Deichbrand Festival 2023 am Samstag – Unsere Highlights


Deichbrand Festival 2023 am Samstag
Deichbrand Festival 2023 – der zweite Tag – Samstag (Bild: stagr / Julia Langmaack)

Als das Festivalgelände sich für den zweiten Tag öffnet, strömt direkt eine größere Menge Besucher herein. Warum sollte man auch lieber auf dem Campingplatz abhängen, wenn man stattdessen gleich zur frühen Stunde Rampensau Alexander Marcus auf der Water Stage erleben kann? Dass ist strategisch natürlich gut gelegt, denn das Energiebündel ist ein Garant für gute Stimmung und volle Action auf und vor der Bühne. Das weitere Tagesprogramm verspricht natürlich noch einige weitere Schmakerl. Und zu dieser zeit ist das Wetter auch noch bestens. Leider wird schon ab dem frühen Nachmittag die erste Regenwolke aufziehen und ab dann bleibt es dabei, es regnet sich ein und man sieht nur noch Besucher mit Ponchos, Gummistiefeln und Regenjacken. Aber am Festivalspass ändert das natürlich nichts.

Am Abend stehen die Headliner für den Samstag – K.I.Z sowie Kontra K – auf dem Programm, allerdings werden davor auch noch die Punkrocker Broilers zu erleben sein. Gleich zwei große Acts die für Spannung sorgen. Der Deichbrand 2023 Samstag kann sich auch sonst sehen lassen, Liedfett, Yaenniver, Thees Uhlmann, Electric Callboy und viele mehr versprechen viel Bewegung für die Tanzbeine und fordern die Stimmbänder heraus. Für alle Nachteulen gibt es dann auch noch bis in die frühen Morgenstunden Programm u. a. von Hidden Empire, Adana Twins, Moonbootica sowie Fritz Kalkbrenner.

Alexander Marcus

Gute Idee des Veranstalters, beim Booking für die frühen Festivalstunden einen Künstler wie Alexander Marcus auf 12:00 Uhr zu legen. Da kommen die Festivalgänger doch gerne früh aus ihren Zelten gekrabbelt um beim explosiven Frühschoppen dabei zu sein. Wer Alexander Marcus kennt, weiß, dass er sich auf eine berauschende Explosion der Extravaganz einstellen kann. Auch dieses Konzert fühlt sich an, wie eine surreale Reise in eine glitzernde Parallelwelt, die einem die Sinne mit schillernden Farben und eingängigen Beats umhüllt. Der unverkennbare Stil des „Electrolore“-Künstlers versprüht eine dermaßen ansteckende Freude, dass das Publikum während der fast einstündigen Show in eine ekstatische Tanzorgie verfällt. Alexander Marcus‘ charismatische Bühnenpräsenz und seine unverwechselbares Outfits verleihen dem Spektakel eine zusätzliche Portion außergewöhnlicher Grandiosität. Dazu tut sein musikalisches Repertoire, angefüllt mit eingängigen Ohrwürmern, sein Übriges für eine gelungene Performance.

Liedfett

Auf der Fire Stage geht es jetzt um volle Energie und Lebensfreude. Mit einem Mix aus Pop und Hamburger Dialekt verleihen Liedfett ihren Songs eine unverkennbare Authentizität. Die raue, aber gleichzeitig eingängige Stimme von Frontmann Daniel Michel treibt die Zuschauer zu euphorischen Chor-Gesängen an. Die Band schafft es spielend, eine intime Verbindung zu ihrem Publikum herzustellen und eine unvergessliche Party-Atmosphäre zu kreieren.

1986zig

Um 14 Uhr geht es mit dem deutschen Pop-Sänger und Songwriter 1986zig. Bekannt ist er geworden mit Coversongs auf Instagram und TikTok. Mittlerweile hat Universal Music ihn unter Vertrag und sein Auftritt beim Deichbrand 2023 wird von einer Menge Zuschauern mit Neugier erwartet. Maskiert und gut gelaunt gibt der Musiker Vollgas auf der Water Stage und präsentiert eine Zeitreise in die glitzernde Ära des Pop. Mit einer Mischung aus Retro-Charme und zeitgenössischem Flair entfacht 1986ZIG ein Feuerwerk der Melodien. Seine Stimme kombiniert er dazu wie einen Hauch von Samt und Seide, der einen sanft in seinen Bann zieht und auf eine fesselnde Klangreise mitnimmt. Mitreißende Beats und die mit Liebe zum Detail arrangierten Instrumente erzeugen eine angenehme Atmosphäre.

