So war das Wacken Open Air 2018 am Donnerstag


Wacken 2018 / Wacken Open Air 2018
(Bild: stagr / Mark Carstens)

Das erste Mal Wacken – dazu hat sicher jeder eine eigene Geschichte zu erzählen. Für mich als Rock Chick, das ansonsten eher gelegentlich Metal hört, war es definitiv ein Abtauchen in eine andere Welt. Gleich als erstes ist mir aufgefallen, dass es im gesamten Infield keinen einzigen Wellenbrecher gibt. Das wäre auf anderen großen Festivals wie dem Hurricane oder Rock am Ring undenkbar. Doch selbst abends während der Headliner-Konzerte hate es keinerlei Gedränge gegeben. Jeder hat sich entspannt einen Platz in der Menge gesucht und dort die gute Musik gefeiert. Der zweite große Unterschied zu anderen Festivals: Crowdsurfen ist erlaubt und erwünscht! Damit auch jeder mitmachen kann, sind teilweise sogar Rollstuhlfahrer samt Gefährt über die Menge getragen wurden. Das sorgte für eine besondere Stimmung und war sicher auch ein Highlight für die Surfer selber.

Auch wenn es beim Wacken 2018 statt dem üblichen Schlamm nur sengende Hitze für die Besucher gegeben hat, die Metalheads lassen sich natürlich nicht die Stimmung „verderben“. Im Gegenteil. Und wer so gar nicht auf die heilige Wacken-Erde verzichten wollte, der wälzt sich entweder einfach direkt im Staub bis das gewünschte Maß an Dreck erreicht ist oder sucht die Tonnenduschen im Dorf auf, vor denen sich trotz Hitze eine kleine Schlammkuhle gebildet hat.

Für mich als Wacken-Neuling kann ich die Stimmung am besten beschreiben mit einem Spruch auf dem T-Shirt eines Metalheads: „Wacken – endlich wieder normale Menschen“. Dieses beschauliche Dorf in Schleswig Holstein ist das Zuhause einer ziemlich einzigartigen Gemeinschaft von Feierwütigen geworden und ich kann nur sagen: Wacken, es wäre mir eine Ehre, wenn du mich nächstes Jahr wieder aufnimmst.

Danke: Alexa Weber

Skyline

Es gibt wenig, was ich noch über Skyline schreiben kann, was ich in den letzten 3 Jahren noch nicht geschrieben habe. Wie jedes Jahr eröffnet die ehemalige Band von Wacken-Organisator Thomas Jensen am Wacken-Donnerstag das Infield. Mittlerweile zum 29. Mal. Dabei haben sie jedes Jahr ein komplett neues Set einstudiert. Dieses Jahr spielen die Wacken-Urgesteine Songs von AC/DC, Ozzy Osbourne und Iron Maiden, haben aber auch erstmals Songs von Rammstein und Airbourne im Gepäck. Und wie jedes Jahr sind gute Laune und lockere Sprüche ebenso im Programm wie gut gemachter Rock, der Lust auf mehr macht.

Vince Neil

“Vince wer?” – “Der ehemalige Sänger von Mötley Crue.” – “Aah.” Ich weiß nicht mehr, wie oft ich genau diesen Dialog geführt habe. Der erste Eindruck als Vince die Bühne betritt ist “Der sieht aber nicht mehr so auf wie auf den Promo-Fotos.” Allerdings sind diese auch über 10 Jahre alt, und der gute Mann geht so langsam auf die 60 zu. Davon merkt man aber nichts, sobald er das Mikro vor dem Mund hat und das Set mit dem Mötley Crue-Klassiker “Dr. Feelgood” eröffnet. Der Mensch Vincent Neil mag gealtert sein, der Künstler Vincent Neil kann allemal mit seinem Ich von vor 30 Jahren mithalten. Begleitet von eingängigen Hardrock-Riffs schmettert der Sleeze-Rocker mit seiner unverwechselbaren Stimme einen Mötley-Crue-Hit nach dem anderen, mischt noch kurz Led Zepplin und Black Sabbath mit unter und pausiert eigentlich nur, um Ex-Billy-Idol-Gitarrist Steve Stevens Platz für seine Gitarrensoli zu lassen.

Oomph!

Vor 3 Jahren hat das Oomph!-Jubiläums-Album “XXV” in Wacken die Live-Premiere gefeiert. Seitdem sind die Industrial-Jungs aus dem Raum Wolfsburg-Braunschweig nahezu nonstop auf Tour gewesen und haben es dennoch geschafft an ihrem neuen Album zu arbeiten, dass im Januar 2019 erscheinen soll. Mit vielen bekannten Hits im Gepäck, stellen sich Dero Goi, Andreas Crap und Robert Flux in hochgeschlossenen, schwarzen Goth-Outfits bei 30 Grad in die Nachmittagssonne und spielen zu elektronischen Samples und harten Gitarrenriffs Songs wie “Gott ist ein Popstar” und “Augen auf”. Dabei ist Oomph! eine typische “Love it or leave it” Band mit einer großen Fangemeinde, aber fast genauso vielen Hatern die immer wieder gerne vor allem die finsteren Texte und die angeblich sehr eintönigen Samples und Riffs kritisieren. Dabei muss man anerkennen wenn Bands es schaffen so stark zu polarisieren, denn eine so hohe Aufmerksamkeit bei Nicht-Fans zu provozieren ist ja auch eine Kunst.

