Deichbrand Festival 2023 am Sonntag – Unsere Highlights


Deichbrand Festival 2023 am Sonntag
Das nächste Deichbrand Festival startet wieder vom 17. bis 21. Juli 2024 in Cuxhaven. (Bild: stagr / Julia Langmaack)

Der dritte und letzte Festivaltag ist in vollem Gange, doch das Wetter hat sich seit dem Regenbeginn am Samstagmittag nicht verändert. Es hat sich regelrecht eingeregnet auf dem Seeflughafen Nordholz und damit an vielen Stellen des Festivalgeländes auch Matsch und tiefe Pfützen hinterlassen. Das Auffüllen mit Hackschnitzeln hilft etwas, aber auch auch den Campingsplätzen ist bereits einiges „unter Wasser“. Für viele Besucher heißt es daher schon früh die Sachen zusammensammeln oder packen, Regenzeug an und dann aufs Gelände. 

Damit neigt sich das Deichbrand Festival 2023 dem Ende zu. Wie schade! Das musikalische Programm beginnt am Sonntag wieder zur Mittagszeit mit Meute, die als Publikumsmagnet für ein frühes und volles Infield sorgen – gefolgt von Royal Republic, Freya Ridings, Adam Angst, The Bosshoss, Von Wegen Lisbeth, Luna, Oliver Koletzki und vielen weiteren. Zur Primetime kommt es dann zum großen Finale – Jan Delay und seine Disko No. 1 läuten es ein, die Beatsteaks folgen und zu guter Letzt sagt Marteria auf der Water Stage gute Nacht. Und wer will, kann natürlich noch bis 2 Uhr morgens mit Boys Noize auf der Electric Island Stage den Abschied der diesjährigen Festivalausgabe feiern. Der neue Termin für das kommende Jahr steht übrigens schon fest, vom 18. bis 21. Juli geht das Deichbrand Festival 2024 in die nächste Runde!

Meute

Die Techno-Marching-Band Meute gibt sich am Mittag des letzten Festivaltages die Ehre und lockt eine Menge Zuschauer vor die Fire Stage. Die einen aus Neugier (was bitte ist eine Techno-Marching-Band?), die anderen, weil sie wissen, dass hier Stimmung aufkommt. Meute besteht aus elf Bandmitgliedern. Ihr Ding ist es, Techno-, House- und Deep-House-Tracks bekannter DJs neu zu arrangieren und die elektronischen Beats mit den Instrumenten einer Blaskapelle in Szene zu setzen. Mit ihren charakteristischen roten Jacken brechen sie gerne Regeln und Grenzen. Was als kleines Experiment auf den Straßen von St. Pauli begann, hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem weltweit gefeierten Phänomen entwickelt. Mit ausschließlich akustischen Instrumenten revolutionieren sie den Techno und definieren gleichzeitig die Idee der Blaskapelle neu. Mit vielen bekannten und viralen Hits sorgen sie für elektronische Ekstase und laden zu bunten, berauschenden Exzessen in schweißtreibender Glückseligkeit ein.

Kamrad

Früher war Tim Kamrad mit Vor- und Nachnamen in der Musikwelt unterwegs, mittlerweile trägt er nur noch seinen Nachnamen. Das reicht auch. Man kennt ihn ja inzwischen. Und wer denkt – schon wieder so ein neuer deutscher Singer-Songwriter – der bekommt doch ein etwas anderes, frischeres Bild. Der junge Wuppertaler hat 2018 sein Debütalbum „Down & Up“ veröffentlicht und in diesem Jahr mit „not good at playing love songs“ nachgelegt. Im Gegensatz zu vielen deutschen Kollegen sind die Songs auf beiden Werken auf Englisch. Verschiedene Einflüsse aus R’n’B, Funk und Groove verschmelzen mit Gitarrenriffs zu einem rhythmischen Potpourri. Über die absolut ohrwurmtauglichen Melodien legt der charismatische Sänger seine beeindruckende Stimmvielfalt. Ein sympathischer Auftritt.

Royal Republic

Royal Republic haben zuletzt 2019 mit Club Majesty“ ein Album veröffentlicht, das damals richtig gut ankam. Auch der Vorgänger „Weekend Man“ von 2016 und die erfolgreiche gleichnamige Tour haben die Schweden auf ihrem Weg in den Musikolymp weiter nach oben katapultiert. Ihr lässiger Funk mit luxuriösem Arschwackeleffekt und tightem Rock’n’Roll zeigt, dass Royal Republic geniale Musiker sind. In der Sekunde, in der Adam Grahn und seine Kollegen die Fire Stage betreten, geht die Rockshow los. Die Gitarrensaiten kreischen, die Bassdrum wummert, und Grahn entpuppt sich schnell als echte Frontsau mit markant königlicher Stimme. Er ist aber auch ein echter Charmeur, schwingt lasziv die Hüften, spielt gekonnt mit den Fans. Das Publikum springt, tanzt, singt, feiert und lässt immer wieder „Royal Republic“-Chöre bis in die letzte Reihe aufflammen. Auf der Bühne ist die Stimmung bei Grahn und Hannes Irengård (Gitarre), Jonas Almén (Bass) und Per Andreasson (Schlagzeug) ähnlich ausgelassen. Nicht nur das musikalische Niveau ist hoch, auch der Unterhaltungsfaktor stimmt. So treiben sich Musiker und Publikum von Song zu Song gegenseitig in die Höhe.

