Es ist eine seltsame Gepflogenheit, dass Wochenend-Konzerte oft schon um 23:00 Uhr enden und nicht erst um Mitternacht. Bei Clubs wie dem Grünspan oder der Großen Freiheit 36 kann ich nachvollziehen, dass man die Leute möglichst schnell „raus haben möchte“, um einen neuen Schwung von Clubgästen willkommen zu heißen. In einem reinen Konzertsaal wie der Sporthalle Hamburg finde ich es sonderbar. Vor allem wenn man ingesamt vier Bands präsentiert, von denen mindestens drei internationale Schwergewichtler mit einer entsprechend großen Fangemeinde sind: Die US-Hardcore-Band Hatebreed, die norwegische Black Metal-Combo Dimmu Borgir und natürlich der Initiator dieser Tournee, die deutschen Thrash-Legenden Kreator. Aber auch der Opener Bloodbath aus Schweden ist bereits eine Größe unter den Death Metal-Fans.
Aufgrund des fünfstündigen Programms beginnt der Einlass bereits um 17:00 Uhr. Die Fans müssen sich allerdings noch bis 17.45 Uhr im Foyer gedulden, da erst dann die Türen zur Halle aufgehen. Um 18:00 Uhr eröffnet Bloodbath den Abend, allerdings mit einem Ton-Aussetzer im 2. Song. Ist nicht schön, kann aber mal passieren. Dass bei der zweiten Band Hatebreed ebenfalls beim 2. Song der Ton ausfällt, ist dann aber doch ärgerlich. Es ist aber zum Glück bei diesen beiden Störungen geblieben und man kann trotzdem erwähnen, dass die „Mischer“ in der Sporthalle sonst seinen guten Job beim Abmischen des Sounds abgeliefert haben.
bloodbath
Eine durchgehend in rotes Licht getauchte Bühne, ein growlender Frontmann im Anzug, ein Gitarrist der aussieht wie Iron Maidens Zombie-Maskottchen-Eddie und ein so “zerschnittenes” Logo, dass man nur schwer erahnen kann, wie die Band heißt. Bloodbath ist perfekt als Einstieg in den Death Metal geeignet. Auf der einen Seite wird sowohl stilistisch als auch musikalisch die typische Brutalität des Genres mit viel Liebe zum Detail auf der Bühne zelebriert. Sänger Nick Holmes‘ Growling scheint der tiefsten Ebene der Hölle zu entweichen, die kräftigen Gitarren-Riffs sind bis an die Grenze des erträglichen gezerrt und unter dem Hämmern der Drummer donnern die Base-Drum und die Toms.
Dennoch – und das können nur wenige im Death Metal – beeindruckt Bloodbath auch mit melodischen Teilen, wobei die Musiker sich gegenseitig genug Raum lassen, als dass die einzelnen Instrumente für sich wirken dürfen, bevor der Rest der Band wieder aufdreht, um alle zusammen ein höllisches Donnerwetter abfeuern. In Hamburg präsentierten die Schweden vor allem Songs aus ihrem neuen Album “Satans Arrow is drawn”, dass Ende Oktober released wurde und sich überzeugten wohl auch Fans von anderen Metal-Richtungen davon, nach dem Konzert nochmal in das Album reinzuhören.
hatebreed
Frontmann Jamie Jaster verfolgt mich momentan. 2017 sind Hatebreed auf einer Headliner-Tour gewesen, in diesem Jahr hat die Band dann einerseits Wacken gespielt und Jamie Jaster danach allein auf dem Elbriot. Jetzt mit Kreator als einer der vier Reiter der “European Apokalypse Tour” sehe ich ihn wieder. Stilistisch hebt sich Hardcore stark von Death- und Black-Metal ab und inhaltlich ist Jamie der einzige, der nicht Satan in seinen Songs besingt. Auf dem Papier passt Hatebreed vielleicht “nicht sooo” in das Programm. Aber live fühlt es sich großartig an.
