Abwechslungsreicher Festivalstart beim Plage Noire 2022 – Freitag


Plage Noire 2022
Am Wochenende vom 6. und 7. Mai startete am Weissenhäuser Strand das Plage Noire 2022. (Bild: stagr / Birger Treimer)

Am 6. und 7. Mai stand das erste düstere Festivalhighlight des Jahres an. Das Plage Noire 2022 lockte ein paar tausend Besucher an den Weissenhäuser Strand. Die dazugehörige Ferienanlage wurde hierzu von einer Welle herausgeputzter Schwarzlinge geflutet. Dem Konzertveranstalter FKP Scorpio ist es gelungen, dieses Festival mit dem besonderen Flair fest zu etablieren. Der angenehme Indoor-Bereich schützte einen auch bei sonnigem Frühlingswetter vor der frischen Meeresbrise.

Die Konzerte verteilten sich auf drei verschiedenen Bühnen. Zahlreiche Restaurants ließen keine kulinarischen Wünsche unerfüllt. Der Festival-Bereich verwandelte sich mit roten Teppichen, riesigen Bildergalerien, schauriger Deko, aufwendig hergerichteten Models und gruseligen Kreaturen der Nacht gar in ein optisches Kunstwerk. Zudem boten zahlreiche Händler ihre schmucken Waren an. Familienfreundlichkeit wurde hier ebenso großgeschrieben. Kurze Wege zu den Unterkünften, kreative Kinderbetreuung, sowie ein subtropisches Badeparadies sorgten für Zufriedenheit unter den großen und kleinen Besuchern.

MODENSCHAU

Neben den Live-Konzerten bot ein ausgeklügeltes Rahmenprogramm beste Unterhaltung. So lasen Markus Kavka und Christian von Aster dem literarisch interessierten Publikum besondere Parts ihrer beliebten Werke vor. Bei den Autogrammstunden begegnete man seinen Idolen endlich mal wieder von Angesicht zu Angesicht. Beeindruckende Fashionwalks erregten mehrfach täglich das Aufsehen der Besucher. Die letzten Energiereserven konnte man bei den beliebten Aftershow-Parties freisetzen. Hier legten übrigens keine geringeren als Bruno Kramm (Das Ich), Daniel Graves (Aesthetic Perfection) und Ronny Mohrings (Clan Of Xymox) sorgsam ausgewählte Highlights auf.

merciful nuns

Auf der mittleren Bühne, im Salle de Fête eröffneten Merciful Nuns offiziell das Live-Spektakel. Die gestandenen Gothic-Rocker präsentierten neben Songs des aktuellen Albums „Kvltan“ eine abwechslungsreiche Mischung ihrer dunklen Stücke. Mit ihren Sonnenbrillen trotzten sie der Dunkelheit und wie es sich für eine typische Kultband gehört, verschwanden Sänger Artaud Seth und seine Kumpanen optisch auch mal kurzzeitig im Nebel. Der basslastige Sound kam beim Publikum gut an. Nach wenigen Minuten nahm man erste Hüpfer wahr. Gedankenverlorene Einzeltänzer bewegten sich selig zu Klassikern wie „Karma Inn“ oder „Allseeing Eye“. Und kontinuierlich brachten Merciful Nuns nach und nach eine Welle der Bewegung in Gang.

Heldmaschine

Le Chapiteau wurde die Hauptbühne in dem riesigen Zelt betitelt. Zahlreiche Besucher gaben sich der Neuen Deutschen Härte von Heldmaschine hin. Sänger René Anlauff versprach mit seiner Ankündigung „Wir werden jetzt eine geile Party machen“ keinen Deut zu viel. Der Song „Schwerelos“ versetzte etliche Tanzbeine in Bewegung. Die Band sprang mit ihren Fans augenscheinlich um die Wette. Als „Die Braut, das Meer“ erklang, stand im Song ein Gitarrensolo im Zentrum der Aufmerksamkeit. René nahm seinen Gitarristen kurzerhand auf seine starken Schultern und spazierte mit ihm über die Bühne. Dieser Auftritt sorgte für ausgelassene Freude. So konnte es weitergehen.

