Das Biest auf Triumphmarsch – Iron Maiden in Hannover


Iron Maiden Tour 2018 / Iron Maiden Hannover 2018 / Iron Maiden Legacy Of The Beast Tour 2018
(Bild: stagr / Katja Borns)

Englands Urgestein des Heavy Metal Iron Maiden ticken wie ein Uhrwerk und schaffen es dabei, ihre Fans mit immer neuen Tourkonzepten bei Laune zu halten. Nach der abgeschlossenen Konzertreise zum Album „The Book of Souls“ folgt nun mit der „Legacy of the Beast World Tour 2018“ ein Konzept in dem vor allem alte Klassiker den Vorzug erhalten.

The Raven Age

Den Start in diesen sonnigen Abend legen The Raven Age hin. Mit ihrem Melodic Metal passen die Londoner zu dem Tourrooster, wie die Faust auf das viel zitierte Auge. Jedoch war wohl mehr die Tatsache, dass es sich bei Gitarrist George Harris um den Sprössling des Maiden Viersaiters Steve handelt, ausschlaggebend für den Slot des Opening Act. Lässt man diesen Aspekt heute mal vor der Tür kann, man der Band ein ordentliches Set attestieren. Trotz der großen Bühne wirken die fünf keinesfalls verloren und sind agil bei der Sache, lediglich der Sound dröhnt sehr und die wenigen Höhen sind gerade in den hinteren Bereichen des Areals eher vom Winde verweht. Es brandet mehr als Höflichkeitsapplaus auf, bis hin zum FOH-Turm gehen Fäuste und Pommesgabeln in die Höhe.

Die Umbaupause danach lädt ein, sich mit den reichlich vorhandenen, kulinarischen Angeboten auseinander zu setzen. Das Preisniveau ist generell im oberen Drittel angesiedelt (Bier 0,4 Liter: 4,50 €, Pizza Calzone: 5,- € oder Käsebrezel: 4,- €). Die Qualität der verköstigten Calzone (mehr Teig als Füllung und noch nicht komplett durch), der zähen Angelegenheit namens Käsebrezel und dem Backfisch im labberigen Brötchen hätte allerdings deutlich besser sein können. Schade.

Killswitch Engage

Gut das dieses hier ein Iron Maiden-Konzert und kein Streetfood Festival ist. Doch bevor die Herren der NWOBHM starten, dürfen erst mal die „Jungspunde“ der, wie ein Freund von mir zu sagen pflegt: NWOA(merican)HM, an ihre Instrumente. Bei der Bekanntgabe, das Killswitch Engage für Maiden eröffnen, war das für einige Traditionalisten erst mal ein Grund die Augenbraue hoch zu ziehen. Was sich auch gleich zu Beginn der Show in Zurückhaltung des Publikums zeigte. Da half es auch nicht, dass als Intro eine modifizierte Version von „Fight for your right“ der Beastie Boys dröhnte, man sah den anwesenden ihre Reserviertheit gnadenlos an.

Für das Quintett aus Massachusetts schien das jedoch mehr ein Anreiz zu sein. Mit einer schier unglaublichen Live-Energie holten sich Killswitch Engage Song für Song mehr Sympathisanten auf ihre Seite. Jesse Leach ist im Vergleich zu seinem vorherigen Vertreter Howard Jones eine absolute Frontsau und gibt der gesamten Band deutlich mehr Dynamik. Kein Wunder, das die Setlist von vielen alten Klassikern aus der ersten Leach Phase („This is absolution“, „The end of heartche“, „My last serenate“ oder „My curse“) dominiert wurde. Riesenbaby und Gitarrenfloh Adam Dutkiewicz war die Bühne anscheinend zum Toben zu klein, so dass er kurzerhand einen Ausflug ins Publikum unternahm und umringt von Fans für diverse Selfies bereit stand, während er präzise seine Riffs spielte. In seiner letzten Ansage dankte Leach dem Publikum für seine Akzeptanz und widmete den letzten Song Ronnie James Dio. Tatsächlich wagten sich die Metalcoreler „Holy diver“ zu covern und schafften es damit dann sogar noch einen Mini-Circle-Pit zu entfachen.

Iron Maiden

In der kurzweiligen Umbaupause füllte sich die Expo-Plaza gewaltig, doch im Gegensatz zum Hermes Platz auf dem Messegelände, wo vor 3 Jahren AC/DC zum Tanz luden, ist die Situation trotz ausverkauftem Haus noch recht entspannt. Zahlreiche Stufen ermöglichten auch gute Sicht von weiter hinten, ein Besuch am Getränkestand ist jederzeit möglich ohne Angst haben zu müssen, nicht mehr zurückzukommen.

UFOs „Doctor Doctor“ ertönt als Intro und der ganze Platz steht Kopf. Maiden eröffnen ihre grandiose Show mit „Aces high“, bei dem ein riesiges Flugzeug über die Bühne schwebt. Bruce Dickinson fegt wie ein Derwisch von einer Ecke zur anderen und peitscht das ohnehin schon aufgedrehte Publikum noch weiter an. Gefühlt singt der ganze Platz den Refrain mit, der anschließend losbrechende Applaus klingt so euphorisch, als hätten die Briten gerade das große Finale eingeleitet. Bei der Energie, die die Jungfrauen versprühen, muss man sich doch immer mal wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Protagonisten auf der Bühne um und bei 60 sind. Gerade vor Bruce, der entweder im wilden Schwertkampf gegen den Trooper siegt oder einfach nur so über die Kulisse fegt, kann man nur den Hut ziehen.

Der Rest des Abends ist ein einziger Triumphmarsch. „2 Minutes, to midnight“, „The Trooper“, „The wicker man“ ebnen den Weg für die Alltime Klassiker „Fear of the dark“ und „The number of the beast“. Die Songauswahl ist so geschickt zusammen gestellt, dass im Verlaufe der gut zwei Stunden kein Gedanke ans Durchhängen aufkommt. Die sich stets im Wandel befindende Bühne und der Einsatz von Pyro-Effekten sorgen für die optische Untermalung, selbst Bruce hat seine Schlumpfklamotte gegen eine dem Bühnenthema entsprechende Garderobe ausgewechselt. Der Zugabenblock „The evil that men do“, „Hallowed be thy name“ und „Run to the hills“ entlässt abschließend gegen 22:40 Uhr eine selig drein blickende Menschenmasse in die Hannoveraner Nacht. Iron Maiden boten ein perfektes Preis-/Leistungsverhältnis und haben erneut unter Beweis gestellt, dass Sie nicht zu Unrecht die größte Heavy Metal der Welt sind.

Setlist – Iron Maiden in Hannover 2018

Doctor Doctor (UFO song)
Churchill’s Speech
1. Aces High
2. Where Eagles Dare
3. Two Minutes to Midnight
4. The Clansman
5. The Trooper
6. Revelations
7. For the Greater Good of God
8. The Wicker Man
9. Sign of the Cross
10. Flight of Icarus
11. Fear of the Dark
12. The Number of the Beast
13. Iron Maiden

Encore:
14. The Evil That Men Do
15. Hallowed Be Thy Name
16. Run to the Hills
Always Look on the Bright Side of Life (Monty Python song)

Danke für den Text: Torsten Richter