Yaenniver

Sonst im Schlepptau mit den Bandkollegen von Jennifer Rostock ist Frontfrau Jennifer Weist nun als Solokünstlerin beim Deichbrand. Da die Band Jennifer Rostock auf unbestimmte Zeit pausiert, erlebt das Publikum vor der Fire Stage eine Mischung aus Rap und Elektropop. Ganz andere Klänge, als man sie von Jennifer Rostock gewohnt ist, aber trotzdem ziemlich eingängig und tanzbar.

Thees Uhlmann

Eigentlich kennt man Thees Uhlmann ja als Sänger der Band Tomte. Da dort aber gerade eine kleine Pause herrscht, hat Thees Uhlmann auf eigene Faust inzwischen drei Solo-Alben herausgebracht. Wäre ja sonst auch langweilig. Thees ist am frühen Abend auf der River Stage in Plauderstimmung und erzählt zwischen seiner gut gewählten Setlist witzige Anekdoten aus seinem Leben, dem aufwachsen aufm Dorf, nicht weit vom Deichbrand entfernt. Das Infield ist rappelvoll und die Besucher tanzen und feiern mit Thees um die Wette.

Swiss & die Andern

Auf der Fire Stage ist das musikalische Programm als nächstes vom Fokus her auf Aggressionsbewältigung gelegt, denn es kommen Swiss und Die Andern als deutsche Punkrock-Band aus Hamburg. Die Formation besteht aus dem Frontmann Swiss, sowie dem Bassisten Matze Grimm, dem Gitarristen Jakob Schulze, dem Schlagzeuger Tobias Gerth und dem DJ Da Wizard. Der Sound und die forschen, auch oft gesellschaftskritischen Töne werden einem hier nur so um die Ohren gedrescht. Aber klar, das will das Publikum auch so, denn dazu kann ordentlich abgefeiert werden.

Leoniden

Jakob, Djamin, JP, Felix und Lennart spielen Indie-Rock mit viel Energie und einer Begeisterung, die jede Skala sprengt. Die Leoniden stehen keinesfalls für eine entspannte Runde, sondern ab der ersten Note wird hier voller körperlichen und musikalischer Einsatz gebracht – und vom Publikum gefordert. Besonders Gitarrist Lennart scheint kurzeitig von einem irren Indie-Dämon besessen zu sein: Er tanzt wild über die Bühne, steckt sich das Mikro in den Mund, wirbelt seine Gitarre durch die Luft, beisst ins Kabel und das Shirt seines Bandkollegen. Auch vor der Bühne geht es ordentlich zur Sache, als Sänger Jakob Amr den Moshpit eröffnet. Die eingängigen Melodien und fesselnden Texte verschmelzen zu einem harmonischen Klangteppich, der das ganze Infield in einen hypnotischen Rausch versetzt.

Electric Callboy

Fast zur Prime Time fährt nun der Tekkno Train auf der Fire Stage ein. Sänger Kevin Ratajczak begrüsst als erster das Infield. Auch wenn man Electric Callboy als Phänomen der letzten Jahre, bzw. letzten Singles, beurteilen könnte, sind sie keine One-Hit-Wonder. Die deutsche Metalcore-/Trancecore-Kombo hat sich in 2022 kurzerhand umgenannt (vorher Eskimo Callboy). Die Fans stört das aber nicht, an Qualität und Spielfreude der sechs Jungs hat das nichts geändert, vielleicht im Gegenteil. Mit ihrem aktuellen Album „Tekkno“ aus 2022 versprechen sie jede Menge Hits, die für ausgelassen Stimmung sorgen. Direkt wird klar, diese Fahrt geht von Null auf 100 in Rekordzeit und wird hart, heiß, extrem feurig und ohne Rücksicht auf Verluste. Sei es nun „MC Thunder II“, „Hate/Love“ oder das obligatorische „Hypa Hypa“, die Menge geht klasse mit und verwandelt unter Regie der Band, das Field in einen moshenden, schwitzenden und vor allem feiernden Hexenkessel. Als besonderer Blickfang bieten Electric Callboy Verkleidungen, ein Phallus-Piano, ein Konfettigewehr und jede Menge Feuer, Funken und Nebel. Die übliche Herumalberei, der augenzwinkernde Humor sowie Comedy-Einlagen der Jungs tun dazu noch ihr übriges.