Mit der hardcore-typischen Power wird das Publikum aufgescheucht und mitgerissen. Zwischen Hits wie “As die hard as they come”, “Looking down the barrel of today” und “Destroy everything” zollt Jamie den anderen Bands ihren wohlverdienten Respekt und fordert diesen gleichzeitig vom Publikum ein. Das Publikum antwortet mit einem Circle-Pit (bzw. eher einen oval-Pit), der vor der Bühne startet, sich durch das gesamte Publikum bis hinter das Mischpult durchkämpft und auf der anderen Seite wieder bis vor die Bühne vorstürmt.
Zum Ende des Sets gibt es noch eine gute Nachricht: Im kommenden Jahr, zum 25-jährigen Jubiläum, wird Hatebreed wieder auf Tour gehen und u. a. auf dem Reload Festival 2019 auftreten. Und es laufen wohl auch Verhandlungen für einen noch nicht bestätigten Auftritt beim Elbriot 2019.
Dimmu Borgir
Ich habe Dimmu Borgir zuletzt 2012 in Wacken gesehen, wo sie vor allem Songs aus ihrem 2010er Album „Abrahadabra“ gespielt haben. Seitdem haben die Norweger lange an ihrem neuen Album geschraubt, dass im Mai 2018 endlich veröffentlicht wurden ist. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich bis zum heutigen Konzert bewusst nicht in das neue Album “Eonian” reingehört habe. Der Unterschied bzw. die Entwicklung der Band hat mich aber positiv überrascht. Auch wenn das Album nicht unbedingt meinen Geschmack trifft – was ausschließlich mit persönlicher Präferenz zu tun hat – muss man anerkennen, dass die Experimentierfreudigkeit der Band dazu geführt hat, dass die vorher schon vielseitige Band erfolgreich zusätzliche Stilelemente in ihre Songs integriert hat.
Die Palette an Effekten und Synthie-Samples ist eindeutig gewachsen, aber auch der melodische oder besser noch symphonische Teil ihrer Musik ist pompöser und zusammen mit den Gesängen bildgewaltiger geworden. Gleichzeitig wurde als richtige Konsequenz das Gitarrenspiel eher vereinfacht und erinnert an 80er Jahre Metal. Gut so. Andere Bands laufen in die Progressive-Falle und ergänzen die klassisch-orchestralen Elemente mit komplexen Soli und breiten Flächen. Handwerklich haben Dimmu Borgir jedenfalls ein sauberes Symphonic Black Metal-Album abgeliefert, dass vor allem live Spaß macht und sicher auch Fans des Melodic Black Metal für sich gewinnen kann.
Kreator
Anfang letzten Jahres durfte ich einen der ersten Auftritte von Kreator nach dem Release ihres aktuellen Albums “God of Violence” miterleben. Dass damals ein Metal-Album auf Platz 1 der deutschen Charts eingestiegen ist, har mir Hoffnung gegeben, dass es doch noch mehr als genug Menschen mit gutem Musikgeschmack gibt. Fast zwei Jahre später sind die Herren von Kreator immer noch auf Tournee und präsentieren nach wie vor eine Mischung aus Top-Picks von “Gods of Violence” wie “Satan is Real” und Highlights aus 30 Jahren Bandgeschichte wie “Enemy of God”. Das Ganze mit energiegeladenen Thrash-Metal-Riffs, heißen Feuerstößen aus der Bühnen-Pyro und einigen wenigen andächtigen Momenten wie das wehklagende Solo von „Hail to the Hordes“.
Auch wenn Thrash-Metal nicht unbedingt religiös ist und Death- und Black-Metal eher mit Blasphemie und Satan-Anbetung assoziiert werden: Niemand hier würde in Frage stellen, dass Kreator zurecht der Headliner und Closer der “European Apokalypse Tour” war. Und wie vor zwei Jahren haben Kreator mit “Pleasure to Kill” einen erfolgreichen Metalabend abgeschlossen und sie haben sicher ein paar Black-, Death- Und hardoce-Metal-Fans dazu bewegt, sich einmal “God of Violence” komplett anzuhören.