Nura

Auch die zweite, ehemalige Bandangehörige von SXTN tritt beim Deichbrand Festival – die beiden Mädels haben sich schließlich getrennt und sind seitdem solo auch sehr erfolgreich unterwegs. Am Freitag ist Juju auf der River Stage gewesen– Nura heizt nun an gleicher Stelle das Infield auf. Der DJ fragt: „Habt ihr Bock auf Nura?“ Haben alle! Als der Fan-Jubel vom DJ als angemessen euphorisch bewertet wird, kommt selbige dann endlich auf die Bühne und zwar mit Unterstützung von zwei Tänzerinnen. Was Nura den Zuschauern liefert ist eine Ode an die Macht der Worte und eine feurige Huldigung an die weibliche Stärke. Mit ihren messerscharfen Reimen erobert sie die Bühne im Sturm. Nura verkörpert eine revolutionäre Vision von Rap und setzt ein klares Statement für Empowerment und Gleichberechtigung.

Freya Ridings

Die britische Singer-Songwriterin wird an diesem Nachmittag von einer dreiköpfigen Band begleitet. Freya Ridings überzeugt hier nicht nur als Sängerin, sondern auch als Geschichtenerzählerin. Zwischen den Songs teilt sie persönliche Anekdoten, die das Publikum noch näher an sie heranrücken lässt. Es ist, als würde man eine vertraute Freundin dabei haben, die ihre tiefsten Gefühle mit einem teilt. Besonders berührend sind die ruhigen, intimen Momente, in denen Freya Ridings nur von ihrem Klavier begleitet wird. Ihre Stimme füllt das Gelände regelrecht aus und so schafft sie eine Atmosphäre der Stille, in der man förmlich die Zeit anhalten kann. Doch auch die kraftvollen, mitreißenden Momente lassen das Publikum nicht unberührt. Mit jeder Note scheint Freya Ridings eine ungeahnte Energie freizusetzen, die das Publikum in eine ekstatische Begeisterung versetzt. Meist im Hintergrund setzen die Musiker immer dann Akzente, wenn die Songs es nötig haben. So zum Beispiel beim “Love Is Fire”, You Mean the World to Me” oder später bei “Ultraviolet”, welches durch die zusätzlichen Instrumente noch größer wirkt.

The Bosshoss

Seit über 19 Jahren existiert The BossHoss mit ihrem Pop-Country-Mix bereits. Dabei sind die ständigen Mitglieder zumindets die beiden Frotmänner Boss – Alec Völkel (Gesang) und Hoss – Sascha Vollmer (Gesang, Akustikgitarre), dazu kommen  fünf weitere Bandmitglieder. Mit dem aktuellen Album „Electric Horsemen“ aus Mai 2023 sind die Berliner Country-Rocker The BossHoss in diesem Jahr auch auf großer, gleichnamiger Tournee. Dabei wird die siebenköpfige Band natürlich wieder alle Erwartungen übertreffen. Klar, dass da auch in Nordholz keine Ausnahme gemacht wird. Gewohnt energiegeladen zeigt die Band eine mitreißende Show aus Cover-Interpretationen und schlagkräftigen Eigenkompositionen. Vor dem neuem Bühnenbild und mit altbekannten Hits sowie auch Songs des neuen Werks, schmettern Boss, Hoss und Co. über Gitarre, Kontrabass, Posaune, Trompete und einige Instrumenten mehr. Im Publikum kocht derweil die Stimmung nach oben und die beiden Frontmänner ziehen ihre lässige Macho-Cowboy-Nummer durch.

Luna

Am Sonntagabend eroberte die talentierte Sängerin Luna die Bühne des Deichbrand Festivals im Palastzelt und zog das Publikum mit ihrer außergewöhnlichen Musikalität in ihren Bann. Bereits im Alter von zehn Jahren entdeckte Luna ihre Leidenschaft für die Musik und begann ihren Weg mit Klavierunterricht. Inspiriert von Hip-Hop-Sounds kombinierte sie gekonnt Klavierkompositionen mit eingängigen Beats und veröffentlichte ihre ersten eigenen Songs auf verschiedenen Plattformen. Ihren Künstlernamen wählte sie bewusst, da sie sich mit der römischen Mondgöttin Luna identifiziert und sich selbst als Nachtmensch sieht. Ihr musikalisches Talent blieb nicht unbemerkt und so war sie im Januar 2021 in der Akustikversion des Nummer-eins-Hits „Highway“ von Katja Krasavice und Elif zu hören.

