Mittwoch beim Roskilde Festival 2016: Willkommen Orange Feeling


Roskilde Festival 2016

Das freundliche Abschiedswinken und Lächeln der Volunteers verursacht jedes Jahr das vertraute, mulmige Gefühl beim Verlassen des Camps. Ab jetzt wieder 360 Tage rückwärts zählen. Post-Roskilde-Depression… Wieder haben es 30.000 Freiwillige und 100.000 Festivalbesucher geschafft den Spirit des Festivals, das Orange Feeling gemeinsam zu gestalten und zu erleben. Wie eine Fata Morgana pulsiert plötzlich – und nur für eine Woche auf ein paar Wiesen am Stadtrand von Roskilde – die viertgrößte Stadt Dänemarks, mit einer der angeblich weltweit höchsten Einwohnerdichten und der ganz sicher weltweit höchsten Glücksgefühlsdichte.

Für Mitteleuropäer fast schon verblüffend ist die offensive dänische Freundlichkeit. Es wird kaum abgewartet bis jemand um einen Gefallen bittet, sondern vorausschauend geholfen. „Share what you have without expecting to get anything“ in return oder das allgegenwärtige „take care of each other“ funktionieren durchweg. Trotz einer hohen Partydichte und konsequenter Feierbereitschaft bleibt alles entspannt und etwas gemütlich, auf dänisch hyygelig also.

Wie gewohnt laufen die größeren Konzerte auf sechs Bühnen. Die Hauptbühne, die Orange Stage erwarben die Organisatoren von den Rolling Stones nach ihrer 1978er Europatournee. Sie ist die einzige Open Air Bühne. Ihre charakteristischen Bögen bilden seitdem das Festivallogo. Die Geschichte des Festivals ist noch älter. 1971, inspiriert von Festivals wie Woodstock, Newport oder Isle Of Wight, startete ein Musikagent aus Kopenhagen dieses dänische Event. Es ist damit also nicht nur eines der größten sondern auch eines der ältesten Musikfestivals in Europa und durch seine bis heute nichtkommerzielle Ausrichtung wahrscheinlich am dichtesten am Geist des Woodstockfestivals 1969.

In den letzten beiden Jahren haben wir das Odeon noch sehr vermisst. Doch das hierfür neu konzipierte Avalon wurde 2016 so liebevoll und aufwändig dekoriert, dass wir uns ab nun damit gut arrangieren können.

Bring Me The Horizon haben es ohne Probleme geschafft, eine Choreo nach der anderen in der Front Pit zu starten. Death Cirles, Mosh Pits und Walls of Deaths folgten aufeinander. So blieb in der Arena keine Zeit für eine akrobatische Klettertour des Gitarristen, wie 2011 im kleineren Odeon.

Bildergalerie: BRING ME THE HORIZON

Da Bring Me The Horizon in der Arena zeitgleich mit Frank Carter & The Rattlesnakes im Avalon auftraten haben wir das Konzert leider verpasst. Dänische Fans berichten jedoch von einem der besten Konzerte des Festivals. High Fucking Energy! schrieb die Orange Press (die täglich erscheinende Festivalzeitung) am Tag danach. Die jüngste Künstlerin (19) des Festivals, Aurora, sang im Pavilion ihre sphärisch-melancholischen Poeme auf epischen Popteppichen. Sehr intime und begeisternde norwegische Stimmungsbilder. Sie wird in zwei Jahren sicher auf einer der größeren Bühnen stehen.

Bildergalerie: AURORA

Beim Weg über das Gelände fallen uns die wunderbaren, qualitativ wirklich hochwertigen Graffitis auf. Wir unterhalten uns mit Roy Schreuder. Der junge Holländer ist einer von 130 Graffiti-Künstlern aus aller Welt, der vor dem Festival die Graffitizone des Festivals mitgestaltet hat. Sein Bild an der Stirnseite des Food Court zeigt zwei Elstern, die sich um eine Perlenkette streiten. Das ist seine Metapher auf das diesjährige Thema „Überschuss und Konsum“. Mehr  von Roy unter: http://graffitiplatformleeuwarden.com

Graffitti-Künstler ROY SCHEUDER

Roskilde Festival 2016

ROSKILDE FESTIVAL 2016: Graffitti-Galerie

Da wir bei den Red Hot Chili Peppers gerne in die Pit der Orange Stage wollten haben wir uns nach Aurora direkt brav in die wartende Schlange gesetzt. Das sieht immer total hoffnungslos aus. Es ist aber unglaublich wie viele Leute dort in die Pits passen. Zwei Stunden später und einige Festival-Tipps der neben uns sitzenden Norweger reicher standen wir tatsächlich in der Front Pit. Wir hatten vorher noch schön Texte gelernt und konnten bei den Klassikern mit den unglaublich textsicheren Skandinaviern fast mithalten. Die Stimmung und Action in der Pit war komplett aufgedreht. Wir waren am Donnerstag ziemlich überrascht, als das Konzert in der Orange Press und auch später in vielen skandinavischen Berichten ziemlich verrissen wurde. Da war die Rede von lieblos heruntergespielten Songs. Wir haben das anders erlebt. Anyway…

Sleep, die US Stoner Doom Band, war dann ein schöner Ausstieg aus dem ersten Festivaltag. Slow’n heavy, viel Nebel und zu wenig Licht für gute Fotos im Avalon. Die neue Dekoration glomm schaurig durch laut wiederkehrende harte Riffs.

Bildergalerie: RED HOT CHILI PEPPERS

Hier geht es zu den Berichten:
Donnerstag und Freitag beim Roskilde Festival 2016