Bierduschen und moshen bis zum Umfallen mit den Dropkick Murphys in Hamburg


Dropkick Murphys in Hamburg 2020
Am Donnerstag, den 6. Februar 2020, spielten die Dropkick Murphys ein Konzert in der Hamburger Sporthalle. (Bild: stagr / Mark Carstens)

Nach fast drei Jahren haben die Dropkick Murphys endlich wieder eine neue Single rausgebracht und das muss gefeiert werden. Mit im Gepäck haben sie nicht nur jede Menge Songs zum Tanzen und Mitsingen, sondern auch den Folk-Sänger Jesse Ahern als Support und Frank Turner & The Sleeping Souls als Special Guests. Da ist gute Laune vorprogrammiert.

Jesse Ahern

Wenn man auf ein Konzert der Dropkick Murphys geht, hat man gewisse Erwartungen. Was man sicher nicht erwartet, ist ein einzelner Mann mit seiner Western-Gitarre im Vorprogramm. Es gab hier und da ein kurzes Murren in der Menge als er die Bühne betrat, ein Raunen “Was will der denn hier?” und “Wo ist der Schlagzeuger?”. Doch dann öffnete der Mann mit der tiefen Reibeisenstimme den Mund und die Menge um mich herum wurde still.

Jesse Ahern macht ehrliche Folk-Musik, die aus dem Herzen kommt. Er will einfach nur spielen. Und wenn er zwischendurch einen kurzen Ausflug in Richtung Blues macht, wirkt er live fast ein bisschen wie ein irischer Johnny Cash. Man merkt Jesse an, dass er sich nicht ganz wohl fühlt in dieser großen Halle. Sein Zuhause sind die Pubs mit der Holztäfelung an der Wand und dem Tresen in der Ecke. Und auch seine Musik wirkt in der Alsterdorfer Sporthalle zwischen Metall und Beton irgendwie fehl am Platze. Sollte er aber noch einmal in einer Location wie der Großen Freiheit 36 auftreten, bin ich sicher mit dabei.

Am Ende zollte die Menge ihm Respekt dafür, dass er es alleine mit einer ausverkauften Halle aufgenommen hat und vielleicht hört der eine oder andere zuhause nochmal in seine durchaus hörenswerte Musik rein.

Frank Turner and the Sleeping Souls

Frank Turner und seine Band The Sleeping Souls haben an diesem Abend ihre 2451. Show gespielt. Ja, richtig gelesen – die haben mitgezählt. Aber auch nach so vielen Shows merkt man immer noch, dass die Jungs vor allem auf der Bühne stehen, um Spass zu haben und mit ihrem Publikum eine riesengroße Party zu feiern. Ihre Musik ist dabei eine perfekte Mischung aus Folk und Punkrock mit dem Charme eines Singer/Songwriters, der tatsächlich noch etwas zu sagen hat. Diese Mischung passt zum einen super auf ein Festival, wo man sich an einem sonnigen Nachmittag die Seele aus dem Leib tanzt bis man glaubt, den Staub nie wieder aus der Lunge zu bekommen. Zum anderen aber eben auch in ein Wohnzimmer, wo man dann feststellt, dass die Texte sich ebenso hören lassen können.

Heute Abend aber war die Alsterdorfer Sporthalle dran. Auch wenn direkt beim ersten Lied “Get Better” ein Teil der Anlage streikte, war das für Frank und seine Band kein Grund abzubrechen – im Gegenteil: der Drummer sah richtig glücklich aus, dass er jetzt mal ordentlich reinhauen durfte und Frank sang sich an die Grenze der Heiserkeit. Vor so viel Herzblut für eine gute Show muss man den Hut ziehen und sie wurden prompt mit dem ersten Moshpit des Abends belohnt.

Aus dem neuen Album “No Man’s Land” haben es mit “Jinny Bingham’s Ghost” und “The Lioness” nur zwei Lieder in den gut einstündigen Auftritt geschafft. Da das neueste Werk des umtriebigen Briten aber ohnehin ein Konzeptalbum und damit eher etwas zum Zuhören als zum Mitsingen ist, hat das dem Auftritt keinen Abbruch getan. Zu seinen altbekannten Hits wie “If I ever stray” oder “I still believe” lässt es sich ohnehin besser tanzen.

