Ihr Wölfe erhebt Euch (aber bitte mit Maske) – Wolfszeit Festival 2020


Wolfszeit Festival 2020
Am letzten Septemberwochenede 2020 fand das Wolfszeit Festival 2020 statt. (Bild: stagr / Katja Wisotzki)

Meine Festivalsaison 2020 war ziemlich kurz, sie dauerte genau einen Tag. Aber genau das machte sie zu etwas ganz Besonderem. Ich kann es kaum fassen, dass es in diesem Jahr überhaupt soweit kommen konnte: Das Wolfszeit-Festival fand statt! Zwar nicht so wie sonst, aber egal. Ich bin mir absolut sicher, dass jeder, der dort war, es in vollen Zügen genossen hat, sich endlich wieder Livemusik reinzuziehen. Das einzige, was für die Teilnehmer notwendig war: sie mussten das Hygienekonzept anerkennen und einhalten. Das bedeutete für mich als gebürtige Campingverweigerin, dass ich dem Festival leider nur an einem Tag (Freitag) beiwohnen durfte, denn es war Bestandteil des Hygienekonzepts, dass man entweder auf dem Gelände übernachtet oder eben nach der Abreise nicht wiederkommt.

Was das Wolfszeit betrifft, bin ich eindeutig noch ein Neuling. Das erste Mal war ich 2016 dabei und fand es richtig klasse. Die Jahre danach hat es einfach nicht in den Terminkalender gepasst, für 2020 hatte ich es mir fest vorgenommen. Euch erwartet hier also ein kleiner Bericht von einem Wolfs-Azubi im 2. Lehrjahr.

Helgrindur

Los ging es pünktlich um 14:20 Uhr – Helgrindur hatten die Ehre, das Wolfszeit-Festival am Freitag zu eröffnen. Und sie hatten da wirklich richtig Bock drauf! Gleich beim zweiten Lied sorgten sie ordentlich für Stimmung: zu Ihrem Titel „Aufbruch“ ließen sich ein paar Fans dazu animieren, in ihren imaginären Booten Richtung Bühne zu rudern. Außerdem stellten sie ihren neuen Song „Windmühle“ vor und konnten mit „Ein Sturm“ dann wirklich alle Anwesenden für sich begeistern.

Totengeflüster

Weiter ging es mit den Symphonic Black Metallern Totengeflüster, die das Wolfszeit-Festival als Abschieds-Gig nutzten. Frontmann Narbengrund Nihilis zog mit seiner unverwechselbaren Stimme noch einmal alle Register. Wirklich schade, dass es in dieser Form der letzte Auftritt sein würde. Aber eine gute Nachricht gibt es: Alle bisherigen Werke wird es nach wie vor im Online-Shop und bei Streaming-Diensten geben.

Während des Umbaus für die nächste Band meldete sich Sille, der Veranstalter des Wolfszeit-Festival zu Wort. Er bedankte sich bei allen Besuchern für die Disziplin bei der Einhaltung der Hygienevorschriften und natürlich bei seiner Crew, die trotz der widrigen Umstände wieder alles gegeben hat. Es ist bemerkenswert, wie das Team das alles gestemmt hat. Erst ein neuer Termin, später dann noch eine neue Location und mehrfache Absagen von Bands aufgrund von Reisebeschränkungen (zum Beispiel konnten Månegarm nicht einreisen). Alle Hürden wurden überwunden, neue Bands eingeladen – Respekt für die Bewältigung dieses Wahnsinns-Aufwands. Belohnt wurde diese harte Arbeit  mit einem disziplinierten, vernünftigen und trotzdem ausgelassen feierndem Publikum und gut gelaunten, motivierten Bands, die beim Soundcheck selbstverständlich Mund-Nasen-Bedeckungen trugen.

ellende

Um ihren Post-Black-Metal zu präsentieren waren Ellende aus Österreich angereist. Ohne große Worte zu verlieren marschierten sie durch ihr atmosphärisch-düsteres und schwermütiges Set. Die Band um Frontmann L.G. versteht ihr Handwerk – Melancholie und Verzweiflung schwingen in jedem Lied mit. Beeindruckend!

asenblut

Nach dem großartigen Auftritt von Ellende hatten es Asenblut ziemlich leicht, die Stimmung weiter hochzuhalten. Ihren Titel „Seite an Seite“ vom neuen Album „Die wilde Jagd“ widmeten sie der aktuellen Zeit, denn es ist heutzutage wichtiger denn je, dass wir alle zusammenzuhalten, so Frontmann Tetzel. Seine Frage an das Publikum, ob es okay sei, dass sie ein paar flotte Songs eingepackt haben, wurde natürlich positiv beantwortet, denn mittlerweile war die Sonne am untergehen und eine Runde Headbangen hilft ja bekanntlich ganz gut, um sich warmzuhalten. Tetzel ließ zur Freude der anwesenden Damen die Muskeln spielen und heizte mit einer Mischung aus älteren und neueren Titeln wie „Drachentöter“ ordentlich ein. Als Abschluss gab es den Song Asenblut vom 2019er Album „Aufbruch“ auf die Ohren. Jungs, das hat voll reingehauen!