Alice Merton

Die deutsch-britische Sängerin Alice Merton ist schon viel herumgekommen. Aufgewachsen in Kanada, zwischenzeitlich auch in England, lebt sie heute in Berlin. Nach einem Wirtschaftsstudium sattelt sie kurzerhand um und studiert Popmusikdesign. Und was dabei herausgekommen ist, weil sich die junge Frau so intensiv mit Musik beschäftigt hat, ist perfektes, musikalisches Entertainment. Sie setzt ihre Fähigkeiten gekonnt ein und präsentiert knackig-fetzige Popsongs, die mit wunderbarem Gesang, tollen Geschichten und guter Instrumentierung punkten. Bereits mit ihrer ersten Single „No Roots“ hat Alice Merton den ultimativen Ohrwurm geschaffen. Mit weiteren Singles wie „Hit The Ground Running“, „Lash Out“ oder Why So Serious“ hat sie schnell bewiesen, dass der Weg vom Geheimtipp zur gefeierten Pop-Newcomerin nicht weit ist. Beim Deichbrand Festival 2023 wird die Kanadierin gut gelaunt empfangen, ihre Songs und Performance mit textsicheren Sprechchören und sogar handgemalten Bannern gefeiert.

Fritz Kalkbrenner

Diesen gebürtigen Berliner DJ kennt man. Aus dem Radio, den Hitlisten bei Spotify und natürlich auf Grund seines Nachnamens. Fritz Kalkbrenner ist der jüngere Bruder des ebenfalls berühmten Musikers und Musikproduzenten Paul Kalkbrenner, mit dem er gemeinsam den ersten Hit „Sky and Sand“ produziert hat. Seitdem macht jeder aber sein eigenes Ding und das kann sich sehen bzw. hören lassen. Mit insgesamt sechs Studioalben seit 2010 und dazu mit neustem Werk „True Colours“ aus 2020 hat er überall positives Feedback eingesammelt. Wer bei dieser Show dabei ist, bekommt weniger etwas fürs Auge als für die Seele. Der Musikmix aus chilligen House-Trance-Sounds und fetten Beats lassen es einem angenehm elektrisch warm um Herz und Ohren werden. Dabei wechseln sich instrumentale und stimmliche Passagen ab und bringen ein klangvolles Gleichgewicht. Eben anders als es beim Sound seines Bruders der Fall ist, der eher für seine treibenden Beats geliebt wird. Jeder was er mag. Vor allem zeichnet sich Fritz Kalkbrenner aber auch durch den Gesang mit der soulig-verruchten Stimme aus, noch etwas bei dem sich die Musik der Brüder unterscheidet.

Broilers

Die Broilers gehören spätestens seit der 2014 erfolgten Veröffentlichung ihres Nummer-1-Albums „NOIR“ zu den erfolgreichsten Gruppen der deutschsprachigen Punkrock-Szene. Der Longplayer wurde für seine Verkäufe ebenso wie das vorangegangene Epos „Santa Muerte“ mit einer Goldauszeichnung geehrt. Die Broilers – bestehend aus Sammy, Ron, Ines, Andi und Chris – haben in der Coronapause an neuen Liedern gearbeitet und neue Ideen entwickelt, mit dabei haben sie das in 2021 veröffentlichte Werk „Puro Amor“ und viele ihrer Songs der über 30-jährigen Bandgeschichte. Die fünf Musiker sind bereit, die Water Stage wahrhaftig lodern zu lassen. Da die Broilers den guten Ruf genießen, eine der besten Live-Bands des Landes zu sein, ist das Infield bis zu Bersten gefüllt. Ihr unverwechselbarer Sound-Mix ist beliebt – Punk, Streetrock gepaart mit Singer/Songwriter-Elementen und dazu die Texte von Sänger und Gitarrist Sammy Amara, der mit trockener Poesie, Privates, Politik und Alltag treffend kommentiert.

