Symphonic Terror – Accept im Mehr! Theater Hamburg


Bei mir zuhause an der Wand hängen Bilderrahmen mit Schallplatten-Hüllen von Metal-Bands. Den zugehörigen Plattenspieler habe ich seit meinem letzten Umzug im Februar noch nicht angeschlossen. Ich liebe Live-Musik und im Auto drehe ich gerne mal die Anlage richtig auf und singe zu meinen Lieblingssongs laut mit. Aber das Konzept, sich zuhause gemütlich hinzusetzen, Musik anzumachen, sich entspannt zurückzulehnen und zu genießen hat sich bei mir nicht durchgesetzt. Bis ich beim aktuellen Accept-Konzert in Hamburg das vollständig bestuhlte Mehr! Theater betreten habe. Wir Fotografen dürfen die ersten 3 Songs fotografieren, danach darf ich bleiben um den Rest des Konzerts zu genießen. Da sitze ich also im linken hinteren Parkett und lausche andächtig Accept und dem Orchestra of Death.

Wobei „andächtig“ nicht ganz passt, wenn man zu den schnellen Songs die Metal-Hörner in die Luft streckt und die ganze Bank wackelt weil alle mit-bangen, während auf der Bühne das ganze Orchester Totenkopf-Schminke und Skelett-Anzüge trägt und der Dirigent wie ein Magier mit finsterer Kutte gekleidet ist. Aber die Möglichkeit, auf einem Theaterstuhl sitzend zu erleben, wie Accept mit einem Orchester aus Streichern, Bläsern und Trommeln harmonisch zusammenspielen während Wolf Hoffmanns Gitarre und die Geige der Solo-Violinistin ein Duett „singen“ ist eine ganz neue Art, Musik zu erfahren.

Natürlich werden Songs von Accept gespielt. Frontmann Udo schmettert mit seiner Reibeisen-Stimme und den langgezogenen Screams Hits wie „Shadow Soldiers“, „Breaker“, „Metal Heart“ und „Fast as Shark“. Die Trommeln geben der Bassdrum mehr Bums, die Streicher und die Gitarristen sind ein gut aufeinander abgestimmtes Team sowohl bei den Riffs als auch bei den Soli, und die Bläser geben den Songs zusätzliche Fläche, die das Keyboard alleine niemals erreichen könnte.

Und ich, der sonstige Stehplatz-Junkie, für den ein steifer Nacken und erschöpfte Beine einfach zum „Morgen nach dem Konzert“ gehören, sitze artig auf meinem Platz, lasse immer wieder Bier-Holer durch, freue mich ab und an über die wippende Bank und lehne mich ansonsten zurück und genieße einfach. Doch beim letzten Song, bei dem Udo die Sonnenbrille endlich abnimmt und Wolf die ersten Riffs von „Ball to the Wall“ anspielt, da springen alle im Publikum auf, klatschen und grölen laut mit. Wie es sich für ein typisches Metal-Konzert gehört.

Am Rande zu erwähnen ist, dass ich auch schon 2017 beim Wacken Open Air Accept mit „Symphonic Terror“ live gesehen habe. Aber die Songs klingen einfach so viel besser in einem Theater, dessen Akustik auch für ein Orchester ausgelegt ist. Selten wurde ich von einem Metal-Konzert so mitgerissen – und motiviert, meinen Plattenspieler wieder aufzubauen.