Jan Delay & Disko No.1

Im sportlichen Anzug, mit Sonnenbrille und Hut stürmt Hamburger Jan Delay die Bühne. Mit „Klar“, „Feuer“, oder „Oh Jonny“ wird ordentlich in die Hitkiste des Musikers gegriffen. Hier kann jede Strophe von den Zuschauern textsicher mit- und teilweise sogar alleine gesungen werden. Aber es gibt dann auch einiges Neues von der Hip-Hop-Ikone – mit Songs wie „Eule“, „Kinginmeimding“, „Spass“ oder „Saxophon“ – schließlich ist das aktuelle Album „Earth, Wind & Feiern“ seit 2021 erhältlich und Lieder davon konnten bisher nur wenige Mal live vorgestellt werden. Doch nicht nur die eigenen Hits werden mit dem Publikum gefeiert, auch seine flotten Medleys á la MC-Hammer, Das Bo, Dr. Dre oder Michael Jackson sorgen für ordentlich Stimmung auf und vor der Bühne. Für Augen und Ohren hat Jan Delay gleichermaßen was zu entdecken. Die fantastische Band spielt gestylt im Retro-Look und Delay selbst fegt mit seinem unverwechselbaren näselnden-Sprechgesang über die Bretter. Zum Ende wird noch die große Fahne geschwenkt.

Beatsteaks

Die Berliner Beatsteaks sind auf Festivals ein Garant für beste Stimmung. Sie gelten in Deutschland als eine der erfolgreichsten Alternative-/Punk-Rockbands und sie halten sich immer wieder in den Charts. Auch wenn neues Material zuletzt in 2017 mit „Yours“ erschienen ist, die Beatsteaks haben keinen Fan verloren. Die Berliner werden gebührend empfangen. Sänger Arnim Teutoburg-Weiß geizt nicht mit Fannähe. Mit den ersten Reihen nimmt er immer wieder gern Kontakt auf. Aber auch oben und in den hinteren Reihen hat man immer das Gefühl, als wäre man mittendrin und die Jungs auf der Bühne sind ganz nah. Alle Fans zeigen sich textfest, wenn „Hello Joe“ oder „Gentleman of the Year“ gespielt werden. Die Beatsteaks sind absolut in Feierlaune und geben alles. Und die Fans natürlich auch, da darf auch mal über die Crowd gesurft werden. Die ganzen Knaller der acht Beatsteaks-Scheiben gibt es zu hören. „Summer“, „Hey Du“, „Let Me In“ und „I Don’t Care As Long As You Sing“ dürfen natürlich nicht fehlen. Spielfreude pur, die Beatsteaks in Bestform und eine Show, die keiner so schnell vergisst.

Marteria

Am späten Abend geht beim Deichbrand Festival 2023 am Sonntag eine echte Deutsch-Rap-Größe auf die Water Stage. Deutsch-Rapper Marten „Marteria“ Laciny ist nicht zum ersten Mal auf dem Gelände des Glughaven Nordholz. Bereits in 2017 hat der gebürtige Rostocker als Top-Act hier gestanden und wiederholte seine Anwesenheit zwei Jahre später – wenn auch in Form seines Alter Egos Marsimoto. Beide Male hat er nahezu die Bühne abgerissen. Und den Deichbrand-Fans ist es ein Fest, damals wie heute. Marteria macht orhwurm-tauglichen Deutsch-Rap der jeden mitzieht und daher auch Headliner-würdig ist. Wenn der Rostocker auf die Bühne kommt, hat er sofort sein Publikum im Griff. Zusammen mit großartiger Liveband und Gast-Sängern sowie DJ-Unterstützung von seinen Kumpels Nobody’s Face und Kid Simius wird auf den Putz gehauen und die Zuschauer vor der Bühne drehen massenhaft durch. Dazu gibt es Rauchbomben und Bengalos, die während der Show auf der Bühne und im Publikum gezündet werden. Marteria liefert wieder einmal eine passende Video, Licht- und Laser-Shows und das gepaart mit seiner grandiosen Musik. Songs wie „Endboss“, „Scotty Beam mich hoch“, „Bengalischer Tiger“, „OMG“, „Kids“ der „Lila Wolken“ werden textsicher mitgesungen, während der mächtige Bass einem den Magen massiert. Zu guter letzt startet Marteria mit seinen Fans die traditionellen „Letzten 20 Sekunden“, die gefühlt nie enden wollen. Das ist ein nächtlicher, druckvoller Vollabriss zum Abschied des diesjährigen Deichbrand Festivals, ganz so wie man das von Marteria kennt.

Danke: Theresa Friedenstab (redaktionelle Mitarbeit)