Rock am Ring 2019 am Samstag – Unsere Highlights


Rock am Ring 2019 Samstag
Der 2. Tage bei Rock am Ring 2019 hatte u.a. Die Ärzte und Slayer im Programm. (Bild: stagr / Julia Langmaack)

Der Freitag am Nürburgring hat schonmal ordentlich gesessen und jede Menge Highlights präsentiert. Die Auftritte von Headliner TOOL, The Smashing Pumpkins, Slash (feat. Myles Kennedy and the Conspirators) sowie SDP und Bonez MC & RAF Camora haben die Festivalbesucher nachhaltig beeindruckt. Bis nachts um 3:00 Uhr haben sich viele der Besucher zur nächtlichen Feierei vor den Bühnen getummelt.

So herrscht am frühen Samstagmittag noch eine idyllische Ruhe auf den Campingplätzen (wenn da da nicht die Ghettoblaster hier und da wären, aus denen blechernd Musik dröhnt). Die Wellenbrecher füllen sich gemächlich. Zu sehen gibt es am Abend jedenfalls zwei große Headliner – Die Ärzte und Slayer. Natürlich stehen auch heute beeindruckende Acts auf dem Programm bei Rock am Ring 2019 Samstag, darunter Sabaton, Bring me The Horizon, Dropkick Murphys, Die Antwoord, Architects, Trivium und viele viele weitere. Als besonderes Schmankerl gibt es für die Nachteulen bis in die frühen Morgenstunden noch Programm u.a. von Erfolgs-DJ Alle Farben.

The fever 333

Erst in 2017 hat sich die Rock-Supergroup aus Los Angeles gegründet. Das Dreier-Gespann um Frontmann Jason Butler (besser bekannt durch sein Mitwirken in der Post-Hardcore Band Letlive) strotzt nur so vor Energie. Das Trio knallt dem willigen Publikum gleich in den frühen Stunden auf dem Nürburgring knirschende Gitarren, gutturale Beats und unverfroren mutige Texte entgegen. Harte Riffs treffen hier auf massive Texte und eine unverkennbare Stimme! Direkt zum Kultstatus hat es die Band binnen kurzer Zeit geschafft – nur mit ihrer in 2018 veröffentlichten EP („Made An America“) und einigen durchgeknallten Liveshows. Ideologisch besetzt die Band eine Lücke, die seit Rage Against The Machine niemand wirklich schließen konnte – zumindest nicht auf einem Level, das Aggressivität dermaßen gekonnt mit Mainstream-Appeal vereint. Und so verwandelt sich das Infield sich binnen kurzer Zeit in ein tosendes Tollhaus, immer angestachelt von Jason Butler. Dieser mit Wut geladenen, politisch aufrührenden Rockband kann man sich nicht entziehen. Ihre revolutionäre Mischung aus Hip-Hop, Punk und Aktivismus ist absolut ansteckend.

i prevail

Das Quartett I Prevail bietet auf der Crater Stage volle Ladung Pop, Post-Hardcore, Modern Metal und Hip-Hop in perfekter Mischung. Die Band hat in den letzten Jahren einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Vor allem auf ihren sozialen Medien zeigen sie deutlich, dass sie sich nicht vor etablierteren Bands verstecken müssen – im Gegenteil. Ihr wilder Sound besteht aus ebenso brettharten Momenten mit Screams und Growls, wie auch aus Pop-beeinflussten Mitsing-Refrains.

Seiler und Speer

Mit ihrem Debütalbum „ham kummst“ und der dazugehörigen Tournee haben Seiler und Speer einen fantastischen Start hingelegt. Auf der Volcano Stage heißt das gut Laune und handgemachte Musik. Diese Band ist ehrlich – vor allem live. Kein Playback, keine Zeltfest-Hüttengaudi-V.I.P.-Opening-Kasperln und mit zwei grandiosen Künstlern an der Front: Hinter Seiler und Speer stehen Komiker und Schauspieler Christopher Seiler sowie Filmemacher und Musiker Bernhard Speer.

