Wenn man über die Entwicklung von Wacken redet, gibt es sehr viele Zahlen, die fallen:
- 240 Hektar Fläche für ein Festival mit acht Bühnen
- 12 Megawatt Stromversorgung (genug für ein Dorf mit 70.000 Einwohnern)
- 75.000 Tickets die in den letzten 14 Jahre immer ausverkauft waren
- zwei Auszeichnungen in 2018 als „Bestes Major Festival“ (European Festival Awards) und „Bestes Festival“ (Helga! Award).
- Und natürlich die 7km lange Bier-Pipeline, die 10.000 Liter Bier pro Stunde ins Infield pumpt
Was selten erwähnt wird, ich aber erwähnenswert finde, ist wie der Acker in den letzten Jahren immer barrierefreier wurde. Wacken findet mitten auf dem Acker statt, was in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu legendären Schlammschlachten führte. Unvergessen der „Heli-Föhn“ von 2007, wo Hubschrauber der Bundeswehr im Tiefflug über dem heiligen Acker schwebten um Infield und Campingplatz trocken zu pusten damit sie wieder begehbar wurden. Oder das Regenchaos 2015, wo der Boden so versumpft war dass Shuttlebusse nicht mehr fahren konnten und zahlreiche Stiefel im Schlamm stecken blieben.
Danach wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Acker trocken zu legen. Der ganze Acker wurde im Zuge der Pipeline-Bauarbeiten aufgegraben, ein Kanalsystem mit Pufferspeicher für Regenwasser angelegt, und schließlich wurde der fertige Acker wieder bepflanzt. Nicht nur mit Wiesengras, sondern auch Senfgras, dass um einiges robuster ist.
Das Ergebnis: Trotz des Unwetters am Freitag, bei dem es wie aus vollen Eimern schüttete und das Infield für eine Dreiviertelstunde gesperrt werden musste, gab es kaum „Wacken-Modder“. Das Infield war nach dem Regen direkt wieder begehbar und nach einer Stunde schon wieder trocken. Einige könnten nun sagen, dass der Schlamm zu Wacken gehört es ohne Schlamm nicht das gleiche ist. Aber wenn man die Metalheads sieht, die auf Krücken oder im Rollstuhl unterwegs sind, kann man den Organisatoren nur für den Aufwand danken, den sie auf sich genommen haben, um das Gelände trocken zu legen und barrierefreier zu gestalten.
Equilibrium
Equilibrium entstand als spontaner Zusammenschluss von Musikern, die einen Metal-Cover-Gig spielen sollten. Der Name wurde spontan gewählt, weil die Band nach dem Gig wieder aufgelöst werden solle. Zum Glück haben sich die Jungs noch mal umentschieden, sonst gäb es keine “Epic Metal” Band (Selbstbezeichnung von Equilibrium).
Stilistisch bewegt sich Equilibrium zwischen dem klassisch anmutendem Symphonic Metal und dem schnellen Rythmus des Power-Metals. Gesungen wird sowohl im Klargesang als auch im Growling, und sowohl auf Deutsch (Waldschrein, Karawane) als auch auf Englisch (Born to be Epic, Prey). Zusätzlich zu ihren bisherigen Hits präsentiert Equilibirum in wacken auch den Song “Renegades – A lost generation” vom neuen Album “Renegades”, dass am 16. August erscheinen wird.
Gloryhammer
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Unterschied zwischen Hammerfall, die gestern gespielt haben, und Gloryhammer, die heute spielen, aufzuklären.
Hammerfall ist eine “klassische” Power Metal Band: Langhaarige Schweden, die in schwarzen Klamotten mit Nieten-Gürteln und Leder-Armbändern “Auf die Fresse” Powermetal spielen und in ihren Texten von Fantasy-Themen singen. Der Gitarrist hat eine Gitarre, deren Korpus wie ein Hammer geformt ist, die er zum Song “Hammer High” rausholt und wie einen großen schweren Hammer in die Luft streckt.
Gloryhammer ist ein Nebenprojekt von Christopher Bowes, seines Zeichens Frontmann von Alestorm und nebenbei Keyboarder von Gloryhammer. So wie Alestorm das ganze Piraten-Thema nicht ganz ernst nimmt, nimmt Gloryhammer das ganze Thema Fantasy nicht ganz erst. So erzählt Gloryhammer von dem Schottischen Prinzen, der mit einem magischen Hammer auf einem goldenen Drachen reitet um seine Prinzessin zu retten, die ein böser Zauberer mit seiner Armee von Zombie-Einhörnern entführt hat.
Auf der Bühne trägt Frontmann Thomas Winkler eine grüne Mischung aus Ritterrüstung und Powerranger-Kostüm, und vertreibt einen Ork (bzw. einen Statisten mit einer grünen Ork/Kobold-Maske) mit seinem Schaumstoff-Hammer. Das ganze macht natürlich richtig Spaß, und viele im Publikum recken ihrerseits aufblasbare Hammer oder Schwerter in die Höhe und Singen Songs wie “Gloryhammer”, “Angus McFife” und “Questlords of Inverness, Ride to the Galactic Fortress!” lauthals mit.
