Wolfszeit Festival 2021 – Samstag: Gemeinsam im Matsch


Wolfszeit Festival 2021
Gute Laune beim Wolfszeit Festival 2021 am Samstag. (Bild: stagr / Katja Wistozki)

Es ist Samstagmittag, die Festwiese ist trotz der regelmäßigen Strohlieferungen eine einzige Matschepampe. Ich hab mich rechtzeitig aufgerafft, um BOÖTES VOID anzuschauen. Das Infield war auch schon gut besucht, bis nach 20 Minuten mal wieder strömender Regen einsetzte. Also schnell unter eins der großen Zelte, um im Trockenen der Musik weiter zu lauschen. Auch hier ist der Boden teilweise so aufgeweicht, dass der Schlamm in kleinen Bächen in Richtung Wisenta fließt. Metaller schlurfen mit Badelatschen durch die braune Brühe an mir vorbei. Manchmal bleibt ein Latschen stecken.

Boötes Void

BOÖTES VOID überzeugten mich live (noch) nicht, was aber vielleicht einfach an den Umständen lag. Ich kann jedoch sagen, dass ich durchaus bewundernde oder auch verstörte Blicke ernte, wenn ich auf dem Heimweg von der Arbeit mit offenem Autofenster durch die Dörfer sause und mit den Würzburgern die Idylle beschalle.

Deliver the Galaxy

Auch DELIVER THE GALAXY hatten es nicht leicht, aber sie haben alles gegeben. So spielten sie für alle Frierenden „On Fire“. Geholfen hat es nichts, schön war es trotzdem. Wer Melodic Death Metal mag und die Musik der vier Jungs noch nicht kennt, sollte unbedingt reinhören!

Dalriada

Als DALRIADA in ihrer für ein Metal-Festival recht farbenfrohen Kleidung die Bühne betraten war ich schon etwas verwundert. Sie spielten eine anspruchsvolle Mischung aus Metal und ungarischer Volksmusik. Das erklärte die folkloristische Kleidung. Sängerin Laura zog das Publikum mit ihrer fantastischen Ausstrahlung sofort in ihren Bann. Und anscheinend ließ das auch den Wettergott nicht kalt. Nach nur wenigen Songs brach der düstere Himmel auf und die Sonne zeigte ihre herrlich gelbe Fratze.

Den plötzlichen Wetterumschwung nutzte ich für etwas, auf das ich mich schon sehr lange gefreut hatte. Endlich konnte ich zur kleinen Metal-Ferienland-Rundfahrt mit Crispi starten! Crispi ist ein Überbleibsel des ehemaligen Pionierlagers und dreht ihre ca. zwei Kilometer lange Runde in knapp 20 Minuten. Für schlappe drei Euro kann man einen engagierten Verein unterstützen, ein wenig die Natur genießen und den Campern fröhlich zuwinken bzw. zuprosten. Die kleine Eisenbahn ist an den Festival-Nachmittagen regelmäßig im Einsatz, ihr habt also allerhand Chancen auch mal mitzufahren. Der Zustieg ist in Richtung hinteren Campingplatz laufend nach dem Bahnübergang auf der rechten Seite.

Firtan

Pünktlich zu FIRTAN stand ich wieder auf der Matte. Die Jungs waren vor ein paar Wochen im Studio und präsentierten ein paar ganz neue Songs. „Wogen der Trauer“ hat auf der abwechslungsreichen Setlist natürlich nicht gefehlt. Ein eindrucksvoller Auftritt einer Band, die live absolut überzeugt!

Für den Kauf des ein oder anderen Andenkens an die schöne Zeit im Wisenta-Tal gab es Gelegenheit am Wolfszeit-Merchandise-Stand oder beim Merchandise-Stand der auftretenden Bands. Alle möglichen Aufnäher, Hoodies, T-Shirts und Accessoires konnte man am Stand von Goddess.nl erwerben.  Vor gut 20 Jahren kannte man die Betreiber übrigens noch als Goddess of Desire, eine verrückte True-Metal meets Trash-Metal Combo mit Bühnenshows irgendwo zwischen Manowar und GWAR – die Älteren unter euch erinnern sich vielleicht.