starset

Starset sind ein komplexes Musik-Konzept, an der Front steht Dustin Bates, der dafür gesorgt hat, dass die Gruppe sich innerhalb von wenigen Jahren ihre eigene dystopische Welt geschaffen hat. Mit über 300 Shows haben Bates und seine mit Helmen und Druckanzügen ausgestattete Crew (Bassist Ron DeChant, Gitarrist Brock Richards und Schlagzeuger Adam Gilbert) auf Touren mit Bands wie Breaking Benjamin und In This Moment einen Namen gemacht. Auf der Crater Stage am Nachmittag erfreut sich das Publikum an der gekonnt gemischten Rock- und Elektronicmusic-Mischung

Trivium

Die US-Metalcore-Legenden-Anwärter Trivium haben sich auf dem Weg nach Europa gemacht, um bei Rock am Ring 2019 am Samstag (bei RIP sind sie schon am Freitag aufgetreten) ein paar Riffs auszuteilen. Ab dem Moment, als Frontmann Matthew Heafy und seine drei Bandkollegen die Bühne vereinnahmen, sind die Metal-Fäuste und Gabeln bei jeder Gelegenheit in der Luft – das Publikum hat Bock. Da wird gepost, mit den Fans geschäkert, fleißig die Haarpracht geschüttelt und vor allem mit schnellen Fingern das Saiteninstrument gekitzelt. Aus der gesamten Band-Diskografie präsentieren die Jungs aus Florida eine gekonnt gewählte Mischung aus allen zurückliegenden Alben. Trivium präsentieren alles, was Metal so zu bieten hat: Hohe Geschwindigkeit, Härte, Melodie, Emotionen und technisches Können. Dabei ist die Interaktion zwischen Band und Zuschauern richtig intim. Der Blickkontakt beider ist intensiv und hemmungslos. Beide Parteien schreien sich an und genießen die gemeinsamen Momente, vollgepackt mit Emotionen.

Feine Sahne Fischfilet

Aus Mecklenburg Vorpommern kommt Deutschlands Punkband Nummer 1. Unüberhörbar dröhnt ihr Punksound. Die Band engagiert sich gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus und all das sind auch Themen ihrer Musik. Seit ihrem umstrittenen Auftritt im Münchner Z-Bau sind sie deutschlandweit bekannt geworden und wandern jetzt neben eigenen Headliner-Touren auch über den deutschen Festivaljahrmarkt. Ja, ihre Texte sind mehr als politisch angehaucht und auch in den Pausen zwischen den Songs findet Sänger Monchi direkte Worte, was er beispielsweise von Nazis hält. Beim Auftritt der Punker wird auf der Bühne und davor eine gewaltige Party gefeiert, bei der niemand trocken bleibt. Schweiß- und Biergeruch erfüllt die Luft und Bassist Kai surft im Bananaboot über die Crowd. 

THREE DAYS GRACE

Zeit für die Post-Grunge-Band Three Days Grace aus Kanada. im Jahr 2003 weltweit den Durchbruch mit ihrer Hit-Single „I hate everything about you“. Damals war Adam Gontier noch die Stimme der Band und viele Lieder wurden von ihm geschrieben. Seit seinem Ausstieg 2013 ist Matt Walst, Bruder von Bassisten Brad und Sänger der Band „My Darkest Days“, am Mikrofon. Mittlerweile hat sich die Fangemeinde daran gewöhnt und so zeigt sich auch am Nürburgring, dass eine große Traube von Anhängern vor der Crater Stage auf ihre Lieblingsband wartet. Jedes Bandmitglied wird beim Betreten der Bühne energisch begrüßt und dann gibt es kein Halten mehr. Vor der Bühne bildet sich ein großer Moshpit, den Sänger Matt Walst immer wieder weiter anstachelt. Auf der Bühne zeigt sich neben dem Frontmann vor allem Bassist Brad Walst äußerst energiegeladen. Gitarrist Barry Stock hält sich lieber etwas im Hintergrund, glänzt aber durch seine hervorragenden Gitarrenriffs. Dani Rosenoer unterstützt die Band live am Keyboard und beweist sich im Duett mit Schlagzeuger Neil Sanderson. Der legt im Anschluss ein grandioses Schlagzeug-Solo hin, das mit beachtlichem Applaus gezollt wird. Die Live-Setlist bietet eine ausgewogene Mischung aus bekannten Songs, die immer wieder für Begeisterungsstürme sorgen. Die Energie auf der Bühne ist greifbar und auch das Publikum ist ganz bei der Sache und genießt die gelungene Show.

