So war das Deichbrand Festival 2018 am Samstag


(Bild: stagr / Julia Langmaack)

Der zweite Festivaltag beim Deichbrand Festival 2018 hält wie am Tag zuvor bestes Sommer-Wetter bereit. Mit Öffnung der Pforten begibt sich eine noch überschaubare Menge auf das Festivalgelände. Noch eine ganze Weile bleibt es auf dem Platz etwas leerer, bis die Musikfans langsam vom Campingplatz herüber schlendern. Am Abend steht Headliner Nummer zwei – The Killers – auf dem Tagesprogramm. Eine ganze Reihe Spitzen-Acts gibt es darüber hinaus beim Deichbrand 2018 Samstag zu erleben, darunter Le Fly, Editors, Kontra K., Mando Diao, Freundeskreis, Bilderbuch, Milliarden, Kettcar, Yung Hurn und viele viele weitere. Das verspricht viel Bewegung für die Tanzbeine und fordert die Stimmbänder. Für alle Nachteulen gibt es bis in die frühen Morgenstunden noch Programm u.a. von Oliver Huntemann und Magit Cacoon.

AnNett Gapstream

Die DJane aus Berlin ist mit elektronischer Musik aufgewachsen und hegt eine große Leidenschaft für Musik. Grund genug für Annett, von den bescheidenen Wohnzimmerboxen auf lautstarke Club- und Festivalanlagen umzusteigen. In den letzten vier Jahren hat die ehemalige Leistungssportlerin mit ihren Beats und Sounds viel umhergewirbelt. Am frühen Samstag Nachmittag sind die Regler der Turntables auf der Electronic Island-Bühne 1,5 Stunden lang in den Händen der jungen Künstlerin. Von Tech House bis Techno, die treibenden, melodischen Tracks bereiten den Besuchern sichtlich genauso viel Spaß wie Annett selbst. Hier kannst du mal reinhören: Annett Gapstream bei Soundcloud

skinny lister

Als Frontfrau Lona Thomas mit ihrem „Listermania“ Schnapskrug auf die Bühne kommt, wird aus der sonnenbeschienenen Fläche vor der Water Stage ein gemütlicher aber etwas dreckiger Pub. So wie jede Location, wo das Sextett bisher aufgetreten ist – sei es auf eigener Tour oder als Vorband der Dropkick Murphys. Akkordeon, Gitarren und Kontrabass begleiten die fröhliche Sängerin, die in ihrem Blümchenkleid und roten Schuhen an Dorothy aus „The Wizard of Oz“ erinnert. Alle anderen Bandmitglieder stehen natürlich auch nicht einfach nur herum, allen voran Akkordeonspieler Max Thomas (Bruder der Sängerin), er ist genauso ein Wirbelwind auf der Bühne. Es ist kaum jemand auf dem Gelände, der sich von der Stimmung nicht mitreißen lässt, fast jeder kann sich zumindest ein leichtes mitwippen der Füße nicht verkneifen.

Von wegen Lisbeth

Die Berliner Band um Sänger und Gitarrist Matthias Rohde steht gegen 15:00 Uhr auf der Blue Stage. Hinter bzw. inmitten der Musiker befinden sich von Palmen und Blättern umrankte Leuchtbuchstaben: VWL. Indie-Pop, der teilweise auch mal mit ungewöhnlichen Instrumenten gespielt wird, zum Beispiel einem Kinderglockenspiel. Kuriose Ideen haben diese Jungs eigentlich immer, so kennt man zumindest auch ihre Musikvideos. Weniger kurios, aber nicht weniger speziell ist ihre Musik, aber 100 Prozent handgemacht und geht locker-rockig ins Ohr. Super gut.

Kontra K

Maximilian Diehn alias Kontra K ist derzeit in aller Munde. Vor der Bühne ist es entsprechend voll und es herrscht bereits vor Showbeginn ausgelassene Stimmung. Das Gekreische der Frauen kündigt den Rapper an und übertönt fast die Musik. Die vielen Handykameras starren gespannt auf die Bühne. Energiegeladen, gut gelaunt und natürlich gutaussehend stürmt Kontra K die Deichbrand-Bühne und liefert eine super Performance. Der Familienvater, Boxer und Coach schreibt gern über sich selbst und über sein Leben und daher findet sich seine Hörerschaft problemlos in den Texten wieder. Wo andere Rapper auf Gangster und unnahbar machen, da kommt Kontra K den Fans lieber nahe. Für die zahlreichen weiblichen Zuschauer zieht Kontra K natürlich wieder blank und rappt sich oberkörperfrei durch sein Live-Set. Um es in den Worten der Fans zusammen zu fassen: Das war Abriss pur und das schon um 15:00 Uhr!

Editors

Mit ihrer nagelneuen Scheibe „Violence“ (Vö 3-2018) im Gepäck, führen die Editors in das frühe Abendprogramm. Sänger Tom Smith füllt die große Bühne mit seiner charakteristischen Gestik und Bewegung von Beginn an aus. Diese einzigartige Performance zieht jeden in seinen Bann. Nicht zuletzt, weil seine Augen oft den direkten Kontakt zu den Fans zu suchen scheinen. Die Setlist ist ein Mix aller Alben der letzten 13 Jahre, da bleibt kein Fanwunsch offen. Immer wenn Elliott Williams seine Keys gegen die Gitarre tauscht, kommen auch die Fans der ersten Stunde mal auf ihre Kosten. Die vierköpfige Indie-Rock-Band aus England brennt leidenschaftlich für ihre Musik und weiß ganz genau, wie sie damit die Zuschauer begeistern.

yung hurn

Kaum ist Yung Hurn auf der Bühne, ist er auch schon wieder von selbiger herunter – aber nur, weil der Wiener Hip-Hopper gleich zum Beginn der Show den Kontakt zu seinen Fans sucht und die ersten Takte seines Eröffnungssongs direkt bei und mit den Zuschauern performt. Sympathisch. Besser hätte er sein Live-Set fast gar nicht starten können, so zieht man die Besucher in den Bann und sorgt für viele glückliche Gesichter. Egal ob ruhige Töne oder volle Breitseite, Yung Hurn bleibt mit seinen Beats und den teils ironischen Texten dem Mainstream fern und erfrischt damit einmal mehr das Musikbusiness.