Gegen den kleinen oder großen Hunger gab es vielfältige Abhilfe. Pizza, Fleischpfanne, Süßkram oder Knobibrot – es war abwechslungsreich und für jeden Geschmack etwas dabei. Apropos Knobibrot, es ist eine durchaus interessante Erfahrung, nach dem Verzehr die Maske wieder aufzusetzen. Seinen Durst konnte man an zwei Bierständen und an der Cocktailbar stillen. Zur großen Freude aller Hopfenfreunde konnte nicht nur das regionale Ur-Krostitzer sondern auch Odin vernichtet werden.

wolfchant

Ganz kurzfristig, nämlich exakt  eine Woche vor ihrem Auftritt hatten Wolfchant fürs Festival zugesagt. Die Freude bei den Fans war riesig, denn es war das erste Konzet nach einer zweijährigen Bandpause. Mit ihren Klassikern „Eremit“ und „Element“ ließen sie es schon zu Beginn richtig krachen. Der mittlerweile auch schon zehn Jahre zur Band gehörende Nortwin wurde für seine Anmerkung, dass wir uns ja gerade auf dem größten Metal-Festival 2020 befinden, ordentlich gefeiert. Noch mehr aus dem Häuschen war die Meute als er bekanntgab, dass es im Frühjahr 2021 endlich ein neues Album geben würde. Den neuen Song „Komet“ aus diesem Album präsentierten sie dem dazu fröhlich im Circle Pit tanzenden Publikum. Das niederbayerische Quintett hatte sogar noch Zeit für eine Zugabe und beendeten mit „Never too drunk“ ihr Set.

Wer zwischendurch ein wenig shoppen wollte, sei es für sich selbst oder Souvenirs für die lieben Daheimgebliebenen, kam voll auf seine Kosten. Neben dem Wolfszeit- und Band-Merchandise gab es zum Beispiel die Stände von Ketzer Records und Goddes.nl mit allerhand Aufnähern, Hoodies und T-Shirts. Eine schöne Auswahl von handgemachtem und einzigartigem Schmuck konnte man bei Perlenmaid und Lucyie finden. Außergewöhnlich war der Stand von Voenix, der am Vorabend das Wolfszeit mit einem Blot Ritual eröffnete. Er präsentierte dort nicht nur seine Bücher, sondern auch aus Treibgut geschnitzte, mythische Motive. Wem der gute Mann bekannt vorkam: er spielt im neuesten Video zum Varg-Song „Zeichen“ mit.

Harakiri for the Sky

Mein persönliches Highlight war eindeutig der Auftritt von Harakiri for the Sky. Ich mag diese melodiöse, melancholische Art des Metal gepaart mit dem verzweifelt klingenden Gesang. Völlig zurecht spielten die Österreicher nicht wie 2016 im Nachmittagsprogramm, sondern nun als vorletzte Band des Abends. Grandios! Das neue Album “Maere” erscheint übrigens im Januar und beinhaltet unter anderem einen Gastauftritt von Neige (Alcest) und ein Cover des Placebo-Klassikers “Song To Say Goodbye”. Ich bin gespannt!

MGLA

Headliner dieses ersten Festival-Tags war die polnische Black-Metal-Band Mgła, deren Erkennungszeichen bei Auftritten ist, dass sie nicht zu erkennen sind. Ebenfalls typisch sind der Verzicht auf szenetypische Accessoires und Bewegung auf der Bühne. So konnte sich das Publikum voll und ganz auf die Musik konzentrieren, die in ein atmospärisches Licht gehüllt wurde. Ähnlich wie Harakiri for the Sky haben sie in den letzten Jahren deutlich und zurecht an Bedeutung gewonnen, spielten sie doch noch 2017 auf dem Chaos Descends, einem kleinen Metal-Festival, das ebenfalls wie das Wolfszeit sonst, in Crispendorf stattfindet.