Rockharz Open Air 2022: So war das Festival im Harz nach Covid


Rockharz Open Air 2022
Das Rockharz Open Air startete vom 6. bis 9. Juli 2022 im Harz. (Bild: Daniel Stahlmann)

Rockharz Open Air 2023: Freitag

Ost+Front

Mit Ost+Front betritt eine oft umstrittene Band in der schwarzen Szene die Stage. Sänger und Bandbegründer Patrick Lange alias Herrmann Ostfront empfängt das Publikum blutverschmiert und düster geschminkt. Auch der Rest der Band ist schaurig maskiert und gestylt. Ost+Front sind als brachiales Plus im Genre „Neue Deutsche Härte“ längst nicht mehr unbekannt. Zu hören gibt es einen Sound der dem von Rammstein sehr etwas ähnlich ist, macht aber doch nichts. Düster, provokant und gespickt mit allerhand schwarzem Humor sind die Songs und Texte der Berliner Band, oben drauf gibt es donnernde Gitarren. Auch sonst geht es wild zu, der nackte Hintern von Eva Edelweiß wird vermöbelt oder die Zuschauer aus der ersten Reihe mit „Blutkonserven“ betankt. Wer bis vorher noch nicht überzeugt war von Ost+Front, drängt jetzt zumindest freudig mit der Masse in Richtung Bühne.

Moonsorrow

Die allseits bekannte Band aus Finnland trat auf. Die Nordmänner sind für äußerst lange Tracks bekannt, die in ihrer Struktur auch gut und gerne mehrere Tracks an sich beinhalten. Heute demonstrierten sie, dass ihr Konzept voll und ganz aufging. Ihr melodischer und melancholischer Pagan Black Metal wurde in einem mitsingenden Chor gefeiert – was eine geile Show!

Jinjer

In den letzten Jahren erregte wohl kaum eine ukrainische Metal-Band so viel Aufmerksamkeit wie Jinjer. Zurecht, denn Sängerin Tatiana Shmaylyuk und ihre Stimme sind einzigartig. Der ständige Wechsel zwischen clean und guttural war perfektioniert und jeder Ton saß da, wo er hin soll. Das galt nicht nur für sie, sondern auch für die gesamte Band. Von Anfang bis Ende war die Stimmung voll da und der Pit wurde immer größer. Kein Wunder, bei der Energie, die Tatiana an den Tag legte. Mit diesem Auftritt zeigten Jinjer wieder einmal, wie genial sie als Live-Band funktionieren und dass sie schon jetzt zu den ganz Großen gehören.

At the Gates

At The Gates reiht sich in die Gruppe der erfolgreichen Death Metals Bands aus Schweden ein, auf Augenhöhe mit Größen wie In Flames und Children of Bodom. Bereits beim ersten Song “Blinded by Fear” hauen die Gitarren und Bässe brutal in die Saiten, die Drums werden getreten und geprügelt und Frontmann Tomas Lindberg brüllt seinen Growl ins Mikrofon als wolle er es töten. Vorbei mit nett und freundlich, At The Gates ist harte auf die Fresse Musik die das Infield zum Headbangen und Crowdsurfen antreibt als gäbe es kein Morgen. Mit “Slaughter of Soul” halten At The Gates das Tempo und den Energie-Pegel am Anschlag, der Dritte Song “Cold” hat ein kurzes, langsames Intro. Genau 11 Sekunden dauert die Ruhepause bevor es wieder mit voller Kraft voraus geht. Warum wir Bands wie At The Gates lieben – vor allem live: Bands wie At The Games spielen mit dem Publikum, in dem sie ganz viel Energie von der Bühne in die Menge Pumpen und sich vom Hype dann wieder Energie rausziehen. Die Band dreht durch, die Menge dreht durch, und die Band legt noch einen drauf, was das Publikum dann wieder toppt … ein Teufelskreis von Metal-Power nach dem am Ende alle erschöpft aber glücklich nach Luft schnappen.