Demons and Wizards
Power Metal kann sehr melodisch, ja fast schon episch sein wie eine große Armee die am Anfang einer Schlacht aufmarschiert, oder sehr kraftvoll und rhythmisch galoppierend daher kommen wie die donnernden Hufe einer anstürmenden Kavallerie. Ein bekannter Vertreter des episch-melodischen ist Blind Guardian mit ihren Songs, die wie ein Helden-Epos klingen. Bekannte Vertreter des kraftvoll rhythmischen sind allen voran Iron Maiden, dicht gefolgt von Iced Earth.
Demons & Wizards ist ein Nebenprojekt von Blind Guardians Front-Barden Hanis Klüsch und dem Iced Earths Gründer und Rhythmus-Gitarristen Jon Schaffer. Das Projekt brachte insgesamt zwei Alben hervor, “Demons & Wizards” (2000) und “ Touched by the Crimson King” (2005). Weitere Alben kamen aufgrund von Zeitmangel beider Beteiligten leider nicht zustande.
Weil beide Musiker mit ihren eigenen Bands voll ausgelastet sind, ist es ein sehr seltenes und umso wertvolleres Erlebnis, Demons & Wizards live zu erleben. Eröffnet wird das Set mit den ersten Song vom ersten Album: “Rites of Passage” beginnt mit einem langsamen Chor-Gesang, wechselt dann spontan zu schnellen Gitarrenrhythmen mit Thrashigen Einflüssen und demonstriert dann auf beeindruckende Weise, wie Hansi Klüschs helle, weit tragende Stimme mit den donnernden, für Blind Guarding eigentlich zu aggressiven Gitarren-Läufe von Jon Schaeffer passt. Auch die folgenden Songs “Heaven Denies”, “Poor Man’s Crusade” und “Crimson King” zeigen wie ein erfolgreiches Nebenprojekt von zwei Virtuosen aussieht: Demons & Wizards ist nicht Blind Guardian mit einer schnellen Gitarre, aber auch nicht Iced Earth mit melodischem Gesang. Beide Künstler bringen ihre Einflüsse ein, und schaffen ein neues Gesamtkunstwerk, dass den anderen beiden Bands in nichts nachsteht.
Aufgelockert wird das Set von Iced Earth Songs wie “Burning Times” und “I died for you”, und Guardian Songs wie “Welcome to Dying und natürlich “Valhalla”, wo das Publikum noch lange weiter singt nachdem die Band aufgehört hat, und Hansi eigentlich den nächsten Song ankündigen will. Akustischer Leckerbissen war auch die Akustik-Version von “Wicked Witch”, bei der Hansis Stimme und Jons Westergitarre ausreichen, um 75.000 Besucher zu verzaubern. Und am Ende bleibt die Hoffnung, dass es nicht wieder 19 Jahre dauert, bis die beiden Zeit finden um zusammen in Wacken aufzutreten. Wobei “nur” Blind Guardian oder “nur” Iced Earth auch sehr willkommen wären.
SLAYER
Es gibt immer wieder Momente, wo man denkt man hat einen tollen Plan, und dabei hat man etwas ganz wichtiges vergessen. Mein Plan war, mich vor dem Gig von Slayer in die 5. Reihe vor der Bühne zu stellen um einen guten Blick auf die Band zu haben. Was ich natürlich komplett vergessen hatte war, dass das gesamte Infield sich beim ersten Riff vom Eröffnungssong “Repentless” in einen riesigen Moshpit verwandelt, in dem keiner still steht, man von allen Richtungen in die Gegenrichtung gedrängt wird, und ein Crowdsurfer nach dem anderen über die Köpfe hinweg getragen wird.
Es ist diese ungezähmte Energie, die Slayer-Songs so besonders machen. Seit 38 Jahren Thrashen Frontmann und Bassist Tom Araya und Gitarrist Kerry King durch die Metal Geschichte, und das 1986er Album “Reign in Blood” mit der Hit-Single “Raining Blood” war damals ein neues Extrem in Blut und Gewalt, und ein Meilenstein im extremen Metal der in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche andere bands beeinflussen sollte.
Nachdem Slayer letzte Jahr bekannt gab, dass die Band sich nach der nächsten Tour auflösen werden, ist der Stop in Wacken nun ihr allerletztes Festival Konzert ihrer beeindruckenden Karriere. Und das letzte Konzert in Europa.
Und so schredden Slayer auf der Bühne und feiern die Besucher im überfüllten Infield, als gäbe es kein Morgen. 20 Songs lang aus 35 Jahren Bandgeschichte wird gepogt, gemosht, Crowdsurfer fliegen über die Menge nach vorne und gehen zum Teil im riesigen Moshpit vor der Bühne unter weil in dem ganzen Gedränge keiner mehr in der Lage ist die Surfer über dem Kopf zu halten. Dazu ertönen Meisterwerke des extremen Thrash Metals wie “Madatory Suicide”, “Payback”, “Season of the Abyss” und natürlich “Raining Blood”.
Und als persönlicher Erfolg habe ich es am beim Crowdsurfen am Moshpit vorbei bis vor die Bühne geschafft. Ein letztes mal live zu Kerry Kings Gitarre und Tom Alayas Shouts.