Mera Luna 2023 Sonntag – Gothic Vibes und unvergleichliche Dunkelromantik


Mera Luna 2023 Sonntag
Der zweite Tag beim Mera Luna 2023, der Sonntag, starte bei bestem Sommerwetter. (Bild: stagr / Julia Langmaack)

Mit dem ersten Festivaltag, der berühmten Modenschau und großartigen Bands hat der erste Festivaltag die düstere Feier eingeleitet, die in den Herzen der Besucher widerhallt und der mit Ville Valo und In Extremo zwei beeindruckende Headliner inne hatte. Doch der Sonntag verspricht noch mehr, wie die schwarze Anzeigentafel verkündet: „Das schillerndste Festival seit es dunkel gibt“. Der zweite Tag soll diesem Versprechen gerecht werden und so erwarten die Gäste nicht nur weitere fantastische Konzerte, sondern auch inspirierende Lesungen und Workshops u. a. mit Lydia Benecke. Hier finden Gleichgesinnte zusammen, um in einem Klima der Offenheit und Akzeptanz ihre Leidenschaft zu teilen.

Das wohlverdiente, herrliche Sommerwetter ist ein passender Begleiter für die musikalischen Höhepunkte des zweiten Festivaltages. Die Bühnen werden noch einmal zu Schmelztiegeln der Leidenschaft, wenn die Künstler ihre Musik mit Herzblut und Seele präsentieren. Unter dem strahlenden Himmel erleben die Besucher eine schwarz-magische Reise, die sie noch lange begleiten wird. Mera Luna 2023 – es ist ein unvergessliches Erlebnis für die schwarze Seele. Die Nacht bricht an und die Schatten tanzen zu den Klängen der Finsternis. Die Welt ist für uns alle in Ordnung, wenn auch nur für diese zwei magischen Tage. Bis zum nächsten Jahr, wenn der Mond erneut sein Flüstern in unsere Herzen trägt.

Heldmaschine

Neue Deutsche Härte der Koblenzer Band Heldmaschine steht auf dem ganz frühen Programm. Musik der Sorte „Rammstein“, aber mit vielen innovativen Elementen, bringt die fünfköpfige Truppe um Frontmann René Anlauff an den Mann (und die Frau). Die Band geht dabei aber einen eigenen Weg und grenzt sich musikalisch vom (mittlerweile ehemaligen) Branchenführer Rammstein ab. Gerade jetzt, wo ein andauernder, negativ geladener Medienrummel um Lindemann und das Thema Rammstein tobt, zeigen sich die Heldmaschine-Fans stärker denn je als Unterstützuer. Auf dem Infield entwickelt sich binnen kurzer Zeit ein ausgelassenes Tanzgelage, dass zeitweise in einem Mosh- und Head-Bangbattle gipfelt. Völlige Eskalation, im positiven Sinne. Da auch eine gute Prise elektronischer Beats die Songs begleitet, kommen Fans härter Rockklänge genauso auf ihre Kosten, wie Fans von Joachim Witt- oder Kraftwerk-ähnlichen Sounds.

Eisfabrik

30 Grad und es schneit? Na klar, schließlich schenken wir unser Gehör den weißgewandeten Musikern von Eisfabrik. Um etwa 12 Uhr Uhr ist das Field vor der Main Stage bereits gut gefüllt. Die treibenden Beats der Dark-Electro-Band aus Hamburg animieren vom ersten Takt an, sich zu bewegen. Da kommt die gesamte Menschenmenge in Schwung. Das eisige Trio Eisfabrik besteht aus Dr. Schnee, Der Frost und Celsius und sie bieten Future-Pop vom Feinsten und dazu ausdrucksstarken Gesang. Es fühlt sich an, als donnere der Transsibirische Express mitten über den Flugplatz Hildesheim. Dazwischen gibt es per Schaumkanone Kunstschnee der am Ende aber „nur“ hübsch ausschaut und nicht die Temperaturen senkt.

Gothminister

Gothminister zelebrierten als nächster auf der Hauptbühne eine ekstatische Symphonie der Dunkelheit. Die musikalische Reise führt das Publikum durch düstere Klanglandschaften, die mit tiefen, pulsierenden Beats und eingängigen Melodien verflochten sind. Die theatralische Inszenierung und die fesselnde Bühnenpräsenz der Band lassen das Konzert zu einem visuellen Spektakel werden. Die energetische Performance von Gothminister reißt das Publikum mit und sorgt für eine ekstatische Atmosphäre in der düsteren Welt der Musik. Insgesamt eine tolle Erfahrung für Fans dieses Genres und ein eindrucksvolles Zeugnis der künstlerischen Brillanz von Gothminister.

