Open Flair 2019 – Von Mittwoch bis Freitag


Open Flair Festival 2019
Vom 7. bis 11. August 2019 feierte das Open Flair Festival sein 35. Jubiläum in Eschwege. (Bild: stagr / Annekathrin Linge)

Ich könnte diesen Bericht über das Open Flair Festival 2019 ähnlich wie die letzten Berichte über das Open Air-Event beginnen: dass es in Eschwege, inmitten der hessischen Kleinstadt stattfindet und und und. Nein, dieses Jahr möchte ich direkt am Anfang einfach sagen: Happy 35th Birthday, Lieblingsfestival! Vielleicht verstehen wir uns so gut, weil wir vom Alter her nicht so weit auseinander liegen. Vielleicht bin ich aber auch einfach immer wieder gern bei dir, weil du es mir so leicht machst, dich zu mögen.

Jedes Jahr schaffen es die Macher des Open Flair, sowohl große nationale und internationale Acts zu buchen als dann auch wieder kleinen, unbekannten Bands und Künstlern eine Bühne zu geben. Überraschungen hinsichtlich Musik und Performance gibt es immer.

Mittwoch

Aber es gibt auch Bands, die scheinen fast Pflichtprogramm zu sein, wie z. B. Das Pack, die direkt als zweite Band des diesjährigen Festivals auf der Seebühne spielten. Wie bereits die letzten Jahre öffnete das Hauptgelände am Werdchen erst am Freitag seine Tore. Pensen Paletti und Flozze von Das Pack animierten das Publikum direkt zum Mitsingen und Klatschen. Da ließen sich die Fans nicht zweimal bitten. Schon jetzt herrschte gute Stimmung.

Direkt im Anschluss spielte ein erstes internationales Highlight mit The Subways. „You are the sun, you are the only one. Be mine, be mine like a Rock’n’Roll Queen“. Na, wer hat jetzt direkt einen Ohrwurm? Aber es wäre schade, die Band auf nur diesen einen Song zu reduzieren, auch wenn es ihr bisher erfolgreichster Hit ist. Die drei Briten lieferten eine richtig gute Show ab. Das war sympathisch, voller Energie und hat einfach nur Spaß gemacht.

Als die Alex Mofa Gang die Bühne betrat, konnte sie direkt das tanzende Publikum übernehmen. Sänger Sascha Hörold setzte sich mitten in den Kreis seiner Fans und surfte später auf einem Brett erst ein wenig über die Köpfe ehe er sich voll ins Geschehen stürzte zum Crowdsurfen. Neben ihm ein Rolli-Fahrer. Ja, die Band aus Berlin hatte Bock. Sascha sagte einmal in einem Interview “Die Konzerte sind das, wofür wir die Musik machen.” Da kann ich nur sagen: Jungs, macht weiter so. Das funktioniert gut!

Den persönlichen Abschluss des Tages bildeten für uns die Österreicher Russkaja. Polka-Beats gepaart mit Rock und folkloristischen Klängen begeisterten das Publikum. Ein gelungener erster Tag am Werratalsee neigte sich somit dem Ende.

Donnerstag

Und auch der Donnerstag zeigte ein extrem feierfreudiges Publikum und Bands, die sichtbar Lust darauf hatten, hier zu spielen. Da waren beispielsweise Shame aus England. Rotzig und rockig. Bei dem Bassisten Josh Finerty fragte man sich, wie er die Show überhaupt durchsteht: er flitzte permanent von links nach rechts und zurück und sprang, was das Zeug hielt. Und auch hier gönnte sich Sänger Charlie Steen ein Bad in der Menge. Ganz im Gegensatz zum agilen Shame-Bassisten passierte bei The Intersphere in dieser Hinsicht nicht so viel auf der Bühne, aber der volle, gute Sound animierte dennoch das Publikum zum Abgehen.

Das Debüt-Album „Cheeky Heart“ von City Kids Feel The Beat hat lange auf sich warten lassen. Die Platte ist erst im Oktober 2018 erschienen, aber die Ulmer Band gibt es bereits seit 2011. Sie traten bisher mit u.a. Anti Flag, Zebrahead oder auch den Deez Nuts auf. Recht erfolgreich war ihre Coverversion des Lady Gaga Hits “Applause”. Das durfte natürlich gegen Ende des Auftritts nicht fehlen. Der Berliner Rapper Megaloh stach im Anschluss musikalisch etwas hervor. Seit mehr als 20 Jahren ist er allerdings schon in der Rap-Szene aktiv und bekannt und so verwunderte es nicht, dass er auch das Eschweger Publikum im Griff hatte.

