Das Wetter bleibt wechselhaft und so scheint es, als wenn auch der Himmel mit dem heranschleichenden Roskilde-Abschiedsblues zu kämpfen hat. Viele Festivalbesucher reisen ab, die Camps sehen zum großen Teil katastrophal aus. Wind und Regen haben sie zu einem unwirtlichen Ort gemacht. Die Volunteers, die mit der Müllsammlung/-sortierung betraut sind, leisten ganze Arbeit.
Musikalisch ist für uns der Beginn des Tages symptomatisch für die enorme Bandbreite der Vielfalt für die das Roskilde Festival berühmt ist. Dean Johnson verwandelt die stickige, halbdunkle Gloria Stage mit seinen Alternative Country-Balladen athmosphärisch in einen Saloon. Funfact: Er hat selbst lange als Barkeeper gearbeitet um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Y-Bayani & Baby Naa aus Ghana spielen bei Sonnenschein groovigen Reggae auf der EOS Stage und lassen den Matsch auf dem Gelände kurzzeitig in einem Hauch von Sommervibes vergessen. Völliger Stilwechsel dann auf der Gaia Stage mit englischen Folk Songs vom Shovel Dance Collective. Das Kollektive bietet textlich von klassischen Protestsongs der Arbeiterbewegung bis zu Themen der queeren Gegenkultur eine wenig nostalgische Folkvariante.
Dina Ögun aus Schweden beweist wie so viele Künstler aus ihrer Heimat: Popmusik ist einfach eine großartige schwedische Exportmarke. Die Beschreibung der Booker trifft es perfekt: „A true oasis of pop music and summer vibes with hints of bossa, psych and jazz.“
Die equadorianische Gruppe Humazapas vermitteln mit Tanz, Musik und magischen Ritualen auf der Gaia Stage einen Eindruck der Traditionen der Kichwa aus Peru.
Die Band English Teacher aus Leeds/UK gibt uns auf der Gloria Stage selbstverständlich keine langweilige Englischlektion. Ihre erste EP erschien 2022 und sie sorgten für einen ziemlichen Hype bei der Glastonbury Emerging Talent Competition. Ihr lyrischer Art Rock gefällt in der rappelvollen Halle.
Noch 3 Acts trennen uns vom unvermeidbaren Ende des diesjährigen Festivals. Auf der Orange Stage erleben wir die legendäre, seit 30 Jahren immer neue Pfade suchende, den Rock immer wieder neu erfindende PJ Harvey. Das Konzert ist großartig. Eigentlich könnte man damit zufrieden nach Hause fahren, wären da nicht noch Janes Addiction. Auf der Arena Stage zeigt sich Perry Farrell etwas eigenartig mit Cowboyhut und einer Flasche Bourbon. Wir bekommen auf jeden Fall eine gute Portion Alternative Rock, psychedelisch und progressiv. Dave Navarro mit Hut, Umhang und dunkel geschminkten Augen wirkt diabolisch und peitscht das Riff von „Mountain Song“ regelrecht durch das gut gefüllte Zelt. Wir wechseln noch einmal zur Avalon Stage, um uns von Myrkur und damit Frontfrau Amalie Bruun aus Dänemark in die unglaubliche Mischung aus Nordischem Folk, Dream Pop und Black Metal führen zu lassen.
Während wir den Klängen lauschen, resümieren wir schon ein wenig das Roskilde Festival 2024:
- Orange Feeling – unschlagbar und unvergleichbar mit anderen Festivals
- Lineup – Rock und Metal in diesem Jahr großartig
- Musikalisch herausragend (subjektiv) – Foo Fighters, Frank Carter & The Rattlesnakes, PJ Harvey, Lovebites, Otoboke Beaver, Myrkur
- Foodcourts/Getränke – abwechslungsreich, hohe Qualität, bezahlbar
- Sanitäre Bedingungen – ausgezeichnet organisiert und hygienisch für Festivalbedingungen sehr gut
- Überdenkenswert (subjektiv) – zu viele „TikTok-Stars“ auf der Orange Stage
- Gloria Stage (subjektiv) – gehört wegen der fürchterlichen Belüftung und bedrückenden Enge abgeschafft!
- Wünschenswert – wieder ein Schedule in Papierform.