Paula Hartmann

Die Sängerin und Schauspielerin Paula Hartmann zog alle Blicke auf sich, als sie mit ihrer mitreißenden Performance die Bühne des Palastzeltes betrat. Mit ihrem einzigartigen Mix aus modernem Pop und hip-hop-inspirierten Elementen verzauberte sie das Publikum und bewies, dass sie zu Recht als aufstrebender Stern am Musikhimmel gilt. Alles begann für die 20-jährige Paula im Sommer 2021 mit der Veröffentlichung ihrer ersten Single „Nie verliebt“. Der Song erntete sofort viel Lob und ebnete den Weg für weitere Hits wie „Fahr uns nach Hause P1“ und „Truman Show Boot“. Ihre Lieder drehen sich vor allem um die Liebe und das Großstadtleben, weshalb sie ihre Musik auch als „moderne Großstadtmärchen“ bezeichnet. Paulas besondere Fähigkeit, mit ihren Texten Geschichten zu erzählen, zog das Publikum im Palastzelt in ihren Bann. Nah am Herzschlag der Hip-Hop-Musik präsentiert sie gleichzeitig einen modernen Popstil, der die Fans in seinen Bann zieht und für euphorische Stimmung sorgt. Im Sommer 2022 war Paula bereits auf zahlreichen Festivalbühnen in der ganzen Republik zu sehen, was ihre wachsende Popularität und ihr Talent als Live-Künstlerin unterstreicht.

K.I.Z

Wenn ein Veranstalter K.I.Z im Booking hat, ist das immer ein Garant für ein volles Infield. Die Berliner Rüpel-Rapper sind nicht zum ersten Mal Teil des Deichbrand Line-up, denn sie waren bereits 2014 auf dem Flughafengelände in Nordholz. Nu sind neun Jahre vergangen, K.I.Z haben ihre Popularität verzigfacht. Warum? Die Rapper Tarek, Nico und Maxim sind bekannt für provokative Texte und eine satirische Herangehensweise an gesellschaftliche Themen. Sie haben damit eindeutig den Zahn der Zeit getroffen. Hier muss man als Fan aber auch einiges einstecken können, in bekannter K.I.Z.-Manier wird alles abgewertet, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Baum hin oder her, eigentlich machen die Berliner vor gar nichts Halt. Schon bevor es losgeht sind die Fans sind ganz schön aus dem Häuschen. Hier und da sieht man die typisch orangefarbenen Fahnen über den Zuschauerköpfen mit dem typischen Notenständer. Und dann geht es auch schon zur Sache. Hämmernder Bass dröhnt aus den Lautsprechern und schon fegen die K.I.Z-ler über die Bühne. Vom aktuellen Album „Rap über Hass“ (VÖ 2021) eröffnet der Song „VIP in der Psychiatrie“ das Set der Band und das Bühnenbild einer Psychiatrie gibt eindeutig die ausgefallene Richtung dieser Show an. Die eingängigen Texte von K.I.Z sind gespickt mit viel schwarzem Humor und Sarkasmus. Das macht Laune. Maxim, Nico und Tarek haben Deutschland mit ihrem „Charme“ angesteckt und zeigen, dass man auf einem Deutschrap-Konzert auch mal richtig moshen kann. Es gibt jede Menge Hits ihrer Alben, wie das knackige „Unterfickt und geistig behindert“, das melodische „Urlaub fürs Gehirn“ oder die Klassiker wie „Ein Affe und ein Pferd“ und „Hurra die Welt geht unter“. In der Menge ist ein solcher Tumult, die Fans springen und pogen, gröhlen und feiern.

Kontra K

Der charismatische Familienvater, Boxer und Coach schreibt in seinen Songs bekanntlich gern über sich selbst und über sein Leben. Dabei gewährt er tiefe Einblicke in seine Persönlichkeit. Und da liegt auch schon das Geheimrezept seines Erfolges: Identifikation. Denn seine große Hörerschaft findet sich problemlos in seinen Texten wieder. Vor der Water Stage ist es rappelvoll, als am Abend die Silhouette von Kontra K auf der Bühne zum Vorschein kommt. Im Publikum herrscht sofort absoluter Ausnahmezustand. Das Gekreische der Frauen übertönt fast die Musik und die unendlich vielen Handykameras starren gespannt auf die Bühne. Energiegeladen, gut gelaunt und natürlich gutaussehend, stürmt Kontra K die Bühne und liefert eine unglaubliche Performance. Für die zahlreichen weiblichen Fans zieht Kontra K wieder einmal blank und rappt sich oberkörperfrei durch ein gut gewähltes Set. Wo andere Rapper eher auf unnahbar machen, lässt Kontra K seine Fans lieber an sich heran. Berührungsängste kennt der Berliner nicht, er reicht den ersten Reihen die Hände und rappt seine Hits von mittlerweile 11 Studioalben gemeinsam mit den begeisterten Fans.

Danke: Theresa Friedenstab (redaktionelle Mitarbeit)