Letzte Instanz

Die Folkrocker von Letzte Instanz sind bereits seit 1996 zusammen auf den Bühnen der Welt unterwegs und spielen sich seither unermüdlich in die Herzen ihrer Fans. Vor 27 Jahren war der Beginn mit „Brachial-Romantik“ und Mittelalter-Rock geebnet, aber seither haben sie sich zu einem der vielfältigsten Musik-Projekte Deutschlands entwickelt. Kaum ein Musikstil, den die Dresdener Rock-Band nicht schon ausprobiert hat, kaum ein Instrument, das sie nicht benutzt hat. Zwischen harten Sounds, finden sich Streicher und mittelalterliche Instrumente, daneben dann Elektronik und Gitarrenwände. Frontmann Holly Loose und seine fünf Bandkollegen sorgen bei den Zuschauern am frühen Nachmittag jedenfalls für gute Laune.

Frozen Plasma

Frozen Plasma sind am frühen Nachmittag auf der Club Stage und ihre Songs führen wie ein roten Faden durch einen angenehm melodischen Klangteppich. Damit hier keine Monotonie aufkommt, stimmen sie ihre Tanzhits mit viel Leidenschaft an und natürlich kommt Bewegung in die Zuschauermenge. Mit seiner ungezwungenen und lockeren Art reißt Sänger Felix Marc das komplette Publikum mit und begeistert dabei mit blinkenden Sneakers. Frozen Plasma gönnen ihrem Publikum keine Verschnaufpausen. Trotz Hitze werden alle Energiereserven mobilisiert und eine knappe halbe Stunde Zeit mit Frozen Plasma genossen.

The 69 Eyes

Als folgender Act macht sich die Dark Rock-Band The 69 Eyes bereit. Seit ihrer Gründung vor 34 Jahren in der finnischen Hauptstadt Helsinki, schauet die Truppe auf mittlerweile vierzehn Studioalben zurück. Das aktuelle Werk „Death of Darkness“ ist frisch aus diesem Jahr dabei. Die auch immer wieder gern als „Helsinki Vampires“ benannten Rockmusiker bringen ihren Sound geradewegs aus der Gruft auf die Bühne. Ihr Sleaze/Darkrock-Mix wirkt dabei nicht eine Sekunde langweilig und setzt immer wieder interessante Akzente in ihrem typischen Soundbild. Das ist Rock vom Feinsten. Frontmann und Sänger Jyrki 69’s typische Elvis-Stimme verschmilzt mit den knallharten Gitarrenriffs. Hier wird dem Düsterrock noch ein hocherotisches Blutsauger-Flair aufgesetzt. Fast alle Top-Lieder des dunklen Fünfers gibt es hier in ihrem Live-Setlist, also etwas für die neueren und älteren 69 Eyes-Fans beim Mera Luna 2023. Drauf los knüppeln können ja bekanntlich viele Bands, aber diese finnischen Truppe kann Songs schreiben und schütteln dabei Ohrwürmer, ja fast schon Rock-Hymnen, nur so aus den Ärmeln. Straight!

Peter Heppner

Auch bekannt durch den Elektro-Pop- und Dark-Wave-Act „Wolfsheim“, hat der Hamburger Peter Heppner alles im Musikbusiness erreicht, was man sich wünscht. Bis heute sind seine Hit-Singles präsent im Radio, viele namhafte Auszeichnungen hat Heppner ebenfalls eingesammelt. Doch auch jenseits des Maßstäbe setzenden Duos Wolfsheim ist Heppner Dauergast in den Charts. Auf einige beeindruckende Kollaborationen mit unterschiedlichsten Kollegen blickt er zurück, wie z.B. „„Die Flut““ an der Seite von Joachim Witt. Auch Erfolge mit Schiller und Van Dyk reihen sich bei Heppner ein. Die Notwendigkeit des kompletten Alleingangs hat es früher nicht gegeben, wobei sich in ihm aber immer mehr der Wunsch regte, auch mal ein künstlerisches Musikprojekt völlig allein durchzuziehen. Mit intelligentem, emotionalen Elektro-Songwriter-Pop ist Peter Heppner nun sein eigener Herr – tiefe, persönliche Texte interpretiert von einer unvergleichbaren Ausnahmestimme. Live funktioniert das eigentlich genauso gut, wie auf einem Longplayer, jedenfalls kommt es beim Publikum hervorragend an.

Agonoize

Erste Reihe ohne Gehörschutz – undenkbar! Was auch schwierig ist, in der ersten Reihe trocken bleiben. Ob Schweiß aus den eigenen Poren tropft oder das Kunstblut von der Bühne spritzt, hier bekommt jeder etwas ab. Das obligatorische Blutbad zum Song „Blutrausch“, in dem Frontmann Chris L. sich mit einem großen Küchenmesser bewaffnet, die Puls- oder Halsschlagadern aufschneidet, ist schon lange bekannt. Chris L. ist heute ist Hochform und macht der Meute ordentlich Feuer unterm Hintern. Mit einer hypnotischen Mischung aus harten Beats und fesselnden Melodien führen Agonouze das Publikum auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Es werden keine halben Sachen gemacht, Chris prügelt sein Programm durch. Kurz gesagt, Agonoize veranstalten eine Abrissparty und alle feiern begeistert mit.