Was bei keinem seiner Konzerte fehlen darf, ist der obligatorische Walzer im Innenraum zur Bridge von “Four Simple Words” mit “der schönsten Frau im Raum” – was, wie echte Frank Turner-Fans wissen, nicht immer unbedingt eine Frau sein muss. Manchmal schnappt er sich als Scherz eben auch einfach einen großen, bärtigen Kerl. Zum Abschied gibt es dann vom Band noch das Versprechen “We’ll meet again” von der wunderbaren Vera Lynn. Und ich denke mir: Werden wir ganz sicher!

Dropkick Murphys

The boys are back! Kaum betreten die Jungs um Frontmann Al Barr die Bühne, erheben alle um mich herum zum Gruß ihr Bier und es fühlt sich tatsächlich so an, als würden wir alte Freunde begrüßen, die nach einer langen Reise endlich wieder nach Hause kommen. Die Besinnlichkeit hält jedoch nicht lange an. Wenn die Bässe und die Tin Whistle die Menge einpeitschen und dazu grün-weiß-orange Lichter die Halle erhellen, schlägt das Herz jedes Irish Punkrock Fans höher. Da hält es auch ganz hinten auf der Tribüne niemanden mehr auf seinem Sitz.

Durch die restlos ausverkaufte Alsterdorfer Sporthalle fegt ein irisch-amerikanischer Wirbelwind, der uns mitnimmt auf die raue See und in Straßenkämpfe in dunklen Gassen, der uns von allen Härten des Lebens erzählt und doch auf diese unvergleichliche, irische Art vor Lebensfreude platzt. Frei nach dem Motto: Solange ich meine Freunde an meiner Seite und ein Bier in der Hand habe, kann’s schon nicht so schlimm sein.

Dabei gelingt den Dropkick Murphys Dank über 20 Jahren Erfahrung die perfekte Mischung aus ihren älteren Hits wie “The Warrior’s Code” und “Flannigan’s Ball” und neuen Liedern wie “Smash Shit Up”, das gerade erst dieses Jahr erschienen ist. Dazwischen noch einige Cover wie “Rocky Road To Dublin” oder “You’ll Never Walk Alone” und das Erfolgsrezept für einen perfekten Konzertabend ist fertig angerührt.

Über eine Stunde lang lassen die Dropkick Murphys keine Gnade walten und gönnen ihrem Publikum kaum eine Verschnaufpause. Unzählige Bierbecher fliegen mit den Konfettischlangen aus den Kanonen auf der Bühne um die Wette und als nach dem kurzen Vocal-Intro von “Johnny, I hardly knew ya” die restliche Band mit einsteigt, ist die Stimmung kurz vor dem Überkochen. So manch ein Fan muss sich zwischendurch für eine Atempause auf der Tribüne niederlassen, bevor er sich wieder dem grölenden und tanzenden Mob anschließen kann. Bierduschen und moshen bis zum Umfallen – das sind die Dropkick Murphys.

Jeder, der die Murphys vorher schon mal gesehen hat weiß, dass sie sich ihre beiden bekanntesten Hits “Rose Tattoo” und “I’m shipping up to Boston” gerne auch mal für die Zugabe aufsparen – wie auch heute Abend. Für diese beiden Songs wurden dann noch einmal die letzten Kraftreserven aus sich rausgeholt, es wurde noch einmal richtig Party gemacht, bevor die Band sich dann stilecht mit “Until The Next Time” von ihrem Publikum verabschiedete. Um mich herum standen verschwitzte Frauen und Männer Arm in Arm und sangen völlig fertig aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht die letzten Zeilen des Abends mit und bescherten ihren geliebten Dropkick Murphys so einen passenden Abschluss für diesen perfekten Abend.

Setlist – Dropkick Murphys in Hamburg 2020

1. The Lonesome Boatman
2. The Boys Are Back
3. The Fighting 69th
4. Blood
5. Prisoner’s Song
6. The Bonny
7. The Auld Triangle
8. The Battle Rages On
9. Barroom Hero
10. First Class Loser
11. Your Spirit’s Alive
12. (F)lannigan’s Ball
13. Smash Shit Up
14. Cruel
15. God Willing
16 Amazing Grace
17. Citizen C.I.A.
18. Caught in a Jar
19. Johnny, I Hardly Knew Ya
20. The Warrior’s Code
21. The State of Massachusetts
22. Out of Our Heads
23. Going Out in Style

Encore:
24. Rose Tattoo
25. I’m Shipping Up to Boston
3´26. Until the Next Time
27. My Way