band gründeten und seitdem deutschsprachigen Metalcore produzieren. Angst vor Weiterentwicklung kann man der Band nicht vorwerfen, deren Besetzung abgesehen von Basti und Bernie mehrmals ausgetauscht wurde, die vor 5 Jahren das Label wechselten. Das Ergebnis: Mit dem nächsten Album „Blitzkreuz“ landeten sie 2012 in den Top 10 der deutschen Media Charts. Und letztes Jahr brachten sie nicht nur ihr neues Album „Wir sind Angst“ raus, sondern zeichneten bei der nachfolgenden Tour auch ihr erstes Live-Album auf. In Wacken spielte Callejon neben den Hits ihres neusten Albums „Wir sind Angst“ auch verschiedene Coverversionen, u. a. „Schrei nach Liebe“ (Die Ärzte) und „Schwule Mädchen“ (Fettes Brot).

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BLAAS OF GLORY

Wenn in Wacken aus der Ferne auf einem Glockenspiel das Gitarren-Intro von „The Final Countdown“ bimmelt, dann weiß man was einen erwartet: Blaas of Glory, die niederländische „Heavy Metal Marching Band“ kam anmarschiert. Und als sie da waren, gab es eigenwillige Dixieland-Interpretationen von Klassikern aus Rock und Metal. Angefangen bei Van Halen’s „Jump“, über Balladen wie „November Rain“ bis hin zu Motörhead’s „Ace Of Spades“ war alles mit Pauke, Tuba, Akkordeon, Gitarre und was sonst noch greifbar war reinterpretiert. Das Ganze mit Tanz- und Marsch-Einlagen garniert und um sich herum eine klatschende, johlende und vor allem verdammt gut gelaunte Masse. Bis schließlich wieder das Glockenspiel „The Final Countdown“ ertönte und die Band geordnet weiter marschierte um Frohsinn und Hardrock-Fanfaren woanders zu verbreiten.

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STEEL PANTHER

Glamour, Hairspray, Lipgloss, bunte Klamotten, eine freche Schnauze, eine „We Wanna Fuck“-Attitüde und bei jedem Gig mehrere Mädels aus dem Publikum, die ihre Brüste zeigen. All das verkörpern Steel Panther. Nie ist man sich sicher, ob sie sich als Parodie oder Hommage an den Glam-Rock und Hair-Metal verstehen. Aber wahrscheinlich wollen sie einfach nur Spass haben. Und so machte es unglaublich viel Freude, Frontman Micheal Sachi und Gitarrist Satchel dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig dissten und erzählten wie sehr sie auf Frauen stehen. Derweil war Bassist Lexxi Foxx entweder mit seinem Spiegel beschäftigt oder warf unangebrachte Kommentare ein, worauf Michael und Satchel ihn ganz schnell zurückpfeifen musste. Es erinnerte ein wenig daran, die Stooges zu sehen, nur dass es dazu eben Glam-Rock mit schmutzigen Texten gab: Dazu irgendwann ein Mädel im Publikum das ihre Brüste offenbarte, wenig später dann ein weiteres Mädel auf der Bühne das ihre Brüste zeigte und am Ende sogar 17 Girls die zu „Party All Day (And Fuck All Night)“ tanzten. Wow!

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TRIPTYKON

Okkultismus. Fanatismus. Nihilismus. Triptykon ist Death Metal vom Feinsten, mit allem was dazu gehört: Ein Gitarrist und Sänger mit einer Stimme als wäre er besessen und dazu ein langhaariger Gitarrist dem beim Headbangen fast der Kopf wegfliegt. Noch eine scharfe Bassistin oben drauf, so blass wie der Tod und mit Haaren schwarz wie Ebenholz. Allerdings ohne die blutroten Lippen, die sie zu einer Schneewittchen-Märchenfigur gemacht hätten. Sie spielt schnelle und harte Bass-Linien, die einem unter die Haut gehen und ein dumpfes Gefühl im Magen zurücklassen. 

