Zwei Tage Abenteuer beim Mittelalterlich Phantasie Spectaculum Luhmühlen 2019


Mittelalterlich Phantasie Spectaculum Luhmuehlen 2019
Zwei wunderbare Tage beim Mittelalterlich Phantasie Spectaculum in Luhmühlen 2019. (Bild: stagr / Birger Treimer)

Im Frühjahr 2018 kam der plötzliche Schock für die Fans des Mittelalterlich Phantasie Spectaculum in Hamburg. Das “Fette Ö”, die Veranstaltung in Hamburg sollte ab 2019 nicht mehr stattfinden, obwohl sie zu einer der größten zählte. Dafür mutiert das nahegelegene MPS Luhmühlen zur “Fetten Heide” und fährt einiges mehr als in den Vorjahren auf. Ganze sechs Musikbühnen, ein Kampfplatz und ein Turnierplatz sorgen auf dem riesigen Gelände für ordentlich Programm, auch wenn dies schnell in den Hintergrund gerät, bei der Vielzahl an Dingen, die man nebenbei noch auf dem spektakulären Mittelaltermarkt entdecken kann.

Auf dem Gelände befinden sich eine Vielzahl von Händlern und insgesamt 91 Heerlager, die für die richtige Atmosphäre sorgen. Aber nicht nur die werfen sich in Schale, auch eine Vielzahl der “normalen” Besucher sind in Gewandung anzutreffen. Egal ob ob Groß oder Klein. Wer aufgrund des Anreisestaus schon Schlimmstes befürchtete was das Vorankommen auf dem Gelände betraf, hatte sich getäuscht. Obwohl eine Vielzahl an Besuchern gekommen waren, hatte man zu keinem Zeitpunkt größere Probleme sich zu bewegen. Das Gelände war dafür zu sehr durchdacht und sorgte durch die teilweise Unterteilung in Themen für gezielte Anlaufpunkte oder mit einem Rundweg für die optimale Option für die, die alles einmal sehen wollten.

Ein großer Fokuspunkt war aber der Nachwuchs. Neben einem groß angelegten Abenteuerspielplatz mit einem großen Strohhaufen, einem Bällebad, einem riesigen Sandkasten und einem kleinen Streichelzoo findet man auch zwischen den Händler immer wieder Dinge für die Kleinen zu erleben. Kerzen färben, Schminken, Bogen und Armbrustschießen und Axtwerfen sind dabei nur wenige Punkte. Bei letzteren Punkten konnten sich natürlich aber auch die Älteren beweisen.

Wem das noch nicht reichte, konnte auf die Bühnen zurückgreifen. Die meisten Bands spielen mehrfach an einem Tag, so dass es in der Regel möglich ist, die meisten Bands zu erwischen, auch wenn zeitgleich immer mindestens vier Bands spielen. Auch wenn sich alles Bands musikalisch leicht unterscheiden, haben alle eins gemeinsam: Sie passen perfekt in das Konzept des MPS.

So findet man schon früh am Tag Rapalje auf der Folk Bühne. Die einen tanzen sich schon jetzt die Hacken wund, die anderen machen es sich auf den Bänken bequem und starten etwas ruhiger in den Tag. Aber egal wohin man blickt, man sieht nur glückliche Gesichter. Bei Cobblestone ist dies nicht anders. Diese kommen zum Teil mit klassischen Songs wie “Whiskey In the Jar” daher, aber auch mit ganz anderem. So stellt “I Like To Move It” ein erstes Highlight des Tages dar. Entsprechend ist auch die Stimmung sehr gut, sodass es kaum einen auf seinem Platz hält und auch die ersten am mitsingen sind.