Ganz klarer Headliner des Abends waren die Donots. Und dieser Aufgabe wurden sie mehr als gerecht. Niemand hätte wohl auch etwas anderes erwartet. Die fünfköpfige Band aus Ibbenbüren feiert in diesem Jahr ihr 25-Jähriges Jubiläum. Ihre Hits, eigentlich egal, ob in Deutsch oder Englisch, kennen viele der Anwesenden und man muss nicht mal ein Album zu Hause haben, um hier und da lauthals mitsingen zu können. Die Donots überzeugen. Immer wieder. So auch an diesem Abend. Und so versammelten sich gefühlt alle Festivalbesucher des Wochenendes vor der Seebühne und feierten mit den Donots. Spätestens jetzt wurden die Tanzschuhe ausgepackt. Ingo Donot ging so weit und schuf den Begriff der „Eschweger Peitsche“: 20.000 Menschen hauen sich friedlich gegenseitig auf die Fresse gegen Nazis. Gibt es eigentlich mittlerweile einen Wikipedia-Eintrag dazu, wie ihn Ingo gefordert hat?

Freitag

Am Freitag wurde traditionell das Hauptgelände am Werdchen eröffnet. Nachdem Spit direkt die große Radio Bob-Bühne bespielten, eroberten die Franzosen von Ze Gran Zeft, deren Name zum Schmunzeln verleitet, die Freibühne. Sie zeigten sich exzentrisch und brachten mit ihrem Alternative Crunk Rock – wie sie es selbst nennen – das Publikum in Bewegung.

Nachdem im Dezember 2016 der frühere Sänger Austin Carlile von Of Mice And Men aus gesundheitlichen Gründen leider seine Karriere beenden musste, war sicher erst einmal unklar, wie es wirklich weitergeht mit der Band. Doch ein neuer Frontmann wurde mit Aaron Pauley gefunden. Harte Töne peitschten über das Werdchen, es bildeten sich Circlepits.

“Kafvka” überzeugten bereits 2016 das Publikum des Open Flair. Bereits damals konnten sie sicher neue Fans dazu gewinnen und so wunderte es nicht, dass beim diesjährigen Auftritt beste Stimmung herrschte. Makabar eröffneten währenddessen das Gelände an der Seebühne an diesem dritten Tag, gefolgt von Deaf Havana. Leider war das Areal am Werratalsee nicht so gut besucht, aber die Fans, die da waren, feierten die Band. Ein kurzer Sprint führte mich zurück zum Hauptgelände am Werdchen, um die Show von Nothing But Thieves zu sehen. Die Briten veröffentlichten 2015 ihr Debütalbum und machten durch Songs wie „Amsterdam“ Lust auf einen Live-Einblick. Das Publikum wurde nicht enttäuscht.

„Madsen“ gehören auch zu den Dauergästen auf dem Open Flair. Ursprünglich waren sie allerdings gar nicht geplant für dieses Jahr, aber als Good Charlotte aufgrund eines Todesfalls in der Familie ihre gesamten Auftritte abgesagt hatten, darunter auch den in Eschwege, war man froh, mit Madsen noch einen so guten „Ersatz“ gefunden zu haben. Und auch Madsen selbst haben sich sehr über die Einladung gefreut. Zu Ehren von Good Charlotte gab es einen Coversong und auch „Basket Case“ von Green Day wurde zum Besten gegeben.

Und dann kam einer dieser Momente, die man auf einem Festival vermeiden möchte: die Überschneidung zweier Bands, die man eigentlich beide unbedingt sehen will. So geschehen dieses Jahr mit den Stuttgarter Kult-Hip Hoppern Die Fantastischen Vier und der kalifornischen Punkrock-Band Zebrahead. Hier hat sich mein Fan-Herz zugunsten der Kalifornier entschieden. Die ersten paar Minuten der Fanta 4 konnte ich dennoch kurz genießen und ein wenig zu beispielsweise „Was Geht“ mit dem Kopf nicken. Ja, die Klassiker gehen immer.

Dann hieß es: schnell zur Seebühne, denn dort fingen gerade Zebrahead mit ihrer Show an. Die Kalifornier nehmen sich selbst überhaupt nicht ernst auf der Bühne, sie blödeln herum. Im Gegensatz zu den bisherigen Konzerten auf der Seebühne an diesem verregneten Freitag war der Platz zum ersten Mal richtig gut gefüllt. Zebrahead sind Garanten für gute Laune. Ein Konzert ohne ihre Einlage von “drink drink my germans” ist fast nicht mehr vorstellbar. Auch der obligatorische Ritt auf dem Schlauchboot über die Menge durfte nicht fehlen. Und der Regen? Der wurde einfach weggetanzt.

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