Subway to Sally

Eine echte Institution der mittelalterlichen Rockszene steht nun auf dem Programm. Subway To Sally laden zum Tanz ein – und wie hier getanzt wird. Das mag nicht nur mit der Bekanntheit der Musiker (und Musikerinnen) zu tun haben, sondern viel mehr an der enormen Energie, die seitens der sechsköpfigen Band losgelöst wird. Diese überträgt sich ruckzuck und eins zu eins auf das völlig ausgefüllte Infield. Auch die gute Stimmung tut ihr übriges zur perfekten Atmosphäre bei. Ein Lob auch an die Bühnen-, Licht- und Pyrotechniker, sie schaffen es, jeden Track ideal zu untermalen. Folk mit Metal-Einflüssen oder Metal mit Folk-Einflüssen, irgendwo dazwischen liegt der Sound, den Subway to Sally seit knapp 30 Jahren von Bühne zu Bühne tragen. Neben Gitarre, Bass und Schlagzeug gibt es noch eine Drehleier, eine Violine und je nach Song, weitere exotische Instrumente wie Tin Whistle oder Bagpipes. Alle Texte, zumindest alle die beim Mera Luna 2023 gesungen werden, sind auf Deutsch, viele doppeldeutig oder voller Metaphern, manche aber auch offene Kritik an der modernen Gesellschaft. Eine musikalische Demonstration von Perfektion und Können im Genre des Mittelalter-Metal!

Mono Inc.

Mono Inc. wissen was ihre Fans hören wollen und feuern direkt einen Hit nach dem anderen ab. Aber da Mono Inc. natürlich auch mit einem neuen Album „Ravenblack“ in den Startlöchern stehen, beglücken sie ihre Fans mit Auszügen aus selbigem. Die neuen Lieder werden begeistert aufgenommen. Die Dark-Rock Band aus Hamburg schmettert ihre harten Sounds mit dunkler Stimme ins Infield. Textsicher singt das Publikum mit, feiert Martin Engler und seine Band in vollen Zügen. Ihre musikalische Darbietung reicht von kraftvollen Rockhymnen bis hin zu zarteren Balladen, die die Herzen der Zuschauer berühren. Das Quartett aus Nord-Deutschland zählt zu den Größten ihres Genres und füllt stattliche Hallen – kein Wunder also, dass auch die Besucher in Hildesheim Mono Inc. liebend gern ihr Gehör schenken.

Hocico

Es gibt wenige Gruppen, die ein Genre so nachhaltig geprägt haben, wie das Duo Erk Aicrag und Racso Agroyam, besser bekannt als Hocico. Kein Wunder also, dass der späte Prime Time-Slot vor vor Within Temptation ihnen gebührt. Mit einem Faustschlag in die Magengrube geht es bei dem mexikanischen Duo los – ihre einzigartige Kombination aus heftigem Beatgewitter, atmosphärischem Sounddesigns und ultra-aggressiven Shouts zucken einem direkt durch den Leib. Dazu gibt es traditionelle südamerikanische Bemalungen, Trachten und Rituale. So haben sie auch den Hard-Electro-Olymp erklommen: Quasi im Alleingang haben sie dafür gesorgt, dass plötzlich eine ganze Szene das Land Mexiko auch mal musikalisch auf dem Schirm hat. Die Setlist bietet alles, was man als Fan oder Neuling an Hits, Favoriten und Raritäten aus mehr als 20 Jahren Bandgeschichte hören will.

Within Temptation

Vor über anderthalb Jahrzehnten hat die Band um Sängerin Sharon den Adel und Gitarrist Robert Westerholt mit klassischem Gothic Metal begonnen. Mehr und mehr hat sich daraus bis heute DIE Symphonic-Metal-Gruppe schlechthin entwickelt. Und dass, ohne je ihre Wurzeln zu verleugnen oder zu verlieren. Der wunderbare Auftritt von Within Tempation beim diesjährigen Mera Luna ist natürlich genauso gut, wenn nicht noch besser, als alle ihre Alben. Das liegt einerseits an dem fantasievollen Dress, den sich die gelernte Modedesignerin Sharon den Adel selbst auf den Leib geschneidert hat, andererseits aber auch an der spektakulären Bühnenshow, die mit Licht und Pyrotechnik besticht. Mit ihrer kraftvollen Stimme singt sich Adel in die Herzen der Zuschauer und legt die Headliner-Latte für das nächste Jahr weit nach oben. Within Temptation sind und bleiben eben eine Institution in diesem Musikgenre. Sie wissen ganz genau, wie sie sich präsentieren und strahlen dabei wie eh und je eine Leichtigkeit und Spielfreude aus. Ihre Shows sind ein Rundum-Sorglos-Paket für einen guten Konzertabend, der optisch und musikalisch begeistert und überzeugt.