Das große Foonale: der letzte Tag vom Sziget Festival 2019


Sziget Festival 2019 / Sziget 2019
(Bild: stagr / Axel Schilling)

Vom 07. bis 13. August wurde eine Donauinsel in Budapest zu einem der größten Musikfestivals Europas: Sziget 2019. Heute berichten wir vom Dienstag.

Gestern war der letzte Tag des Sziget 2019. Natürlich haben alle auf den Headliner aller Headliner hin gefiebert: die legendären Foo Fighters, die das Festival mit einem mächtigen 2,5 Stunden Set beenden wollten. Doch die Fans konnten sich noch auf weitere interessante Bands freuen: Frank Carter and the Rattlesnakes, Idles und die Twenty One Pilots.

Täglich rockt das Murmeltier

Fotograf Axel und ich gingen gestern zum nunmehr 6. Mal auf das Festivalgelände. Auch wenn sich die Bands ändern, schleichen sich Routinen ein: mit dem Taxi zur Insel, über die alte Stahlbrücke, durch die Sicherheitsschleuse, rechts am Mastercard Zelt vorbei, rüber zum Begrüßungsbier, dann zur Europabühne, spätes Mittagessen einlegen, Pinkelpause, noch ein Bier, ab zur Hauptbühne und so weiter und so weiter und so weiter. Auch die Securities im VIP-Bereich (in den auch Very important Redakteure wie wir reindurften) schauten nicht mehr so genau aufs Bändchen, sondern nickten uns nur noch zu. Man kennt sich.

Gelände ohne Ende

Wenn man nach so vielen Tagen Sziget denkt, man hat alles gesehen, geht man um eine Ecke und entdeckt ein riesiges Areal, das einem völlig unbekannt war. Zum Beispiel der bunte Jahrmarkt, der alleine zehn, zwanzig Attraktionen bot. Oder die riesige Art Zone mit vielen verrückten (und manchen weniger verrückten) Kunstwerken. Auf dem Sziget verbirgt sich hinter jeder Ecke noch eine Bühne, noch ein Food Truck, noch eine Party.

Frank Carter & the Rattlesnakes

Nach vielen Tagen bei Hochtemperaturen war es am Dienstag grau und frisch. Auf den Screens neben der Hauptbühne, auf denen gestern noch vor der Hitze gewarnt wurde, wurde heute ein Unwetter angekündigt. Aber dass in wenigen Sekunden ein Orkan über die Bühne toben sollte, konnte keiner wissen: Frank Carter & the Rattlesnakes.

Starker Wind zog auf, als der Namensgeber der englischen Punk-Rock-Band grinsend auf die Bühne kam und brüllte: „Are you ready for some Rock’n’Roll?“ Und dann wurde es laut. Leadsänger bzw. Leadschreier Frank Carter sprang schon beim zweiten Song in den Bühnengraben zu den Fans. Er sang mit irrem Blick und einem Gesicht, das irgendwann so rot war wie seine Haare. Als wäre das nicht genug Action so früh am Tag, fragte er: „Ready for an early morning moshpit? I wanna go crowd surfing first!“ Dann kletterte er über die Absperrung, Gitarrist Dean Richardson direkt hinterher. Die beiden kämpften sich durch die Menschenmenge – und das singend und Gitarre spielend. Weil’s dafür schnell zu eng wurde, stiegen die beiden auf die Schultern der Fans, um dort ihren nächsten Song zu spielen. What. The. Fuck.

Johnny Marr

Weil Frank Carter & the Rattlesnakes die Bühne musikalisch in Schutt und Asche gelegt haben, hätten man eigentlich um 16:30 Uhr nach Hause gehen können. Doch dann hätte man Johnny Marr von The Smiths verpasst, einer der einflussreichsten Indie-Rock-Bands aller Zeiten.

Anstatt sich mit einem Hallo aufzuhalten, hat Johnny direkt den ersten Song gespielt: „Armatopia“. Etwas später er sich dann doch von seinem Legenden-Thron herabgelassen, um die Fans mit einem „Hello hello hello“ zu begrüßen, gefolgt von den Songs „Day In Day Out“, „Getting Away With It“ und einem Cover des Depeche Mode Klassikers „I Feel You“.

