Metal-Virtuosen am Valentinstag: Dream Theater in Hamburg
(Bild: stagr / Mark Carstens)
Aus den Erinnerungen meines älteren Bruders: “Wir schreiben das Jahr 1992, das Jahr in dem Billy Ray Cyrus, der Vater von Hannah Montana aka Miley Cyrus, seinen Hit „Achy Breaky Heart“ in den deutschen Charts landete und damit bis heute zur sehr seltenen Gattung der Country-Sänger in den deutschen Charts zählt. Neben Sir-Mix A Lot mit „I like Big Butts“ erblickte das Album „Images and Words“ von Dream Theater das Licht der Welt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie fasziniert ich damals vor meiner Stereoanlage saß und mir das Albumcover anschaute, während die Schallplatte lief. Einige Monate später hatte ich rückblickend das große Glück, die dazugehörige Live-Tour in den Hamburger Docks erleben zu können. Damals schon ein erhabenes Erlebnis. Und eben diese Band mit „Images and Words“ ganze 25 Jahre später noch einmal erleben zu können, konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.”
Ein paar Tage vorm Valentinstag bestellen andere Männer Blumen, kaufen Pralinen oder reservieren ein romantisches Candlelight-Dinner in einem Restaurant. Ich habe dieses Jahr meinen ältesten Bruder angerufen, dessen Verlobte ihn gerade zu einem stolzen Papa gemacht hat. Nicht um ihn daran zu erinnern, dass Valentinstag ist und er der Frau seiner Träume und Mutter seines Erstgeborenen einen würdigen Liebesbeweis erbringen soll. Sondern um ihn zu fragen, ob er mich am Valentinstag zum Dream Theater Konzert begleitet. Als er überraschend zusagte wollte ich gar nicht wissen, welche Opfer oder Versprechen zukünftiger Opfer er bringen musste, aber da er seit 25 Jahren Dream Theater-Fan ist, war es das alles sicherlich wert.
Bildergalerie: DREAM THEATER live
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
Das zweite Studio-Album “Images and Words” brachte Dream Theater 1992 den großen internationalen Durchbruch – und das Fan-Herz meines Bruders. Zum 25. Jubiläum von “Images and Words” begaben sich Dream Theater auf gleichnamige Welt-Tournee 2017 und traten am Valentins-Dienstag im Mehr! Theater in Hamburg auf. Die gleiche Location, in der ich vor knapp einer Woche Sepultura und Kreator live gesehen hatte. Der Unterschied zum Thrash-Metal-Growling-Contest war eindeutig: Keine Circle-Pits, keine Crowdsurfer und vor allem kein Growling. Die paar wenigen Headbanger zwischen dem mit-nickenden Zuschauern waren das “härteste” was man an Metalheads zusehen bekam.
Das Dream Theater-Konzert beeindruckte nicht durch dreckige “Auf die Fresse”-Energie, sondern durch klare, saubere Virtuosität. Viel härter als eine kurze Passage des “Enter Sandman”-Covers in “As I am” wurde es nicht. Highlights waren die Passagen, bei denen die Finger von John Petrucci (Gitarre), John Myong (Bass) und Jordan Rudess (Keyboard) auf ihren Instrumenten um die Wette liefen und selbst der Rigger am Lichtpult schien mitzuspielen, während Frontmann James LaBrie von der Bühne gegangen war, um den Musikern ausreichend Platz für ihr unfassbares Können zu lassen.
Bildergalerie: DREAM THEATER live
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
Nachdem in der ersten Hälfte zahlreiche Hits aus den letzten 20 Jahren gespielt wurden und Bassist Myong in einem kurzen Bass-Solo zeigen konnte, was er so drauf hat, wurde nach einer kurzen Pause das gesamte(!) Album “Images and Words” live vorgeführt. Jedes Bandmitglied bekam seine Chance zu glänzen, inklusive einem großartigen Drum-Solo vom neuesten Bandzugang Mike Mangini, der seit 2011 den begnadeten Mike Portnoy ersetzt. Danach ein Keyboard-Solo und eine unglaublich lange Version von “Learning to Live”, bei der die Instrumentalisten ein wenig zu intensiv zeigen wollte, was sie technisch im Zusammenspiel drauf haben. Böse Zungen würden dazu “Gefiedel” sagen, aber dies ist der Grund warum Fans Dream Theater lieben.
Nach einer fast halbstündigen Zugabe aus allen 7 Teilen “The Change of Seasons” konnte sich nun wirklich keiner der Anwesenden darüber beschweren, das das Konzert nicht den Erwartungen entsprochen hätte. Und mein Bruder nicht, über was auch immer er nun dafür tun musste, um mitkommen zu dürfen.
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