Das Ich

Das elektronisch-sinfonische Musikprojekt Das Ich betörte als nächstes die Besucher im mittleren Saal. Das morbide Trio versetzte seine Hörerschaft allerdings nicht in Angst und Schrecken, sondern entzündete ein wildes Lauffeuer, das sich auf der Tanzfläche ausbreitete. Die langjährige Bühnenerfahrung kam den Musikern durchaus zugute. Songs wie „Engel“ oder „Uterus“ wurden euphorisch gefeiert. Beim letzten Song „Gottes Tod“ inszenierte Sänger Stefan Ackermann spielerisch seine eigene Kreuzigung. Welch skurriler und faszinierender Auftritt zugleich.

Tanzwut

Auf der Main Stage waren Tanzwut mit ihrem Mittelalterrock bereit, auch Genreskeptiker von sich zu überzeugen. Dies gelang ihnen auch prächtig. Auf der Bühne war viel los. Die sieben Musiker fügten sich bewegungsfreudig in ein aufwendig gestaltetes Bühnenbild. Der bestens gelaunte Sänger Teufel unterhielt das Publikum mit der ein oder anderen Anekdote: „Wir haben Corona vergessen und die ganze Zeit durchgesoffen. Das neue Material mussten wir wegwerfen, denn wir haben beim Einsingen die Masken aufgehabt.“ Man durfte sich über Songs wie „Das Meer“ oder „Narziss“ freuen. Natürlich kamen auch immer wieder die typischen Dudelsäcke zum Einsatz. Hier wurde Unterhaltung großgeschrieben. Neben wechselnden Showeinlagen zogen die Musiker immer wieder die Blicke auf sich. So zierten zum Beispiel fantasievolle Masken die Gesichter der sympathischen Jungs. Teufel ergänzte: „Mit den Knallköppen auf der Bühne hier ist es wie auf einer Klassenfahrt. Es gibt doch nichts Besseres, als wieder den Gestank der Kollegen Einzutamen.“ Es folgte „Brüder im Geiste“. Mit ausgeklügelten Choreographien und gar einer kleinen Tangoeinlage blieben einfach keine Wünsche offen. Tanzwut rockten sich definitiv in die Herzen ihrer Zuhörer.

FROZEN PLASMA

Zurück zur Second Stage. Frozen Plasma kannten trotz der schwülen Wärme im Saal keine Gnade. Sie baten zum „Tanz der Revolution“. Die weißen Turnschuhe von Sänger Felix boten mit ihren bunten LED-Lichtern an der Sohle eine zusätzliche, kleine Lightshow auf Bodenhöhe. Felix versprach denjenigen, die in der Lage waren, die neue Single nennen zu können einen Schnaps. Selbstverständlich hielt er Wort und on top spielten die Jungs ihre aktuelle Ballade „Moths“. Nostalgische Momente wurden mit „Hypocrite“ geweckt. Die Stimmung war ausgelassen bis feucht-fröhlich. Frozen Plasma drehten kontinuierlich die Hit-Maschine auf und Felix animierte die Menge selbstsicher zu den wohlbekannten Futurepop Klängen. Das Set mündete mit „Living on Video“ in wahrer Ekstase. Überwältigt von all dem Zuspruch warfen Felix und Vasi final ein paar T-Shirts in die Menge. Das Glück aller war nicht zu übersehen.