Steel Panther

Glamour, Hairspray, Lipgloss, bunte Klamotten, eine freche Schnauze, eine „We Wanna Fuck“-Attitüde und bei jedem Gig mehrere Mädels aus dem Publikum, die ihre Brüste zeigen. All das verkörpern Steel Panther. Nie ist man sich sicher, ob sie sich als Parodie oder Hommage an den Glam-Rock und Hair-Metal verstehen. Aber wahrscheinlich wollen sie einfach nur Spass haben. Und so machte es unglaublich viel Freude, Frontman Micheal Sachi und Gitarrist Satchel dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig dissten und erzählten wie sehr sie auf Frauen stehen. Derweil war Bassist Lexxi Foxx entweder mit seinem Spiegel beschäftigt oder warf unangebrachte Kommentare ein, worauf Michael und Satchel ihn ganz schnell zurückpfeifen musste. Es erinnerte ein wenig daran, die Stooges zu sehen, nur dass es dazu eben Glam-Rock mit schmutzigen Texten gab: Dazu irgendwann ein Mädel im Publikum das ihre Brüste offenbarte, wenig später dann ein weiteres Mädel auf der Bühne das ihre Brüste zeigte und am Ende sogar Girls die zu „Party All Day (And Fuck All Night)“ tanzten.

Running Wild

In den letzten Jahren haben wir immer wieder über Accept und Kreator geschrieben und die beiden Bands als “Urgesteine des Metal” bezeichnet. Running Wild hat diesen Titel mindestens genau so sehr verdient, sind sie doch 6 Jahre vor Kreator gegründet worden und haben ein längeres Bandbestehen als Accept, da diese ja immer mal wieder aufgelöst wurden um dann doch wieder zusammen zu spielen. Bereits Mitte der 70er gründete Frontmann Ralf “Rock’n’Roll” Kasparek Running Wild, und in den 80ern begann er das Piraten-Thema mit der Band zu leben – sowohl in Texten als auch in den Auftritten. Unvergessen die Tour wo die Band mit einem Piratenschiff als Bühnenbild unterwegs war. Ein Schiff gibt’s diesmal nicht, nur Outfits die ein wenig an Freibeuter erinnern. Dazu Powermetal der wie guter Rum über lange Jahre gereift ist und nun ein schön kombiniertes Aroma enthält aus schnellen Songs, wo die flinken Gitarren die Bass-Drum zu überholen drohen, und komplexen Arrangements aus flächigen Riffs und neckenden Licks, die sich mit klaren Akzenten zum Mit-grölen und Faust-recken abwechseln. Dass bei so viel Aktion auf den Instrumenten die Musiker selbst etwas steif auf der Bühne stehen, kann man angesichts der in Nebel getauchten Licht- und Feuershow schon mal verzeihen.

Finntroll

Finntroll stand als nächstes auf dem Programm. Troll Metal – wie der Name schon sagt – aus Finnland, mit einem gewaltigen Zuschlag an Spass. Fintroll zählt wohl mit zu den bekanntesten finnischen Metal Bands unserer Zeit. Nicht nur die zahllosen Besucher vor der Bühne waren für ihre Bekanntheit stellvertretend, auch der donnernde Chorus bei beispielsweise „Trollhamern“ war mehr als aussagekräftig. Eine dreiviertel Stunde zelebrierten die Finnen ihr Ohrwurm-Set dem Publikum – was ein Spass!

ASP

Der Altmeister ASP bittet zum Stelldichein. Dank der langjährigen Schaffensgeschichte kann ASP auf ein großes Repertoire zurückgreifen und treibt gekonnt sein perfekt ausgewähltes Liveset voran. Die kompletten Besucher feiert ausgelassen und genießt die letzten Atemzüge des ersten Festivaltages. Und was wäre eine ASP- Show ohne Feuer? „Ihr schönen Menschen. Es ist klasse, dass ihr alle hier seid“ begrüßt ASP die Fans. In schwarz und rot getauchten Farben schwelgen die Zuschauer zu der kraftvollen Stimme von ASP. Gänsehaut-Feeling vermischt sich mit romantischer Stimmung, als das ganze Field die Feuerzeuge und Handytaschenlampen anstellt. Man könnte meinen, ASP sind es nach all den Jahren langsam überdrüssig, aber weder Alexander Spreng, noch die Fans wollen es am Ende missen: „Ich will brennen“. Eine Art Glaubensbekenntnis für ASP, denn für sie entflammen ein weiteres Mal die Stimmen und Körper der schwarzen Seelen. Wieder einmal routiniert eine super gute Show abgeliefert.