90er Power Metal vs. 80er Hardrock Metal – Hammerfall in Hamburg


Hammerfall in Hamburg 2020
Am Freitag, den 31. Januar 2020 spielten Hammerfall ein Konzert in der Hamburger Sporthalle. (Bild: stagr / Mark Carstens)

Das Konzept des Special Guests auf Konzerten ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bekommt der Besucher „zwei Bands zum Preis von einer“. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich eine Karte holt, wenn zwei große Bands auf dem Plakat stehen ist sicher größer, genauso wie die Vorfreude. Andererseits kann es durchaus sein, dass einige Besucher den Special Guest auch mal mehr feiern als den Main Act oder auch gar nicht am Headliner interessiert sind.

Als langjähriger bzw. jahrzehntelanger Fan von Hammerfall – das erste Album ist immerhin 23 Jahre alt – muss ich trotzdem eingestehen, dass die Battle Beast Frontfrau Noora eine unglaubliche Präsenz und ein verdammt hohes Energie-Level auf die Bühne bringt, zusammen mit einem verdammt mächtigen Gesangs-Organ. Ich bin gespannt, ob sie es nicht vielleicht sogar schafft, die “alten Schweden” von Hammerfall an die Wand zu singen.

Serious Black

Aber bevor das Duell Kampf-Biest gegen Hammer-Gitarre startet, eröffnet die relativ junge Power-Metal-Band Serious Black das Konzert. 2015 ist das erste Album “As Daylight Breaks” rausgekommen, seitdem hat die Band fleißig Songs geschrieben und war immer wieder auf Tour. Einen Tag vor dem Konzert ist das mittlerweile fünfte Album “Suite 266” erschienen, von dem der Song “We still stand tall” Teil des Live-Sets ist.

Die Songs von Serious Black sind eine gelungene Mischung aus Hardrock und Power-Metal. Eingehende Melodien werden von einer Doublebass-Drum und harten E- und Bass-Gitarren-Rhythmen vorangetrieben. Inhaltlich versuchen die Songs eine Welt zwischen Traum, Wahnvorstellung und Albtraum zu zeichnen. Das Konzept ebenso wie der Bandname fußt auf dem Harry-Potter-Character “Serious Black”, der in einem Gefängnis von sogenannten “Dementoren” in den Wahnsinn getrieben wird.

Battle Beast

“Solange die Walküre noch singt, ist die Oper nicht zu ende.” An diesen Satz muss ich immer denken, wenn Noola von Battle Beast das Mikrofon ergreift und “Unbroken” schmettert. Und das liegt bei weitem nicht (nur) an ihrem beeindruckenden Bühnenoutfit mit langen Teufelshörnern und Theaterschminke. Noola hat die Präsenz und das Organ, um auch auf der Bühne eines Opernhauses zu bestehen. Allerdings wäre sie da mit ihren rumalbernden “Jungs” und der Mischung aus 80er Hardrock und “klassischem” Power-Metal etwas Fehl am Platz.

Eingängige Synthie- und Keyboard-Melodien, die von Kenny Loggins (Foot Loose, Top Gun) sein könnten, neu interpretiert mit einer Double-Bass-Drum und schnellen Power-Metal-Gitarren. Dazu singt Noola rotzig wie eine Rockröhre à la Bonnie Tyler (Hero), Melissa Ethride (Like the Way I do) und Tina Turner (What’s love got to do with it). Songs wie „Unbroken“ und „Unfamiliar Hell“ setzt das Publikum in Bewegung, beim langgezogenen “heeeaaaart” von “Straight to the Heart” grölt die ganze Sporthalle schief mit. Schade, dass “Endless Summer” nicht Teil des Sets ist, die Ballade hätte uns allen eine kurze Atempause verschafft. So hetzt uns Battle Beast über Songs wie „Eden“, „Hollywood endings“ und „King of the Day“ und gönnt uns keine Verschnaufpause, bis sie unter tosendem Beifall von der Bühne gehen und der Umbau für Hammerfall startet.

Hammerfall

Ja, Battle Beast sind gut gewesen und das Publikum hat sich mitreißen lassen. Aber sobald das Licht ausgeht und die “HAM-MER-FALL!! HAM-MER-FALL!!” Rufe losgehen, weiß man genau, für wen das Publikum heute Abend in die Sporthalle gekommen ist. “Dominion” heißt das neue Album, dass die Schweden letztes Jahr veröffentlicht haben, “Dominion” heißt auch die Tour und von Dominion ist auch der Eröffnungssong “Never Forgive, Never Forget”.

Großartig ist David Wallin am Schlagzeug, der mit den donnernden Kicks tatsächlich das Feeling massiver Steinhammer erweckt, die alles nieder hämmern was ihnen im Weg ist. Dazu die von Hammerfall bekannten knackigen Riffs, überlagert mit harmonischen Melodien, die sich sofort als Ohrwurm festsetzen. „Dominion“ ist ein Back to the Roots, ein Album wie das 2000er „Renegade“.

Es folgt ein weitere Dominion-Song “One against the World” bevor man zum allerersten Album “Legacy of the Kings” zurückkehrt und “Heeding the Call” spielt. Danach eine Zeitreise durch die Alben von Hammerfall, fast alle großen Hits werden gespielt, “Hallowed by the name”, “Renegade” und Last man Standing” werden gemischt mit neuen Songs wie “Bloodlines” und “Dominion”. Einzig “Trailblazer” fehlt. Aber als Entschädigung gibt es mein persönliches Konzert-Highlight: Die Band geht von der Bühne, das Licht wird gedimmt, ein Klavier wird eingespielt. Und dann folgt ein zauberhaftes Duett zwischen Joacim und Noola. “Second to One” ist eine wundervolle Ballade vom neusten Album, und der Schwedische Sänger und die finnische Sängerin sind das perfekte Paar für diesen Song. Noola zeigt, dass sie auch Klargesänge beherrscht, wie man sie von Nightwish und Tarja kennt und Joacim zeigt, dass er nicht nur zum Kampf rufen und die Hölle beschwören kann, sondern mit seinem Standing und seiner Stimme durchaus mit den Sängerinnen des Melodic Metal mithält.

Am Ende ist Hammerfall sich selbst treu: Das Set Endet mit “Let the Hammer fall”, als Zugange gibt es noch mal “Hammer High” und “(We make) Sweden Rock” bevor die Fans mit “Hearts on Fire” in Wochenende entlassen werden.

Setlist – Hammerfall in Hamburg 2020

1. Never Forgive, Never Forget
2. One Against the World
3. Heeding the Call
4. The Way of the Warrior
5. Any Means Necessary
6. Hallowed Be My Name
7. Blood Bound
8. Redemption
9. Hector’s Hymn
10. Natural High
11. Second to One
12. Renegade
13. Keep the Flame Burning
14. Dominion
15. The Dragon Lies Bleeding
16. Last Man Standing
17. Let the Hammer Fall

Encore:
18. Hammer High
19. (We Make) Sweden Rock
20. Hearts on Fire