Eine weite, grüne Wiese, eingeschlossen von sanft ansteigenden Hügeln und kleinen Baum-Ansammlungen, die den Blick auf Bonn versperren und dadurch das Gefühl geben, dass man irgendwo ganz weit draußen ist. Zwei große und eine kleine Bühne verteilten sich auf ein weiträumiges Gelände, so dass es nirgendwo zum Gedränge kommt. Außer von den Mainstages wenn die Bands spielen oder an den Merch-Stores, wenn Autogrammstunde ist. Gut verteilt findet man Getränke-Stände und Food-Trucks. Fast idyllisch wirkt das Rockaue 2017 am zweiten Samstag im Juli und das mit durchgehend blauem Himmel. Ein Gang über das Festival-Gelände beschert mit Überschlagschaukel und dem „größten mobilen Labyrinth der Welt“ eher das Gefühl eines Volksfestes als das eines Rock-Festivals. Beim genauen Hinsehen merke ich aber, das Labyrinth ist schon länger dort und das Festival hat sich drum herum errichtet.
Im 3. Jahr glänzt das Rockaue mit Professionalität in Planung und Durchführung. Die Timeline der Mainstage wird schnell umgeschrieben, als Sängerin Elin Larsson von den Blues Pills mitten im Gig die Stimme verliert. Watch Out Stampede sind nachgebucht wurden, da „Dinosaur Pile-Up“ kurzfristig absagen mussten. So ist der Deutsche Luftgitarren-Meister Udo Wonz als „Vorband“ von der Kyle Grass Band überhaupt erst reingerutscht, nachdem er sich „5 Minuten vor dem Festival“ (Zitat Moderatoren) bei dem Veranstalter gemeldet hatte.
Professionelle Ansagen und (zumindest ihrer Meinung nach) lustige Sprüchen führen durch das Tagesprogramm und gegen die Hitze sind Feuerwehrwagen an den großen Stages aufgestellt. Sie sorgten mit den Löschschläuchen für Abkühlung. An manchen Stellen sorgt so Matsch für ein bisschen Wacken-Feeling. Die gute Erreichbarkeit mit Bus und Bahn und die zahlreichen Parkplätze direkt „vor der Tür“ sind weitere Pluspunkte – und wenn das Line-Up im nächsten Jahr auch wieder so eine gelungene Mischung aus bekannten Acts und interessanten Newcomern bietet, bin ich auf jeden Fall wieder dabei.
Louder than Wolves
Die 4 Jungs von Louder than Wolves haben sich vor 2 Jahren in Bonn als Band zusammengefunden und waren bereits letztes Jahr auf einigen Festivals zu sehen. Das halbstündige Set erinnerte vom Stil her an die Arctic Monkeys und auf der Bühne pegelte sich die Chemie zwischen dem etwas zu hyperaktiven Gitarristen und dem etwas zu ruhigen Bassisten auf ein gutes Mischverhältnis ein. Und produzierte mit dem Sänger zusammen einen Alternative Rock, den man gern wieder hören möchte.
Louder Than Wolves beim Rockaue 2017
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
The Picturebooks
Auf meiner persönlichen „Most Crazy Drummers“-Liste (ohne technische Wertung) stehen „The Animal“ von den Muppets gefolgt von Travis Barker von Blink-182 ganz oben. Anfang des Jahres haben mich The Picturebooks bereits als Vorband von Monster Truck begeistert und ich habe Philip „The Beast“ Mirtschenk auf Platz 1 gehoben. Ja, noch vor „The Animal“ von den Muppets. Mit Schlegeln, Drumsticks, Schellenstäben, einer Glocke und seinen flachen Händen prügelt er auch beim Rockaue 2017 auf sein Drumset ein (angeblich zerschleißt er 5 pro Tour), brüllt nebenbei noch ins Mikro und stampft so hart auf seine Base-Kick, dass er dabei das Tonabnehmer-Mic vor der Basedrum umwirft. Als Konzertfotograf darf man nur die ersten 3 Songs aus der Nähe fotografieren, da die Musiker dann ja noch „frisch“ aussehen, aber Philipp sieht schon nach dem 1. Song so aus, als hätte er ein ganzes Festival durchgespielt.
