United Forces – Hammerfall und Helloween in Hamburg


Hammerfall und Helloween in Hamburg
(Bild: Mark Carstens)

“Zum ersten Mal” ist etwas, das viele mit der Hamburger Sporthalle verbinden. Die meisten meiner hamburger Freunde wissen noch genau was ihr erstes Konzert in der Sporthalle war (meins: Greenday) oder welche Bands sie zum ersten mal in der Sporthalle gesehen haben, bevor die selbe Band Jahre später in der Volkspark-Arena aufgetreten ist (für mich z.B. Volbeat, Airbourne, Sabaton).

Mit 4.000 Steh und 3.000 Sitzplätzen liegt die Sporthalle Hamburg in der komfortablen Zone zwischen den 1.00 – 1.500 Besucher-Locations wie Große Freiheit 36, Docks und Grünspan, und den 16.000 Plätzen der Barclaycard-Arena. Man bekommt mit, wie imposant es ist, wenn mehrere Tausend Leute einen Song singen und der Band-Frontmann nur “dirigiert”, hat aber auf den hinteren Plätzen nicht das Problem, dass die Band nur aus einer Ansammlung von Punkten besteht. Vor dem Konzert fallen mir vor allem die zahlreichen Teens und Früh-Twens ins Auge, meistens in Begleitung ihrer Eltern bzw. Leuten die vom Alter her ihre Eltern sein könnten und mit denen meiner Meinung nach auch eine gewisse verwandtschaftliche Ähnlichkeit besteht. Nachdem das Durchschnittsalter bei Metal-Konzerten (gerade bei den alt-eingesessenen Bands aus den 80ern) gefühlt immer weiter steigt, ist es schön, eine neue Generation von Metalhead heranwachsen zu sehen.

hammerfall

26 Jahre ist es her, dass Hammerfall zum ersten Mal in Hamburg aufgetreten ist, damals mit ihrem ersten Album “Glory to the Brave” im Gepäck. Der gleichnamige Song darf bis heute auf keinem Hammerfall Konzert fehlen. Ebenso wie Oscar Dronjak, der blasse Schwede mit den langen, platinblonden Haaren. Das einzige Gründungsmitglied, das immer noch bei Hammerfall Gitarre spielt und die Hammer-förmig Gitarre spielen und schwingen darf.

Aber Hammerfall ist keine Band die sich auf ihren “Klassikern” ausruht. Im Februar 2020 noch auf Tour mit Battle Beast-Sängerin Noora Luhimo (ebenfalls in der Sporthalle), haben sich die Schweden direkt danach während der Corona Pandemie im Studio eingeschlossen und ein neues Album “Hammer of Dawn” released. Und das heutige Set wird auch direkt mit “Brotherhood” vom neuen Album eröffnet. Wo Hammerfall drauf steht ist auch Hammerfall drin, es gibt keine Überraschungen und Experimente. Und doch hat man das Gefühl, dass bei den Songs vom Album “Hammer of Dawn” aufgestaute Energie raus musste. Das “Nicht Touren können” hat zu Songs geführt die sehr Live-Gig-Tauglich sind, und so sind mit “Brotherhood”, “Venerate Me” und “Hammer of Dawn” Songs erschienen, die zum Mitsingen und Mitmachen animieren.

Den selbstironischen Song “Too Old to Die Young” spielen sie nicht, dafür aber ein Medley vom 4. Album “Crimson Thunder” das letztes Jahr sein 20-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Und zum krönenden Abschluss dürfen alle noch mal die Klassiker mitsingen: “(We make) Sweden Rock” und “Hammer High” zeigen noch mal deutlich wo die Herren des Old-School-Power-Metal herkommen, und wo die Reise weiter hingehen wird. Bis hoffentlich bald auf der nächsten Tour.

Helloween

2018, Sporthalle Hamburg. Vor der ausverkauften Halle tritt Helloween auf, als krönender Abschluss der “Pumpkins United” Tour. “United”, weil zwei altbekannte Stimmen wieder mit dabei sind. Kai Hansen, Gründungsmitglied und allererster Sänger von Helloween, der sich nach 2 Jahren vom Gesang zurückzog und als Gitarrist noch 4 weitere jahre die Band voran brachte, und Frontmann Michael Kiske, der Kai damals am Mikrofon abgelöst hat, waren wieder zurück und standen mit Andi Deris (seit 1994 Frontmann von Helloween) zusammen auf der Bühne.

Nachdem die darauf folgende “United Together” Tour 2020 vorzeitig beendet werden musste, hat Helloween sich in der neuen Konstellation ins Studio gesetzt und ein neues Album namens “Helloween” herausgebracht, das nun in der neuen “United Forces” Tour in die Welt getragen wird. Und auch nach Hamburg in die Sporthalle. Bereits der Eröffnungssong “Skyfall” (letzter Track vom neuen Album) zeigt wo die Reise hingeht. Nach einem eher ruhigen Start mit jaulender Gitarre und Gesang von Frontmann Andi Deris folgen 12 Minuten schnelle Gitarren-Riffs, Schlagzeug-Gewitter und Lyrics mit langgezogenen Screams. Unentwegt tanzen die Finger der Gitarristen auf dem unteren Bereich der Gitarrenhälse und entlocken der Gitarre hohe, jaulende Tonfolgen, gestützt von harten Metal-Riffs. Michael und Andi lösen sich dabei ab ins Mikro zu screamen und immer höhere Töne zu treffen oder singen im Duett den gut mitsingbaren Refrain.

Der Song zeigt deutlich, wo der Unterschied zwischen Helloween und “Klassischen” Power-Metal Bands wie Hammerfall ist. Hammerfall befolgt die Grund-Rezeptur des Power Metal mit 2 Gitarren, Bass und Schlagzeug, bei der jeder Song eins von Tempi durchhält (Schnell, Ballade oder richtig schnell). Helloween wiederum schiebt in Skyfall gleich mehrere Passagen mit unterschiedlichen Tempi ein, die zeigen wie breit die Palette dieser Band ist. Ab Minute 4 wird aus dem schnellen Metal-Song ein langsamer Rock-Song, und abgesehen vom Metal-Fundament der schweren Gitarren fühlt man sich an Songs wie Rocketman von Elton John erinnert. Eine Minute später werden schon wieder schnelle Gitarren-Soli gespielt, aber der Song wechselt in einen relativ simpel gestrickten “Metal-Helden-Epos” wie man ihn von Iron Maiden kennt, um dann wieder progressiver und komplexer zu werden.

Die größere Varianz und ein Hang zur Virtuosität (wenn auch nicht auf dem Niveau eines Dream Theater) hat Helloween zu einer der ganz großen Bands werden lassen, was man eindeutig anerkennen muss, während die Band eine Reise durch 39 Jahre Bandgeschichte mit ihrem Set vollzieht. Mittendrin darf Kai Hansen noch einmal das Mikrofon ergreifen und ein Medley von “seinen” Songs singen, wobei er die Fackel bzw. die E-Gitarre an seinen Sohn übergibt. Gitarrist und Sohnemann Tim Hansen hat sichtlich Spaß dabei, auf der großen Bühne zu stehen und mit den “Großen” zu spielen.

Und so ist es auch schön, dass auf der Bühne die nächste Generation von Metal-Heads zu sehen ist, die alle “Erstlinge” im Publikum willkommen heißt. Am Ende gibt es in alter Metal-Manier zwei Zugaben, und das Publikum wird standesgemäß mit dem Helloween-Klassiker “I want Out” in die Samstag-Nacht verabschiedet.