Feral Roots Tour 2019 – Rival Sons in Berlin


Rival Sons Berlin 2019 / Rival Sons Tour 2019
(Bild: stagr / Christoph Eisenmenger)

Für Bernd. Lang ist es her, aber das Huxley’s steht noch da, wo ich es das letzte Mal vorgefunden habe. Der Laden ist gerammelt voll mit einem Publikumsgemisch aus frisch bekleideten Rival Sons-Merchträgern der Mittvierziger und jungen Leute, die froh sind, heute nicht mehr für die nächste Prüfung pauken zu müssen. Ende letzten Monats hat das kalifornische Blues-Rock-Quartett Rival Sons ihre neue Platte „Feral Roots“ auf den Markt geschmissen, um direkt im Anschluss den Menschen auf ihrer Tour mit ihrer unbändigen Energie ein ohrenbetörendes Fest zu bereiten. Die Tour ist nahezu ausverkauft.

An den Bars und Toiletten herrscht Hochbetrieb, bevor es in die Vollen gehen kann. Die Blinder an der Bühnendecke lassen das Licht im Saal erlöschen und das jubelnde Publikum ist bereit. Es wird das Skelett des Hundes der aktuellen Platte „Feral Roots“ mit einem pulsierenden Herzschlag auf den Bühnenhintergrund projiziert. Die Evolution kann also beginnen. Oder ist es vielleicht doch besser, wieder zum Ursprung zurückzukehren?

Rival Sons starten passend zu diesem Thema mit dem Song „Back In The Woods“ von ihrer neusten Platte. Neben ihren riesigen Supportgigs vor Black Sabbath, Deep Purple oder The Rolling Stones, spielen die Bluesrocker schon seit acht Jahren in Berlin und feiern heute im Huxley‘ ihren größten Auftritt in der Hauptstadt als Headliner. Die alteingesessenen Fans müssen heute nicht lange warten, denn Songs wie „Pressure and Time“ und „Electric Man“ kommen schon zu Beginn des Sets. Auch der Gitarrensound ist electric und zieht gleich mehrere Lachse vom Teller, denn was Scott Holiday mit seinem Gitarren-Setup anstellt, ist einfach nur zum Sabbern. Stilbewusst und mit seinen auffälligen TV-Jones-PickUps verstärkten Gitarren, nagelt er jeden Ton, der aus seinen Custommade-Brettern herauskommt, an die Wand. Aber auch der unruhige Drummer Mike Miley will bei jedem Bassdrum-Kick der Erste sein. Gefühlt springt er bei jedem Kick auf das Fell seiner Bassdrum von seinem Hocker. Mit seinen Fill-Ins und Hit-Hat-Spielereien treibt er nicht nur die Fans, sondern auch die Band in den Wahnsinn. Das jüngste Mitglied, Bassist Dave Beste (seit 2013) und Tourmusiker Todd E. Ögren-Brooks satteln die Pferde und geben Frontsau Jay Buchanan die perfekte Basis, um dem Zuhörer zu zeigen, dass man ihn in den Medien nicht umsonst mit Legenden der Bands wie Led Zeppelin oder The Black Crowes vergleicht.

Trotz der laufenden Hits und dem unglaublichen Soundgewitter, den die fünf US-Amerikaner in den Saal aus der Zeit zurückgeholt in die Veranstaltungshalle schmeißen, ist es zwischen den Reihen sehr unruhig. Besonders deutlich wird diese Unruhe während der leisen Songs wie „Sacred Tongue“. Es wird lautstark erzählt und gelacht. In einem Atemzug wird noch stolz darüber berichtet, wieviel Geld man gerade für diesen Abend bezahlt hat und gleichzeitig raubt man den restlichen Zuschauern das Live-Erlebnis. Viele Gäste sind genervt. Hier interessiert man sich nicht mehr für ehrliche Rockmusik und außerhalb der vier Wände des Huxley’s stellt sich eine US-amerikanische Popsängerin den Rekorden der Beatles. Vielleicht müssen wir doch ein Stück zurückgehen, um der Evolution wieder näher zu sein.