dropkick murphys

Die irisch-amerikanische Folk-Punk-Band Dropkick Murphys lädt am Abend auf der Volcano Stage zu einer rauschenden Party ein. Das Sextett nimmt die Festivalbesucher mit auf eine Reise durch den großartigen Dropkick Murphys-Katalog. Die Band aus Boston zeigt sich von ihrer besten, musikalisch-handwerklichen Seite. Die Punkrocker schütteln unzählige Hits aus ihren Ärmeln. Dabei befinden sich auch einige Klassiker, durch die sicher einige erst zur richtigen Fangemeinde hinzukamen. Als vor Jahren ein „Dropkick Murphys-Track Pack“ für Guitar Hero 3 auf Xbox-360 und Playstation erschienen ist, haben diesen Song jede Menge Leute hoch- und runtergespielt. Auf der Bühnen präsentiert das Gespann ihren gewohnt-geliebten, irisch angehauchter Straßenpunk der alten Schule. Für die Zuschauer bedeutet das Song für Song intensive Attacken, die einem keine Verschnaufpause lassen. Frontmann Al Barr und seine Bandkollegen stehen dabei für echt rotzig-räudigen Punk, der nur eines auf Publikumsseite zulässt: pogen und mitgröhlen. Hier treffen (punk-)rockige Geschichtenerzähler und auf wilde Partylöwen. Das ruppige Organ Barrs‘ ist unverkennbar und verleiht ihren Texten eine Glaubwürdigkeit, die man bei den meisten „alternativen“ Punkbands nur noch vergeblich sucht. Diesem räudigen Charme man sich nur schwer entziehen.

ARCHITECTS

Im Februar sind die Architects zuletzt konzertseitig in Deutschland gewesen, um mit dem neusten Album „Holy Hell“ die größte Tour seit Bandbestehen zu feiern. Spätestens mit dem neuesten Album sollte das jedem klar sein, auch wenn es nicht immer einfach für die Band war. Entsprechend werden sie vom Publikum ab der ersten Sekunde gefeiert. Ist es auch nur wenige Sekunden zwischen den Songs ruhig, werden diese durch laute „Architects“-Rufe gefüllt. Das Publikum ist mit Leib und Seele bei der Band. Das Lie-Set ist gleichmäßig geprägt von allen Architects-Alben. Überschattet vom Tod von Gründungsmitglied Tom Searle, thematisieren ihre neueren Werke Systemkritik an Umwelt und Politik und verkörpern dabei eine unglaubliche Wut, die selbst Hardcore- und Metalcore-Alben nur selten erreichen. Sänger Samuel David Carter formt diese Wut wortwörtlich in seiner unglaublichen Stimme. Mit harten Growls, die zwischen seinen melodischen Gesängen im Kontrast noch härter und aggressiver wirken, wirft er der Welt und den Besuchern seine ganze Energie entgegen.

bring me the horizon

Endlich ist wieder ein Tonträger der Band aus Sheffield auf dem Markt. Mit „Amo“ (VÖ 1-2019) haben Bring Me The Horizon (BMTH) ein Werk abgeliefert, dass kreativ, verrückt, energievoll und vor allem ungezwungen ist. Erfrischend ist vor allem ihre musikalische Entwicklung mit gewohnt gutem Songwriting. Auch wenn die Fans geteilter Meinung sind. BMTM  fügen sich nicht in ein Schicksal, bei dem sie immer wieder nur die gleichen abgedroschenen Riffs abliefern würden. Beim Auftritt am Samstagabend auf der Hauptbühne zeigt sicher keinerlei Zwiespalt in der Fangemeinde. Vor der Bühne ist es rappelvoll. Auch wenn das wohl kontroverseste Album der Band musikalisch die Setlist dominiert. Alle warten auf Oli Sykes und seine Mannen. Begeisterte Mädels stacheln sich gegenseitig zu neuen Kreisch-Höhen an, während sich die Mitte des Infields direkt in einen großen Moshpit verwandelt, der sich während der gesamten Show fast durchgehend hält. Band und Publikum gehen in der Musik völlig auf, die in perfekter Mischung die gesamte Diskografie von Bring Me the Horizon umfasst. Im Großen und Ganzen gibt es von der Band natürlich den allseits geliebten Metalcore, bei den neueren Songs ist es eben einfach mehr Experimentierfreudigkeit. Live funktionieren BTMH mit all ihren Songs sehr gut und stacheln die Festivalbesucher zu ausgelassener Stimmung an. Für das Rock am Ring-Publikum und uns bleiben BMTH die Kings der aktuellen, alternativen Musiklandschaft.

