Rockharz Open Air 2023 – Unsere Highlights am Samstag


Rockharz Open Air 2023 Samstag
So war das Rockharz Open Air 2023 am Samstag. (Bild: Birger Treimer)

Auch der Samstag, der vierte und letzte Tag des Festivals, gibt sich noch einmal alle Mühe und begrüßt uns mit blauem Himmel und Temperaturen, die bereits am Vormittag weit über 20 Grad liegen. Der Tag beginnt entspannt mit der Band Voodoo Kiss. Lange war es still um die Hardrocker – zumindest bis sie letztes Jahr zum 25. Summer Breeze Jubiläum wieder aus der Versenkung geholt wurden. Die Musik funktioniert natürlich nicht nur dort, sondern auch hier auf dem Rock Harz hervorragend.

Nun folgt mit Soulbound etwas Modern Metal aus Bielefeld, die Band konnte ihr Können schon auf anderen Festivals unter Beweis stellen und sorgt für ein morgendliches Workout. Mit „Fuck You“ setzt die Band auch gleich ein Zeichen für Vielfalt und gegen Intoleranz. Bei „Addictect To Hell“ wird das Publikum stimmlich sehr aktiv und überrumpelt damit sogar die Band, die in den nächsten Minuten weiter Gas gibt.

Vielleicht hierzu mal eine passende Side Info zum Inklusionscamp auf dem Rockharz, hier gab es in diesem Jahr knapp 70 Behinderte mit Geh-/Hör-/Sehbehinderungen, die im extra Camp von der Lebenshilfe Braunschweig durchgehend betreut wurden und so am Festival teilnehmen konnten. Neben der nötigen Infrastruktur gab es hier auch eine Rezeption, Lane am Merch und weitere Hilfestellungen. Man darf gespannt sein, wie sich andere Festivals diesem tollen Konzept anschließen werden.

A Life Divided, die übrigens erst vor kurzem ihr neues Album mit dem Titel „Down The Spiral Of A Soul“ veröffentlicht haben, ziehen für die frühe Stunde bereits eine beachtliche Menge an Publikum vor die Rock Stage. Die Weisheit des Tages wird von Sänger Jürgen Plangger präsentiert, der feststellt, dass die Qualität der Headbanger grundsätzlich über die Quantität zu stellen sei. In diesem Sinne wird dann auch fleißig zu Titeln wie „Heart On Fire“ und „Best Time“ geheadbangt.

Ein bisschen AC/DC-Vibes gibt’s anschließend mit Ohrenfeindt auf die Ohren. Seit fast 30 Jahren sind die Hardrocker aus St. Pauli im Geschäft und auch heute noch voll dabei. Meistens geht es rockig zu, doch bei „Tanz nackt“ wird es auch mal ernst, denn auch wenn der Titel zunächst anrüchig klingt, dient er vor allem als Plädoyer dafür, seinen Mitmenschen mit Respekt zu begegnen und aufeinander zu achten. Als kleine Einstimmung auf den Headliner des Abends übernehmen nun Einherjer aus Norwegen das Ruder und bringen ein wenig Wikinger-Feeling ins Infield. Ob „Odin Owns Ye All“ oder „Dragons Of The North“, die Tracks laden zum Headbangen ein und bieten die passende musikalische Untermalung für den Aufstieg nach Valhalla.

Etwas härter und auch düsterer wird es mit Wolfheart, die uns den Nachmittag mit Melodic Death Metal aus den Tiefen des Nordens versüßen. Die Finnen um Frontmann Tuomas Saukkonen schmettern uns Songs wie „Aeon Of Cold“ und „The Hammer“ um die Ohren und sorgen damit für rekordverdächtige Circle Pits im Publikum.

Den Acker umgraben Wind Rose mit ihrem „Dwarf Metal“ – die Italiener stehen in Rüstungen und Pelzen auf der Bühne und besingen in ihren Power-Metal-Hymnen mit Vorliebe das Leben der Zwerge. Ob „Fellows Of The Hammer“ oder „Drunken Dwarves“, das Publikum ist begeistert und als zum Abschluss noch „Diggy Diggy Hole“ ertönt, gibt es kein Halten mehr.

Legion Of The Damned verspäten sich auf Grund von Anreiseproblemen um 20 Minuten – aber schließlich haben sie es doch noch aufs Rockharz geschafft, betreten nach einem kurzen Intro die Bühne und legen mit dem gleichnamigen Song „Legion Of The Damned“ direkt los. Aufgrund des späten Starts vergeht das Set viel zu schnell und endet nach knapp 30 Minuten Spielzeit mit „The Poison Chalice“.

Weiter geht es mit den Portugiesen von Moonspell, die direkt mit „Opium“ in ihr Set einsteigen und uns durch 30 Jahre Bandgeschichte führen. Die gesundheitlichen Probleme von Sänger Fernando Ribeiro aus dem Frühsommer scheinen kein Thema mehr zu sein und eine gut gelaunte Band präsentiert dem Publikum Songs wie „Extinct“, „Alma Mater“ oder „Breathe (Until We Are No More)“. Die düsteren Melodien schmelzen wie die Fans an diesem Tag in den Gehörgängen und sorgen für glückliche Nachtschattengewächse.