Eine schöne Auswahl handgemachter Dinge bot der Stand von Bretterverschlag. Es gab nicht nur Dekoration, Schmuck und Dildos aus Holz, nein, es gab auch handgehäkelte Socken in allen Größen und Farben. Die gingen bei dem Wetter weg wie mittags die Klöße mit Roulade. Auch VOENIX war mit seinem Stand wieder mit dabei. Dort verkaufte er nicht nur seine Bücher, sondern auch aus Treibgut geschnitzte, mythische Motive.

Nachtblut

Nach einer längeren Pause, weil Black Messiah wegen Krankheit kurzfristig absagen mussten, ging es weiter mit NACHTBLUT. Schon der Einstieg mit „Multikulturell“ ließ die Erde beben. Die mitreißende Atmosphäre lockte auch den letzten von der Biertisch-Garnitur hoch. Das Stroh vor der Bühne wurde vom Moshpit bei „Amok“ komplett zermatscht. Charmant überspielte Askeroth, dass die Technik bei „Der Tod ist meine Nutte“ erstmal nicht so richtig mitmachen wollte. Das Publikum sollte mal eben fix abstimmen, welches Lied als letztes gespielt werden sollte: „Wat ist denn los mit dir“ oder „Alles nur geklaut“. Das Prinzen-Cover gewann relativ eindeutig. Nachtblut polarisieren und dessen sind sie sich bewusst. Live sind sie in jedem Fall mehr als sehens- und hörenswert.

Eisregen

Nachdem die Stimmung richtig schön aufgeheizt war, kühlte EISREGEN alle schnell wieder runter. Wer bitte bekommt bei „Schnippschnapp“ und „Knochentorte“ keine Gänsehaut? Neben Songs vom neuen Album „bitterböse“ wurden auch reichlich, wie Michael Roth sie selbst nannte, gammelalte Sachen gespielt, zum Beispiel „Blutgeil“, „1000 tote Nutten“ und „Scharlachrotes Kleid“. Den Abschluss des frostigen Konzerts machte die „Elektro Hexe“.

Tyr

Als Samstags-Headliner und somit als letztes Konzert des Wolfszeits Festival 2021 betraten TYR die Bühne – ein Highlight für alle Viking-Metal-Fans. Es war einige Jahre verpönt, die Färöer in Deutschland zu buchen, da sie sich aus Traditionsgründen aktiv am Walfang bzw. an der Wal-Schlachtung beteiligen. Aufgrund des Wetters und akuter Nicht-Begeisterung für dieses Metal-Genre hatten sich schon einige Festival-Gäste auf die Heimreise begeben. Bereits zur Mittagszeit wurden Autos auf dem Zeltplatz schiebenderweise aus dem Schlamm befreit, um nachts abfahrbereit zu sein. Und auch bei mir war mal wieder großes Mimimi angesagt und ich fuhr nach den ersten Songs nach Hause.

Mein Fazit: Das Wolfszeit gehört einfach nach Crispendorf. Klar war es toll, dass letztes Jahr die Möglichkeit in Torgau bestand, trotz Pandemie ein Festival stattfinden zu lassen. Aber die Vorteile des lauschigen Tals an der Wisenta liegen einfach auf der Hand. Das Gelände ist zwar in die Jahre gekommen – aber wen bitte stört dieses teilweise etwas marode Flair? Richtig, niemanden. Es gibt Wassertoiletten (nicht der neueste Standard, aber sie funktionieren), es gibt Crispi und es gibt keinen Handyempfang. So muss man sich zwangsläufig mit Menschen unterhalten. Mit Handyempfang hätte ich wohl nie die Krankenschwester und den Haustechniker aus NRW kennengelernt, oder den Chemiker aus Bremen. Hatte ich schon die Call-Center-Agentin aus Suhl erwähnt und den Fotografen aus Schwäbisch Hall? Es war wirklich schön mit Euch!

Danke an alle für Eure Gesellschaft und das Gefühl, zu einer großen schwarzen Familie zu gehören. Ich hoffe, wir sehen uns alle im nächsten Jahr gesund und munter wieder!