Mit gleich drei Schlagzeugen finden wir auch Saor Patrol auf der Folk Bühne wieder. Abgerundet mit Gitarre und Dudelsack braucht es auch keinen weiteren Text, um die Menge zu begeistern. Ein Lächeln in der Gesicht aller Anwesenden bringen aber zwei kleine Mädchen, die mit Drumsticks bewaffnet mitzumachen. Der Nachwuchs wird hier groß geschrieben. Zwar verstecken sich Maccabe & Kanaka auf der Waldbühne in der hintersten Ecke des Festivals, mit ihre Musik müssen sie das aber keineswegs. Hier gibt es vierstimmige Shantys und Folk bis zum Abwinken. Dabei immer eine Anekdote parat, sodass das Publikum im ständigen Wechsel zwischen Schaukeln, tanzen, mitgröhlen und lachen ist. Kommt man zwischendurch mal dazu die Augen zu schließen, findet man sich schnell auf einem Schiff mitten im Meer wieder, angetrieben durch die kraftvollen Stimmen der Musiker.

Ye Banished Privateers spielen, wie könnte es besser sein, auf der Piraten Bühne. Schon beim ersten Song wird einer der Bandmitglieder mit Knüppel über das “Schiff” gejagt und am Ende mit einer Rum-Flasche niedergestreckt. Rum fließt bei dem Auftritt in Strömen – wie sollte es auch anders sein? Zu den Piraten-Shantys der Band, gibt es im Publikum kein Halten, außer der Rum ist alle und muss nachgefüllt werden.

Abseits der Bühnen auf dem Turnierplatz hielt sich währenddessen EHS Team bereit, um ein großes Ritterturnier zu zeigen. Getreu dem Motto “Brot und Spiele” wurden die Leute unterhalten, also Königin Charisma und die Ritter des Lichts gegen die dunkle Fürstin Zybilla stellen.

Mr. Hurley und die Pulveraffen trifft heute das Unglückslos. Ein Gitarrenausfall beim ersten Song sorgt für viel Verzögerung. Überspielt wird dies alles durch den einäugigen Morgan, der entweder das Geschehene kommentiert oder aus dem Nähkästchen plaudert und damit alle zum Lachen bringt. Als es dann weitergeht, reißt direkt wieder eine Saite der Gitarre und der Schlamassel ist perfekt. Unterkriegen lässt sich davon aber keiner, immerhin ist es eine der ersten Shows zum neuen Album Leviathan. Die versammelte Menge feiert ausgelassen mit und so geht der Auftritt nicht in die Hose, sondern stellt durch die sympathische Art der Band für viele der Highlight dar.

Reibungslos läuft es dafür bei Letzte Instanz. Entsprechend ist es auch vor der Bühne gut gefüllt. Die versammelte Menge bekommt dafür ein Konzert, das vor Energie nur so trotzt und ohne weitere Probleme abläuft. Die Band konnte sich jedoch auch vollständig auf diesen Auftritt konzentrieren, denn im Vergleich zu vielen anderen Bands ist dies der einzige Auftritt an diesem Tag.

Versengold gehören zu den alten Hasen auf dem MPS. Schnell kommt “Butter bei die Fische” und das Publikum richtig ins Schwitzen beim Tanzen. Violinist Florian Janoske macht es einem aber auch nicht leicht, wenn er selber einem Flummi gleicht. Das Set ist sehr vom neuen Album “Nordlicht” geprägt, macht aber auch vor Klassikern nicht halt. So tanzt sich das Publikum die Hacken wund. Der Beginn von Feuerschwanz ist etwas unerwartet. Eine Tänzerin räkelt sich auf der Bühne, bis die Band schließlich dazu kommt, um dem Met zu huldigen. Egal, ob beim “Schubsetanz” oder “Krieger Des Mets”, auf seinem Platz bleibt hier niemand. Dazu gibt es immer wieder humorvolle Ansprachen der Frontmänner Hauptmann Feuerschwanz und Hodi. Auch nach dem Auftritt kann man noch lange den Refrain des letzten Songs “Das niemals endende Gelage” hören.

