Donnerstag bis Samstag beim Reeperbahn Festival 2023: Die Zukunft wird laut!


Reeperbahn Festival 2023
Das Hamburger Reeperbahn Festival ging vom 20. bis 23. September 2023. (Bild: Axel Schilling)

Das 18. Reeperbahnfestival ist vorbei und damit beginnt endlich wieder die Vorfreude auf die nächsten Mega-Konzerte auf dem Kiez in Hamburg – auf das Reeperbahn Festival 2024. Denn eines ist sicher: Das Festival ist immer noch eines der ganz besonderen Musik-Events der Welt. Wo sonst kann man (theoretisch) rund 475 Konzerte von gut 400 Künstlern in den vielleicht geschichtsträchtigsten Clubs Europas erleben?

Aber wer tatsächlich alle Konzerte sehen wollte, hätte sich vorher mehrfach klonen müssen. Zudem gab es wirklich krasse Geheimkonzerte. K.I.Z aus Berlin haben über Nacht einen dreiteiligen Bühnenturm aufgebaut und am Freitagabend tausende Fans mit ihrer einmaligen, ungewöhnlichen Show überrascht.

Ich war zu der Zeit am anderen Ende der Reeperbahn und habe nichts davon mitbekommen. Na super. Ehrlich gesagt war ich aber verwundert, dass bei Antje Schomaker in der Großen Freiheit 36 verhältnismäßig wenig los war. Sicher hat der Flurfunk aller anderen so gut funktioniert, dass die Masse der Besucher zu K.I.Z. gepilgert sind. Am Abend zuvor trat Paula Hartmann als Surprise-Act auf protzigen SUVs auf.

Am Ende war es wie immer: Man musste sich treiben lassen und nehmen, was kommt – oder halt genau planen, was man sehen wollte. Ich habe mich eher treiben lassen und meine Aufmerksamkeit besonders dem Nachwuchs geschenkt. Denn darum geht es schließlich beim Reeperbahn Festival, oder? Sollte es zumindest. Die meiste Aufmerksamkeit bekommen am Ende aber doch die altbekannten Stars.

Auf dem Weg zum Star sind vor allem die für den Anchor Award nominierten Newcomer:innen. Die japanische Künstlerin Ichiko Aoba gewann am Ende die begehrte Auszeichnung und erhielt Tour-Equipment im Wert von 20.000 Euro. Ihre minimalistische Darbietung und ruhige Musik setzten sich gegen internationale Konkurrenz durch. Weitere Nominierte waren unter anderem Berq, Daisy the Great, Hannes, Paris Paloma und Waterbaby.

Ich habe es natürlich allen nominierten Künstler:innen gegönnt und nehme euch jetzt chronologisch mit auf meinen krassen, entspannten, lässigen, verrückten und manchmal auch langweiligen Trip über den Festival-Kiez:

SOMEONE IM MOLOTOW BACKYARD
Um mich aufzuwärmen, begab ich mich ins Molotow. Hier wurden drei Bühnen und der Backyard nahezu nonstop bespielt. Mit entspanntem Dream-Pop und Songwriter-Folk von Tessa Rose Jackson, besser bekannt als Someone, startete für mich das Festival in entspannter Atmosphäre.

BABY’S BERSERK IM MOLOTOW CLUB
Die Reise führte mich weiter in den Molotow Club, wo die niederländische Band Baby’s Berserk auftrat. Ihre Mischung aus tanzbarer Clubmusik und Live-Performance füllte schon am Nachmittag den gesamten Saal.

PAULA PAULA IM HÄKKEN
Im Häkken, einer kleinen und modernen Location am Spielbudenplatz, gab es ebenfalls kaum noch Platz für weitere Gäste. Marlène Colle und ihre Band Paula Paula präsentierten Songs von ihrem Debütalbum „schade kaputt“ und verbreiteten gute Laune unter dem internationalen Publikum.

FEATURETTE IM BAHNHOF PAULI
Endlich wurde ich richtig wach! Einen Schritt weiter, im Bahnhof Pauli, lieferte das Trio Featurette ihren schillernden Electropop. Es war Action pur! Front-Frau Lexie Jay gab alles, sowohl auf als auch vor der Bühne.

SENTA IM INDRA
Ein anderer Club, eine ganz andere Art von Musik. Im Indra trat Senta auf. Sie ist ein experimentierfreudiges Multitalent, das sich immer wieder neu erfindet, sei es auf der Bühne bei Star Search, in großen Musiktheater-Engagements oder als Teil der Band Oonagh. Dabei entwickelt sie kontinuierlich ihren eigenen, vielseitigen Sound. Sie wirkte sympathisch, nahbar und motivierend auf das Publikum.

ANDRINA BOLLINGER IM KAISERKELLER
Nebenan im Kaiserkeller schaute ich kurz bei Andrina Bollinger vorbei. Sie ist eine vielseitige schweizerische Künstlerin, die aus einem breiten musikalischen Spektrum schöpft, von Klassik und Jazz bis hin zu Folk und Pop.

WILHELMINE IM INDRA
Zurück im Indra (Spoiler: nicht zum letzten Mal). Wilhelmine, eine aufstrebende Nachwuchskünstlerin aus Berlin-Kreuzberg, betrat die Bühne und überzeugte mit ihrer eindrucksvollen Musik, die Empowerment-Pop, Eingängigkeit und Poesie vereint.

NIEVE ELLA IM MOLOTOW CLUB
Ein kurzer Abstecher zurück ins Molotow. Nieve Ella stand aufgeregt neben mir, bevor sie die Bühne betrat. Sie hatte die Performance und ihre Fans von Anfang an im Griff.

ASBEST IM KAISERKELLER
Wieder zurück im Kaiserkeller. Es ging hin und her auf der Großen Freiheit. Wirklich praktisch, dass hier so viele Locations direkt nebeneinander lagen. Asbest spielte ihren verzerrten Post-Punk mit großer Leidenschaft. Wenn ich mich nicht täusche, war sogar Bassistin Judith Breitlinger während des Auftritts schwanger auf der Bühne. Wenn das tatsächlich so war, wünsche ich ihr alles Gute und freue mich, dass die musikalische Früherziehung so intensiv betrieben wird. Falls ich mich irre, entschuldige ich mich natürlich.

ANTJE SCHOMAKER IN GROSSE FREIHEIT
In der Großen Freiheit 36 trat schließlich eine bereits bekannte Künstlerin auf: Antje Schomaker. Selbstbewusst, verspielt und professionell präsentierte sie unter anderem ihre neue Single „Lost Indieboy“. Leider vor weniger Fans als ich erwartet hatte. Hat der Secret-Act K.I.Z. ihr die Aufmerksamkeit gestohlen?

CLOUDY JUNE IM INDRA
Und wieder landete ich im Indra. Cloudy June hatte am Abend zuvor bereits ein Konzert gegeben und sich ernsthaft verletzt. Das hielt die starke Sängerin jedoch nicht davon ab, erneut vor begeisterten Fans zu stehen. Oder saß sie? Selbstbewusst und unterhaltsam performte sie das ganze Konzert auf einem Barhocker.

MISCHGEWEBE IM KAISERKELLER
Im Kaiserkeller wurde ich erneut überrascht. Das Duo Mischgewebe zog mich mit ihrem sphärischen Trip-Hop in den Bann.

WATERBABY IM GRÜNSPAN
Mein Finale am Donnerstagabend war die für den Anchor Award nominierte Sängerin Waterbaby aus Stockholm. Leider konnte sie die Auszeichnung nicht gewinnen. Möglicherweise war die Jury ein wenig von ihr gelangweilt.