die ärzte

Sie sind wieder da, Bela, Farin und Rod! Und nicht nur wir haben die drei Herren aus Berlin schmerzlich vermisst. Dass das Punkrock-Trio es noch drauf hat, ist eigentlich keine Frage – dennoch zeigen sie bei ihrem ersten Deutschlandauftritt nach sechs Jahren, sie haben es noch immer drauf! Die zwei neuen Songs „Abschied“ und „Rückkehr“ haben es in sich und versprechen große Vorfreude auf ein baldiges, neues Album. Hoffentlich! Neben den zwei exquisiten Deutschland-Auftritten Rock am Ring und Rock im Park, gibt es lediglich noch je eine Liveshow beim Nova Rock in Österreich und eine beim Open Air St. Gallen in der Schweiz. Ansonsten sind Bela-Farin-Rod gerade erst auf Tour durchs Umland gereist, mit insgesamt 10 Shows.

Die (selbsternannte) beste Band der Welt wird vor der Hauptbühne vom proppenvollen Field empfangen. Die Massen sind hysterisch und sowas von bereit für die meist erwartete Bühnen-Rückkehr der letzten Jahre. Und dann endlich die Erlösung, gealtert aber in Topform präsentieren sie sich. Fast zwei Stunden lang liefern Die Ärzte ihren gewohnt-geliebten Humor, kritisch bis überspitzt und dazu die allseits bekannten, eingängigen Melodien, die sofort bis tief in den willigen Gehörgang kriechen. Das hier IST ein Bäst of der Ärzte! Gespielt werden die fabelhaftesten der bekannten Ärzte-Hymnen (z.B. „1/2 Lovesong“, „Westerland“, „Schunder-Song“, „Deine Schuld“, „Zu spät, „Unrockbar“,) und noch jede Menge feines Beiwerk. Das ist die Medizin, nach denen all die Ärzte-Fan-Herzen verlangen.

Das Konzert wird dank Ton-, Licht- und Gesamterlebnis zum Wunderwerk von guter Laune. Die nie enden wollende Experimentierfreudigkeit der Ärzte während 37 Jahren Bandgeschichte wird mehr als deutlich. Auf die Frage, die sich viele Fans heute vielleicht gestellt haben „Ist das noch Punkrock?“ antworten wir ganz eindeutig mit JA.

slayer

Heute gibt es einen ungewollten Abschied. Nicht vom Festival natürlich, sondern von einer Band, die sich nach 37 Jahren von der Bühne zurückzieht. Damit meinen wir die kalifornischen Urgesteine Slayer! Mit den vier anderen Wegbereitern des Genres, gehören sie zu den „Big Four“ – das sind Metallica, Megadeth und Anthrax. Und nun wollen Tom Araya (Gesang/Bass), Kerry King (Gitarre), Paul Bostaph (Drums) und Gary Holt (Gitarre) verdient mit einem ordentlichen Wumms abtreten. Dafür tun die Metal-Giganten am Samstagabend das, was Sie am Besten können: Sie knallen den nur allzu willigen Besuchern noch ein letztes Mal ihren Todes-Thrash um die Ohren.

Hier gibt es die wohl beste Dröhnung des ganzen Rock am Ring 2019 Samstags. Die Base erschüttert sofort jeden Brustkorb. Gänsehaut vom ersten Ton an. Die Drums sind schnell, die Gitarren-Soli noch schneller, Tom Arraya schreit die „kontroversen“ Slayer-Texte nur so über das Infield und Kerry King bangt so hart, dass man sich wundert, dass sein Glatzkopf nicht abfliegt. Da holt die Vergangenheit viele Besucher ein und sie fühlen sich 25 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Liegt natürlich vor allem daran, dass sich Slayer bei ihrem gut gewählten Live-Set auf ihre allseits bekannten Klassiker stützen, die in absoluter Reinkultur gespielt werden.