Milliarden

Die Rockband aus Berlin besteht im Grunde aus Sänger Ben Hartmann und Kollege Johannes Aue. Das Rock-Duo genießt noch mittlerweile nicht mehr den Newcomer-Status, darüber sind sie längst hinaus – denn bisher mischen sie die deutschsprachige Musiklandschaft ganz gut auf. Mit ihrer Musik (er)schaffen sie etwas, teilen etwas, verändern etwas – so der Plan. Kantige deutsche Lyrics prallen hier auf eingängige Harmonien und einen rebellischen Punk-Spirit, bittersüß, roh, ungeschönt und leidenschaftlich, aber auch tief berührend. Das sich die beiden Jungs nicht zwischen Deutschrock, Liedermachertum und Pop entscheiden wollen, singen sie stattdessen von Freiheit, Schmerz, Liebe, Sehnsucht, Wut – einfach all den Emotionen, die wir alle auch selbser auch sehr gut kennen.

Freundeskreis

Wer Bock hat auf coolen Hip-Hop mit einem Retro-Hang dafür aber ambitionierten, fast literarischen Texten, der sollte sich den rappenden Freundeskreis (FK) keinesfalls entgehen lassen. Genau das denken sich wohl auch die meisten Zuschauer vor der Water Stage gegen 21:00 Uhr. Der dreiköpfige Freundeskreis ist für die aktuelle Hip-Hop-liebende Generation vielleicht etwas old-school, aber Max Herre, Don Philippe und DJ Friction  kommen mit taufrischem Sound daher. Da bleibt natürlich keiner ihrer Hits auf der Strecke: „A-N-N-A“, „Mit Dir“, „‘Tabula Rasa“ oder „Esperanto“ werden textsicher seitens des Publikums mitgesungen. Schließlich sind die langjährigen Musiker nicht nur erfahren was Live-Performance angeht, neben den Songs der Beginner, haben Freundeskreis immerhin mit die besten deutschen Hip-Hop-Alben rausgehauen. 90er Jahre-Deutschrap vom Feinsten, ehrlich und melodisch, das kam damals an und tut es auch heute noch. Von hinten wie von vorne: top Musiker, top Songs!

The Killers

In 2003 haben die vier junge US-Musiker aus Las Vegas/Nevada ihre Heimat verlassen um ihr allererstes Konzert überhaupt in London zu spielen, dort haben sie noch mit drei anderen Bands auf dem Werbeplakat gestanden, allerdings ganz oben. Mittlerweile sind 15 Jahre ins Land gegangen, 20 Millionen Alben hat die Band verkauft, sie sind Headliner der größten Festivals der Welt gewesen und sind u.a. im Weißen Haus aufgetreten. Wer die vierköpfige Rockband live zu sehen bekommt, was in Deutschland gar nicht so häufig der Fall ist, kann mit einem regelrechten Hit-Feuerwerk in der Setlist rechnen. Ein Großteil ihrer Musik basiert auf britischen Einflüssen und auf der Musik der 80er Jahre, insbesondere New Wave. Frontmann Brandon Flowers und seine Bandkollegen ziehen so gut wie jeden Festivalbesucher vor die Fire Stage am Samstagabend. Kein Wunder, denn The Killers bestechen mit eingängigen Klaviermelodien, funkigen Synthesizer und pumpenden Bässen – gepaart mit Killers-typischen, kräftigen Gitarren sowie Texten, die in der modernen Musiklandschaft ihres Gleichen suchen. Wer mag so etwas nicht?

Bilderbuch

Es ist gar nicht leicht jemandem zu erklären, was genau Bilderbuch eigentlich ausmacht: Prince gemischt mit Falco? Und gar einer Spur Reinhard Fendrich? Aber doch auch ganz anders. Es ist eine Melange aus Soul, Funk, Hip-Hop, Boyband und Austropop. Aus Lässigkeit, Melancholie, hintergründigem Humor und jeder Menge witzigem Schwachsinn. Die Art, wie Lead-Sänger Maurice Ernst nach Belieben die deutsche Sprache staucht, dehnt und in Scheiß-der-Hund-drauf Manier mit englischen, spanischen, wienerischen, italienischen Elementen spickt und neu erfindet. Das ist Sex pur! Und das Publikum gerät sofort in Ekstase, wenn Gitarrist Michael Klammer sich um seine Gitarre windet oder Peter Horazdovsky unaufgeregt seine Bassgitarre bearbeitet. Drummer Philipp Scheibl schleppt den Beat genau richtig durch das Liveset und Maurice schreitet gockelhaft zwischen den Gitterstäben des Bühnenbildes umher – nur um dann lasziv seinen Allerwertesten in die Menge zu recken: „Sag es laut. Jaul es raus. Gib es zu. Du bist hinter meinem Hintern her.“ – Ja, das sind wir!

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