Begleitet wird von Gitarrist und Leadsänger Fynn, der zu den Kriegstanz-Rythmen seines Partners seine Mähne hin und her wirft, über die ganze Bühne tanzt und dazu nicht nur Gitarre spielt, sondern auch mal den Tonabnehmer seiner Halbakustik-Gitarre als Mikrophon benutzt. Das dynamische Duo hat gerade ihre „Loud Guitars & Sissy Bars“ Tour in den USA beendet und tourt nun durch Europa. Und ich kann jedem der auf Rock steht nur empfehlen, sie sich live anzusehen, denn auf der Bühne sind sie nochmal um einiges besser als ihre Studio-Aufnahmen.
The Picturebooks beim Rockaue 2017
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
Watch out Stampede
“Ihr habt wahrscheinlich irgendwas mit Dinos erwartet” lautet die Begrüßung von Watch Out Stampede, die kurzfristig für Dinasaur Pile-Up einspringen und deshalb nicht auf dem Line-Up Flyer auftauchen. Lob an die Orga: Auf der Website ist alles richtig. Eine Metal-Core-Band mit einer lila Blume auf weißem Grund als Albumcover. Das lässt einen schon ein wenig die Stirn runzeln, aber als der erste Song losgeht, sind alle Zweifel zerstreut. Die Kombination aus Gitarren-Riffs und Samples, cleanem Gesang und dumpfen Growling, erinnern an die ersten Alben von Linkin Park, die diesen Stil damals maßgeblich mit geprägt haben.
Schön zu erleben, dass diese Lückenfüller (überhaupt nicht böse gemeint) aus Bremen das Rockaue 2017 mit schön hartem Metalcore bereichern. Und dass das Publikum, welches größtenteils Alternative Rock von Dinasour Pile Up erwartet hat, trotzdem zur Musik abrockt.
Watch Out Stampede beim Rockaue 2017
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
Skinny Lister
Als Frontfrau Lona Thomas mit ihrem „Listermania“ Schnapskrug in der Hand auf die Bühne kommt, wird aus der grünen, sonnenbeschienenen Open Air-Fläche vor der Mainstage ein gemütlicher, etwas dreckiger Pub. So wie jede Location, wo das Sextett im letzten Jahr aufgetreten ist, sei es auf UK-Tour, der darauffolgenden USA-Tour – oder als Vorband der Dropkick Murphys. Akkordeon, Gitarren und Kontrabass begleiten die fröhliche Sängerin, die in ihrem Blümchenkleid und roten Schuhen an Dorothy aus „The Wizard of Oz“ erinnert. Die anderen Bandmitglieder stehen natürlich auch nicht herum, allen voran Akkordeonspieler Max Thomas, Bruder der Sängerin, ist genauso ein Wirbelwind auf der Bühne. Kaum jemand auf dem Gelände, der sich von der Stimmung nicht mitreißen lässt, selbst die Besucher, die im Schatten der Getränkestände Schutz vor der Nachmittagssonne suchen, können sich ein leichtes mitwippen mit den Füßen nicht verkneifen.
Leider steht die lustige Truppe nur 45 Minuten auf der Bühne, aber da sie noch bis Dezember durch Europa touren werden, ergibt sich sicher noch eine Gelegenheit, Skinny Lister in voller Konzertlänge zu genießen.
Skinny Lister beim Rockaue 2017
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
Any Given Day
Metalcore ist nicht gleich Metalcore. Während die Jungs von Watch Out Stampede an Linkin Park erinnern, sind die Männer von Any Given Day stilistisch näher an Killswitch Engange. Die Riffs sind härter, die Drums aggressiver, es wird viel mehr gegrowlt. Und Frontmann Dennis Diehl ist ein Tier, nicht nur von seiner Statur her, auch von seiner Bühnenpräsenz und vor allem wenn er growlt, als würde er mit seinem Gesang die Welt untergehen lassen. Kaum zu glauben, dass dieser Mann Rihanna (Diamonds) covert. Und dies in einem recht „zarten“ Intro, bis beim Refrain der Stil von Any Given Day herauskommt. Laut, hart, auf die Fresse, keine Kompromisse. Und dazwischen – und das gehört schließlich auch zum Metalcore – unerwartet klare, cleane Gesänge mit fast schon balladenartigen Sounds. Wer auf etwas härteren Metalcore steht und Any Given Day noch nicht erlebt hat, sollte dies zeitnah nachholen.
Any Given Day beim Rockaue 2017
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(Bild: stagr / Mark Carstens)
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