Lord of the Lost

Im Le Chapiteau war die Spannung mittlerweile groß. Schließlich waren Lord Of The Lost in den letzten beiden Jahren gar nicht auf unseren heimischen Bühnen zu sehen. Kürzlich startete dann endlich die verschobene Ensemble Tour. Chris äußerte hierzu ein gleich passendes Resümee. „Das ist, als hättest du deine Freundin eine verdammt lange Zeit nicht gesehen und würdest dann einfach fünf Videoabende nacheinander mit ihr machen“. Heute sollte die angezogene Handbremse endlich wieder gelöst werden. Der Abriss ließ nicht lange auf sich warten. Mit „Priest“ preschten sich Lord Of The Lost gleich brachial nach vorn. Chris hat sich in Schale geschmissen und nahm die Bühne gekonnt in einem neuen, schwarzen Lackoutfit ein. Zu hören gab es eine Mischung aus neuen Songs, den Klassikern und einer Hommage an Iron Maiden. Die Spielfreude der Hamburger war ungebrochen. Und natürlich saß auch mal der Schalk im Nacken. So spielte Chris doch gleich mal eine Runde fangen mit seinem Kameramann. Es wurde sogar geflucht – über In Ears, die scheinbar nicht in gewohnter Qualität funktionierten. Chris bat das Publikum für ihn weiterzusingen. „So ist das manchmal, wenn man seinen eigenen Radiosender hört“. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Lord Of The Lost lieferten ab. Chris entledigte sich irgendwann seiner Lackjacke und kokettierte mit dem übrig gebliebenen Unterhemd(chen) und den Lackparts, die seinen Oberkörper mehr verzierten als bekleideten. Die „Doomsday Disco“ durfte final natürlich nicht fehlen. Es wurde getanzt, gesprungen, gejubelt und geseufzt. Danach brauchten alle erstmal ein kühles Getränk.

FUTURE LIED TO US

In der dritten Area stand in La Rotonde das Finale an. Future Lied To Us präsentierten sich zum ersten Mal mit ihrem neuen Sänger Damasius Venys. Dieser Auftritt wurde von den Fans sehnlichst erwartet. Leider konnte Krischan Wesenberg an diesem wichtigen Abend nicht dabei sein. Vasi Vallis und Damasius stellten sich aber tapfer der gebührenvollen Aufgabe. Das Set begann mit „Blue Lights“. Und der neue Frontmann wusste ab dem ersten Moment zu überzeugen. Mit seiner markanten Stimme und dieser besonderen Aura zog er das Publikum direkt in seinen Bann. Mittlerweile kam es sogar zum Einlass-Stopp. Kein Wunder, denn hier waren einfach alle im Partymodus. Die neue Single „I, Hope“ war perfekt auf ihn zugeschnitten und kam besonders gut an. Ein sonst eher konzentriert wirkender Vasi wirkte an diesem Abend ausgelassen und glücklich.

subway to sally

Zeit für den Headliner des Tages – oder der Nacht. Subway To Sally enterten die Bühne und waren bereit, das große Zelt in eine längst vergangene Zeit zu entführen. So sorgten „Eisblumen“ für behagliche Seligkeit im Publikum. Doch es durfte auch wilder zugehen. Die „Henkersbraut“ verführte zum Tanz. Das Publikum bewies übrigens eine herausragende Textsicherheit. Zwischendurch wurde auch mal ernst. So ließ Eric Fish die erste Strophe von „Falscher Heiland“ aus. Die aktuellen Geschehnisse des Krieges ließen dies einfach nicht zu. Er gab zu, emotional abgelenkt gewesen zu sein. Eric fing sich aber wieder und klatschte später bei „Besser du rennst“ einige Fans im Publikum ab. Er sang mit seinem treuen Gefolge und alle feierten zu Hits wie „Sieben“ oder „Julia und die Räuber“.

Nach dem letzten Song erloschen dann auch die Lichter im Le Chapiteau. Der erste Festivaltag war damit offiziell beendet. Wer noch immer nicht genug hatte, tanzte noch bis in die Morgenstunden den Pandemieblues hinweg. Ansonsten ließ man all die eindrucksvollen Momente allmählich bei einem letzten Absacker ausklingen. Denn der nächste Tag sollte es erneut in sich haben …

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