Am Schluss den Samstags hatte man dann die Qual der Wahl. Drei Bands, die den Tag noch nicht gespielt haben, dazu die Feuershow von Saltatio Mortis und, wenn das noch nicht genug wäre, die große Feuershow auf dem Kampfplatz. Die einer trieb es zu der Bühne der Spielleute, wo Harpyie auf einen warteten und einem mit ihrem Folk-Rock durch die Nacht tanzen ließen. Bei Fiddler’s Green sah dies nicht anders aus. Ein tanzbarer Song jagt den nächsten und auch die Wall of Folk darf nicht fehlen und findet viel andrang. Lediglich beim T-Shirt Ventilator halten sich dann doch einige zurück, immerhin ist es schon recht kalt. So wie Frontmann Albi und seine Band über die Bühne springt, wundert es keinen, dass die Stimmung von Beginn an auf ihrem Höhepunkt ist.

Bei Saltatio Mortis wird derweil etwas hoch über die Bühne getragen: Feuer. Vor der Bühne sind viele Feuerschalen aufgebaut und immer wieder schießen Feuersäulen in den Himmel, die gerade beim jüngeren Publikum auf Begeisterung stoßen. Es gibt Songs von alt bis neu, bei denen jeder bis auf das letzte Wort laut mitgesungen wird. Saltatio Mortis ist einfach DIE MPS Band schlechthin, was dieser Auftritt wieder einmal unter Beweis stellt.

Eine der letzten Optionen ist Knasterbart. Die gemischte Bandbesetzung aus Versengold und Mr. Hurley & die Pulveraffen nimmt sich dabei nicht ernst und lernt fleißig für ihr Gossenabitur. So lernen wir die Kreisberechnung des eigenen Stammbaums oder huldigen mit “Mein Körper ist ein Tempel” uns selbst. Zum Abschluss gibt es dann noch das Liebeslied an das MPS, “MPS ich liebe dich”, bevor Knasterbart die Bühne verlässt.

Eine Alternative gibt es natürlich noch. Überall auf dem Gelände lassen sich Lagerfeuer finden, um die sich immer mehr Leute scharen. So endet für viele der Samstag, bevor es am Sonntag in die letzte Runde ging.

Der Sonntag gestalte sich ähnlich dem Vortag. Der größte Punkt war wohl das Wetter, welches immer wieder mit etwas Regen daher kommt, während am Vortag fast durchgehend die Sonne schien. Sonst kann man eine Vielzahl an Familien auf dem Gelände erblicken, es ist schließlich auch Familientag. Das Programm ist heute etwas entspannter, wodurch es auch nicht ganz so voll ist, lässt aber dennoch keine Wünsche offen. Neue Bands sucht man heut, bis auf wenige Ausnahmen, vergebens. Dafür gibt es aber eine, die es in sich hat.

Heavysaurus richtet sich an Kinder und trifft durch ihre Aufmachung voll ins Schwarze. Als Dinos verkleidet, harte, melodische Klänge und Texte, die die Kinder direkt ansprechen. Die Band bedient sich dabei oft an bekannten Songs, so gibt es auch eine eigene Version von “Drei Chinesen mit dem Kontrabass”. Zwischen den Songs hört die Party aber nicht auf. Egal ob durch lustige Ansprachen, indem Sänger Mr. Heavysaurus auf der Bühnen von seiner Mami angerufen wird, oder durch Süßigkeiten, die Kinder sind voll dabei.

Nach dem Sonntag ist es dann vorbei. Es lief nicht alles auf dem Festival perfekt, was Veranstalter Gisbert Hiller vor allem im Aufbau sieht, da vor beginn nur fünf Tage zeit waren alles fertig zu bekommen. Dies soll sich nächstes Jahr ändern und doppelt so lange aufgebaut werden. Dennoch war die erste “Fette Heide” ein voller Erfolg und ist ein würdiger Nachfolger für der “Fette Ö” der Vorjahre. Nächstes Jahr findet das MPS Luhmühlen am 5. bis 6. September 2020 statt. Folgende Bands sind bereits bestätigt: Subway To Sally, Saltatio Mortis, Versengold, Mr Hurley und die Pulveraffen, Fiddlers Green, Dartagnan, Faun, Heavysaurus, Knasterbart, Ye Banished Privateers, Saor Patrol, Rapalje, Forgotten North, Cobblestones, MacCabe und Kanaka ,Weltenkrieger, Cultus Ferox, Comes Vagantes