Twenty One Pilots

Als wir danach mit einem Bier in der Hand übers Festivalgelände schlenderten, fielen uns zahlreiche Fans auf, die sich mit knallgelben Klebestreifen dekoriert hatten: im typischen Stil der Twenty One Pilots, die um 18 Uhr auf der Hauptbühne angekündigt waren. Hier stand schon das schwarze Auto, von dem Kenner wissen, dass es gleich in Flammen aufgehen wird. Und das tat es schon zum ersten Song: „Jumpsuit“. Normale Menschen würden bei einem brennenden Auto die Feuerwehr rufen, Tyler Joseph rappt darauf den zweiten Song „Levitate“. Zurück auf dem Bühnenboden sang er „Heathens“. Die Twenty One Pilots spielten eine Mischung aus Rock, Pop, Hip-Hop und allem, was sonst noch gut ist. Kein Wunder, dass jeder sie mag. Ach ja, Konfettiregen gab’s auch. Natürlich gelb.

Idles

Nebenan auf der Mastercard Bühne riefen die Fans schon ungeduldig nach Idles, einer Post-Punk-Band aus England. Ich hatte von Idles noch nie gehört, aber das sollte sich ändern, als die Band um 19:15 auf die Bühne stürmte: Gitarrist Mark Bowen, nur in Unterhose, gefolgt von Sänger Joe Talbot und dem Rest der Band. Von Idles gab’s Punk für die Ohren und Punk für die Augen: Joe Talbot stampfte im Kreis über die Bühne, scheinbar stinksauer und kurz davor zu explodieren. Er krabbelte singend, schreiend und grölend über die Bühne, spuckte rum und schlug sich mit Wucht auf die Brust, immer wieder, immer wieder.

Foo Fighters

Schon zwei Stunden vor dem Gig wurden wir am Hintereingang der Hauptbühne von aufgeregten Securities zur Seite geschoben, damit mit fünf Vans mit getönten Scheiben durchfahren konnten. Ganz klar, wer drinsaß: die Foo Fighters!

Als die Band 2018 in Hamburg Open Air gespielt hat, konnte ich sie auf meinem Balkon hören – 4 km von der entfernt. Er wird also laut werden.

Um 20:30 Uhr gab’s endlich los: die Foo Fighters kamen auf die Bühne! Und das pünktlich, was für Superstars ja unüblich ist. Dave Grohl begrüßte die Fans mit den Worten „Are you fuckin ready? This gonna be a long, beautiful night!“ Ein dickes, fettes 2,5 Stunden Konzert war angesetzt. Gut, dass die Foo Fighters in 25 Jahren Bandgeschichte genug Songs geschrieben haben, um den Abend zu füllen: „We got a lot of fuckin songs to play!“ Und der erste war direkt ein Klassiker, den sogar ein Hip-Hop-Head wie ich mitsingen konnte: „All My Life“. Dann spielten sie „Learn To Fly“, gefolgt von „The Pretender“, „The Sky Is a Neighorhood“ und 17 weiteren unsterblichen Songs.

Ganz am Ende gab’s noch eine Überraschung, die für Foo-Fighters-Kenner keine war. Denn die wissen, dass die Band gerne mal Fans auf die Bühne holen. Auf dem Sziget war’s ein crowdsurfender Rollstuhlfahrer, der von Dave Grohl entdeckt wurde: „He’s the star of the show right there!“ Die Fans haben ihn mit vereinten Kräften nach vorne getragen, damit er auf der Bühne den letzten Song des Abends erleben konnte: „Everlong“. Als wäre das nicht genug, durfte er Dave Grohls Gitarre in Rockstar-Manier auf den Bühnenboden krachen lassen, was mit tosendem Applaus belohnt wurde. Der Typ wird noch tagelang selig grinsen.

Ende laut, alles gut.

Das Foo Fighters Konzert war ein lauter, legendärer Abschluss des siebentägigen Sziget-Festivals. In einer ungarischen Zeitung habe ich gelesen, dass geschätzte 530.000 Besucher da waren. Um Dave Grohl ein letztes Mal zu zitieren: „This is a big fuckin festival! I like it like that!“

Wir sind hundemüde, gönnen uns aber keine Pause: Schon in wenigen Tagen sind wir euch auf dem Dockville in Hamburg. Wir sehen uns dort!

Sziget Festival 2020: Tickets + Infos

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