Beim Wacken 2018 haben sich die Fans vor der Louder-Bühne versammelt, die Hater sind irgendwo anders, dort wo sie nicht stören. Die viel zu warmen Bühnen-Outfits sind nach einem Song schon ausgezogen und dass der dunkle Timbre von Frontmann Dero eher in einen finsteren Bunker als in die grelle Nachmittagssonne gehört, stört die große Fangemeinde nicht. Vor der Bühne herrscht eine ausgelassene Stimmung, die Fans singen und bangen mit und die Band hat sichtlich Spaß mit ihren Fans zusammen zu feiern.

Behemoth

Auch die polnische Death Metal Kombo “Behemoth” gehört von der Stimmung eigentlich eher in die tiefen Katakomben einer alten Gruft. als auf die sonnenbeschienene Harder-Bühne von Wacken. Blass geschminkt mit schwarzen Akzenten, vor allem um die Augen und Lippen herum, hinter Mikrofonständern aus geschmiedetem Eisen die Schlangen symbolisieren, erinnert ihr Auftreten an Cradle of Filth. Musikalisch merkt man den Einfluss der frühen Death-Metal-Bands aus dem hohen Norden (Norwegen, Schweden). Schwere, kraftvolle Gitarren-Riffs gepaart mit einer beeindruckend schnellen Double-Bass-Drum, tragen den Eröffnungs-Song “Ov Fire and the Void”, dessen Lyrics von Frontmann “Nergal” so hart gegrowlt werden, dass man denkt er braucht eigentlich kein Mikro um seine Stimme über den Wacken-Acker zu tragen.

Es folgt ein Wechsel aus viel schnelleren und genau so erdrückend schweren Songs, inklusive dem Live-Debüt des neuen Songs “God = Dog”. Die Bandmitglieder spucken Blut, die Bühne spuckt Feuer und nach zwei Stunden Death-Metal weiß jeder, warum das Team von Wacken Behemoth auf die große Bühne eingeladen hat.

Hatebreed

“Destroooooy everythiiiing! Destroooy everythiiiing!” und “Hate-Breed! Hate-Breed!” Rufe eröffnen den Auftritt von Hatebreed noch bevor Jamey Jasta die Louder-Stage betritt. Die einzige Frage, die man sich vor einem Hatebreed-Auftritt stellen kann ist, “Welche Farbe wird das Bandana von Jamey heute haben?” (Antwort: rot.) Abgesehen davon weiß man schon ganz genau was passiert, wenn der Sänger auf die Bühne gesprungen kommt: Harter Metalcore, hammer-schnell wie “AD” oder “In the Walls”, durchbrochen von stampfenden Beats und Riffs wie “Remember when” sorgen dafür, dass auch im Publikum nichts fehlt: Hochgestreckte Fäuste, Wutgebrüll, Headbanging, Crowdsurfing und ein Moshpit der ein eigenes T-Shirt bekommen hat: “I survived the Hatebreed-Pit in Wacken”. Und zum Abschluss natürlich: “Destrooooy everythiiiing! Destroooooy everythiiiing!”   

Judas Priest

Februar 2018 released, August 2018 auf Wacken: “Firepower” ist das neue, mittlerweile 18. Album von Judas Priest. Mit dem gleichnamigen Song eröffnen Judas Priest ihr Headliner-Set am ersten Tag vom Wacken Open Air 2018. Die Meinungen zu „Firepower“ gehen auseinander: Die einen schwärmen, es sei das “Beste Album seit Painkiller”, andere kritisieren, dass die letzten 5 Alben letztendlich nur “Noch ein weiteres Priest Album” sind, nicht weniger, aber auch nicht viel mehr. Was bedeutet, dass es immernoch ein qualitativ sauber produziertes, sehr gutes Metal-Album ist.

Immerhin gibt es die Band schon seit 39 Jahren und vor 35 Jahren ist Frontmann Rob Halford verpflichtet wurden, der mit seinen zarten 67 Jahren mittlerweile einen ergrauten Bart hat. Das hält den “Metal God” aber nicht ab, seine unfassbare Stimm-Bandbreite von 4,5 Oktaven voll auszuspielen und seine berühmt-berüchtigten, beeindruckend hohen ”Rob Halford Screams” von sich zu geben. Doch ein Frontmann allein macht keine Band. Vor allem die teils growlende, teils jaulende Lied-Gitarre scheint mit Rob Halford im Duett zu singen. Begleitet von rollenden Drums und harten Bässen und angeheizt von der Rhythmus-Gitarre battlen sich Gesang und Gitarrensoli darum, wer die Fanherzen höher schlagen lassen kann. Und apropos Gitarre: Als Zugabe kommt Glen Tipton auf die Bühne, jener Gitarrist der seit 1974 bei der Band mitspielt und die Tour aus gesundheitlichen Gründen nicht mitmachen konnte, um die Top-Hits “Breaking the Law”, “Metal Gods” und “Living after Midnight” auf dem heiligen Acker von Wacken zu spielen. Ein einzigartiges Erlebnis und ein großartiger Abschlus für den ersten Festival-Tag.

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