Wolfszeit Festival 2022 – Warum liegt hier eigentlich schon wieder Stroh?


Wolfszeit Festival 2022
Das Ferienland Crispendorf beherbergte in diesem Jahr wieder das Wolfszeit Festival 2022. (Bild: Katja Wisotzki)

Der Saale-Orla-Kreis in Thüringen ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt für seine Berge, Wälder, Talsperren und eine ziemlich großes Open-Air-Musikfestival. Jährlich wird am Saalburg Beach den Himmelskörpern SonneMondSterne gehuldigt. Aber hinter den Bergen, tief im Wald, im Tal der Handy-Empfangslosen, da steigt die beste Party des Jahres, nämlich das größte Pagan- und Black-Metal-Open-Air Deutschlands! Und so war es auch dieses Jahr für mich als Einheimische ein Muss, die schmale Straße ins Ferienland Crispendorf zu düsen und mir ein wie immer fantastisches Line-Up um die Augen und Ohren zu hauen. Da mein Metal-Mobil auf dem Rückweg vom Stella Nomine Festival in Torgau etwas röchelte und in die Werkstatt musste, begann das Wolfszeit 2022 für mich leider erst am Freitag zu ÄERA. Für mich ein gelungener Auftakt bei (noch) feinstem Sommer-Festival-Wetter.

Weiter ging es mit FINSTERFORST, auf die ich mich sehr gefreut hatte. Das letzte Mal hatte ich die Band 2017 auf dem Wave Gotik Treffen gesehen. Sänger Oliver Berlin hat sich erst einmal dafür entschuldigt, dass er beim Wolfszeit 2019 ständig „Danke, Ragnarök“ gerufen hat. Kann ja mal passieren. Spätestens beim Song „Mach dich frei!“ hatten die Schwarzwälder die schon zahlreich anwesenden Festivalbesucher auf ihrer Seite.

Als KANONENFIEBER auf die Bühne stürmten, wusste jeder gleich, worum es in den Liedern gehen wird. Die Pickelhauben und Uniformen der Musiker stehen unverkennbar für den Ersten Weltkrieg. Das Werk „Menschenmühle“ des Bamberger Künstlers „Noise“ handelt von eben diesem, ohne ihn zu glorifizieren. Mein Anspieltipp für alle, die das interessante Black/Death Metal Projekt noch nicht kennen: „Grabenlieder“.

An den Essensständen war nun am frühen Abend schon ganz guter Andrang. Für die hungrigen Metalmäuler gab es dieses Mal eine etwas andere Auswahl als sonst. Die Ferienland-Küche blieb dieses Jahr kalt, statt dessen boten verschiedene Stände sowohl fleischige, als auch vegetarische und vegane Speisen an. Mir hatten es die liebevoll zubereiteten Crepes in süßen und herzhaften Varianten besonders angetan. Aber ganz ehrlich, mir fehlte trotzdem ein kräftiger Eintopf oder eine große Portion Nudeln sehr. Der eine oder andere wird sicher auch am Samstagmittag die Klöße vermisst haben.

Pünktlich zum Soundcheck von HARAKIRI FOR THE SKY setzte der Regen ein. Und hörte auch nicht so schnell wieder auf. Davon ließen sich aber weder Band noch Fans noch ich beeindrucken. Ich mag die einfach viel zu gerne sehen und hören und so ging es ganz vielen anderen auch. Und es war, wie zu erwarten, einfach unbeschreiblich großartig! Die fesselnden Melodien gepaart mit dem emotionalen Gesang live zu hören ist jedes Mal wieder überwältigend.

Gleich nach meinem ersten Highlight kam direkt das zweite: ROTTING CHRIST. Die Griechen um Sänger Sakis Tolis beschallten das Wisenta-Tal mit ihrem unverwechselbaren Sound auf derart magische Weise, dass ich es ihnen nicht mal übelnehmen kann, dass sie meinen Lieblings-Song Demonon Vrosis nicht gespielt haben.

Mit herrlich düster dekorierter Bühne ging es bei BELPHEGOR weiter. Mit seiner Ausstrahlung und dem ausdrucksstarken Gesang zog Sänger Helmuth Lehner alle in seinen Bann. Eingefleischte Fans erzählten mir nach dem Konzert, es wäre nicht ihr bester Auftritt gewesen. Vielleicht steckten die letzten Festival-Auftritte noch in den Knochen? Ich war dennoch beeindruckt. Da schaue ich gern wieder bei einem Konzert vorbei.

Den krassen Gegensatz zu Belphegor bekam die Wolfsmeute mit dem Headliner dieses phänomenalen Festival-Freitags geboten. Mit niedlichen Ohren ausgestattete FINNTROLLe stürmten auf die Bühne. Genau richtig, denn wem jetzt schon so langsam etwas kalt wurde, der hatte ausreichend Gelegenheit zum Tanzen und Mitschunkeln. Wer danach kein breites Grinsen auf dem Gesicht hatte, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Fazit des Tages: Ja, es hat geregnet. Aber das lauschige Tal bei Crispendorf wurde vom Schlimmsten verschont. Ringsherum gab es starke Gewitter, die Bäume zum Stürzen brachten und Erde von den Feldern spülte. Man kann ja auch mal Glück haben.