Drei kopfstehende Kreuze als Bühnenbild, das von Fackeln im Hintergrund ergänzt wird. Wer Black- oder Death-Metal liebt, steht auch auf Triptykon. Aber wer vorher Steel Panther gehört hatu und eigentlich nur noch auf Twisted Sister wartet, leider nicht. Und so bekam die Band um Frontmann Thomas Gabriel Fischer leider nicht das Publikum und den Applaus, das sie auf Grund ihres tollen Auftritts mehr als verdient hätten.

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TWISTED SISTER

Für unsere jüngeren Leser: „We’re not gonna take it“ wurde nicht von den Donots geschrieben. Es ist ein Song von Dee Snider und seiner bunten Truppe, die in den 80ern mit ihrem Drag-Image die Eltern schockierten und von den Teens geliebt wurden. Mit „It’s A Long Way To The Top (In You Wanna Rock’n’Roll)” liefen 40 Jahre Bandgeschichte in bunten Outfits auf die Bühne, um Wacken mit gut gelauntem Glam-Rock zu unterhalten. Dee Snider wurde nicht müde zu betonen, dass die Band schon 40 Jahre im Business ist und immer neue treue Fans hat (nicht so wie die Sänger von Talentshows, die 14 Wochen lang fFns haben, so Snider).

Dass Wacken so „awesome“ ist, dass ein „Hell Yeah“ nicht reicht sondern ein „Fuck Yeah“ nötig ist (an dieser Stelle entspreche ich Dee Sniders Wunsch und setze ein #Fuckyeah in meine Berichterstattung). Und dass dies Twisted Sisters letzte Tour ist. Ja, die letzte. Wirklich die allerletzte. Nicht wie bei Ozzy/Black Sabbath. Nicht wie bei Iron Maiden. Und schon gar nicht wie bei den Skorpions. Die Twisted Sister sind ein letztes mal auf Tour. Und deshalb gab die Truppe noch mal richtig Gas, spielte alle ihre großen Hits, scherzte mit dem Publikum – bis Dee den Jägermeister-Hirsch bemerkte und sich selbst unterbrechen musste mit „Is That A Fucking Reindeer?”

In gedenken an den jüngst verstorbenen Twisted Sister Drummer A. J. Pero und die Metal-Legende Lemmy Kilmister von Motörhead, holte das ganze Publikum bei „The Price” ihre Handys, Feuerzeuge und was sonst noch so leuchtet raus und verwandelten das gesamte Infield in ein Lichtermeer. Bei „We Wanna Rock“ wurde im Rahmen einer Umfrage ausprobiert, ob „I Wanna Rock” oder „I Wanna Fuck” lauter gebrüllt wurde (offenbar war „I Wanna Fuck” der Gewinner) und als Zugabe gab es „Come Out And Play”, „Tear It Loose” und natürlich „S.M.F. (Sick Motherfucker)” was niemand der mitsang abgekürzt hattte, auch Snider nicht. 

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ARCH ENEMY

Am 17. März 2014 kündigte Arch Enemy Allisa White-Gluz als neue Sängerin an. Als Nachfolgerin der Frontfrau Angela Gossow, die growlen konnte wie sonst keine in der Szene, trat Alissa ein schweres Erbe an. Und brillierte. Die Kanadierin mit der markant blauen Mähne kann ebenfalls growlen wie ein Monster, aber auch singen wie eine Sirene (das Fabelwesen, nicht Tatü Tata). Gestützt von harten Gitarren, schnellen Basslines und hartem Schlagzeug spang und rannte sie durch die Gegend, bangte zum Beat, warf den Kopf in den Hals um den Himmel anzuschreien und brachte die Menge mühelos dazu, mit zu klatschen, mit zu bangen und mit zu growlen als wäre es eine wilde Horde und Alissa ihre Anführerin. 

Ein gelungener Abschluss für das W:O:A mit einer Band, die von der Show her mit Twisted Sister mithalten konnte und musikalisch noch mal daran erinnerte, dass das Wacken Open Air ein Metal-Festival ist.

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