Mit Lacuna Coil begrüßen wir nun den zweiten italienischen Act des Tages auf der Dark Stage. Die Musik der Italiener ist von Kontrasten geprägt und lebt vor allem vom Wechselspiel zwischen Cristina Scabbias hellem Klargesang und Andrea Ferros harschen Vocals. Ob bei Klassikern wie „Heaven’s A Lie“ oder neueren Stücken wie „Layers Of Time“, die Italiener haben das Publikum mit ihrem düster-wuchtigen Sound fest im Griff und animieren mal zum Mitsingen, mal zum Headbangen.

Nun noch schnell zu Carcass, die Grind/Death Legenden verzaubern uns mit ihren Riffs aus den letzten Jahrzehnten und selbst Jeff Walker kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Setlist ist gut gewählt und durch alle Jahrzehnte der Band gut gemischt. Im Publikum wird gerockt und gebangt, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Band bedankt sich mit einigen weiteren Grindgewittern und verabschiedet sich gut gelaunt von der Bühne.

Etwas ungewöhnlicher ist die Setlist von Life Of Agony. Diese befinden sich nämlich gerade auf einer Jubiläumstour zu ihrem 1993 erschienenen Debütalbum „River Runs Red“ und spielen daher das Album in voller Länge. Es ist ein Konzeptalbum, das einen Mann in der letzten Woche vor seinem Selbstmord begleitet. Klingt düster? Ist es auch ein bisschen. Den melancholischen Touch lockern die Amerikaner aber durch ihre energiegeladene Performance auf, auch wenn Sängerin Mina Caputo zu Beginn der Show etwas desorientiert wirkte und sogar auf die Bühne fiel.

Lord Of The Lost, unsere ESC-Sieger der Herzen, erfreuen sich heute großer Beliebtheit und sorgen erwartungsgemäß für ordentlich Andrang vor der Bühne. Sänger Chris Harms und seine Kollegen haben für uns Songs aus fast allen Schaffensphasen mitgebracht und bieten so eine Auswahl, bei der für jeden etwas dabei sein sollte. Natürlich darf auch der ESC-Beitrag „Blood & Glitter“ aus Liverpool nicht fehlen, um das Set der Hamburger abzurunden.

„Brot und Spiele“ für die Massen gibt es nun bei Saltatio Mortis, die aus ihrem Auftritt ein wahres Spektakel machen. Zu „Loki“ lassen sie Flammensalven über das Infield fegen (Crowdsurfen während dieser Zeit ist übrigens nicht zu empfehlen, sonst kommt man verbrannt vorne an), bei „The Dragonborn Comes“ wird Cristina Scabbia zum Duett gebeten und bringt mit ihrem Electric Callboy-Cover „Hypa Hypa“ die Menge ordentlich in Bewegung. Perfektes BBQ mit den Musikern von Salatio Mortis.

Vor dem Headliner kamen wie immer die Crew und der Veranstalter auf die Bühne, doch heute gab es wenig Gutes zu verkünden. Neben dem Tod des langjährigen Mitarbeiters Dirk wenige Wochen vor dem Festival starb auch die Catering-Chefin während des Festivals bei einem Autounfall. Veranstalter Buddy war dementsprechend sichtlich bewegt in seiner Rede und auch das gesamte Infield antwortete bewegt mit allen verfügbaren Lichtern. Auch der Headliner des Tages mag es feurig: „Death In Fire“ ist bei Amon Amarth nicht nur ein Titel auf der Setlist, sondern offensichtlich auch das Motto ihrer Pyro-Show. Auch das restliche Bühnenbild ist gewohnt spektakulär und ganz dem Wikinger-Thema gewidmet. Zu Songs wie „Raise Your Horns“, „Put Your Back Into The Oar“ und „God Of War“ wird im Publikum wild gemosht, gegrölt und gerudert. Der Klassiker „Twilight Of The Thunder God“ bildet natürlich das große Finale und gleichzeitig einen der Höhepunkte der Show, denn hier sieht man Johann Hegg mit dem Hammer Mjölnir bewaffnet in den Kampf gegen die Midgardschlange ziehen.

Den Abschluss bilden Phil Campbell And The Bastard Sons, die zu später Stunde noch einmal Motörhead auf den Kopf hauen. Das sorgt dann auch für einige Headbanger vor der Bühne, die das Festival so ausklingen lassen. Die Performance der Band ist enorm und das spürt man auch an der Resonanz im Publikum. Am Ausgang konnte man dann auch noch die Cantina Band bejubeln, wie lange ein Song dann noch lief, wissen nur die Überlebenden.

Trotz der wirklich heißen Bedingungen, die auch an den Mitarbeitern nicht spurlos vorbeigegangen sind, konnten wir ein gut organisiertes Festival und ein wirklich würdiges 30-jähriges Jubiläum erleben. Einziges wahrnehmbares Manko waren sicherlich die Staus bei der An- und Abreise für alle Beteiligten, zudem gehen manche Essenspreise mittlerweile schon an die Schmerzgrenze, dafür waren die Getränkepreise sehr im Rahmen. Auf ein 31. Rockharz 2024.

Redaktionelle Mitarbeit: Sandra Curtz