Summer Breeze 2022 – So war es der Samstag


Summer Breeze 2022
Am Wochenende des 17. bis 20. August startete das Summer Breeze 2022 wieder in Dinkelsbühl. (Bild: Mirco Wenzel)

Und da ist es auch schon fast schon wieder vorbei. Der letzte Tag des Summer Breeze 2022 hat begonnen. Nach einem letzten, diesmal nur etwas kürzeren, aber intensiven Regen lässt sich auch die Sonne wieder blicken. Die ersten Bands des Tages sehen dennoch oftmals erneut nur Regencapes vor der Bühne. Insgesamt fallen an den beiden Regentagen über 50 Liter pro m², was sich entsprechend auf so manches Gemüt auswirkt. Anderes wiederum ist dies völlig egal. Entweder baden sie im Schlimm oder feiern, als wenn alles normal ist. Die Wege bilden in der Zwischenzeit ein wahres Hindernis. Wer keine Stiefel hat, ist völlig machtlos und rutscht in einer Tour. Mit Stiefeln ist dies nur geringfügig anders, dafür bleiben die Füße meist im Zentimeter hohen Schlamm und Wasser trocken. Es ist eine Wassermasse, die das Summer Breeze noch nie gesehen hat und die Organisatoren an ihre Belastungsgrenze und darüber gebracht hat. Dennoch musste kein Auftritt aus diesen oder anderen Gründen abgesagt werden. Lediglich gab es eine Verschiebung, was die Timeslots zweier Bands betraf, die einfach getauscht haben.

Nämlich Dark Funeral. Diese haben aufgrund von Flugproblemen ihren Auftritt vorziehen müssen und stehen nun statt um 1 Uhr nachts schon um kurz nach 16 Uhr auf der Bühne. Zugegeben, es ist etwas komisch, eine Black Metal Band am Nachmittag zu sehen. Die sonst ruhigen, von der Lichtshow untermalten Bewegungen sind die gleichen, nur ist es hell. Die Fans nehmen es mit Humor. Lieber so, als dass das Konzert ausfallen muss. So wird auf der Stelle das Haar geschwungen – Black Metal eben.

Bei Bury Tomorrow ändert sich das Bild schlagartig. Egal wo man hinguckt, wo vorher Stillstand war, plötzlich ein Pit. Immer wieder treibt Sänger Daniel Winter-Bates das Publikum weiter an. “I Want this whole fucking place spinning” – “You think we are fucking done? We need your movement!”, sagt er, während er selbst wie wild auf der Bühne auf und ab läuft, zusammen mit dem Rest der Band. Es ist die erste Tour seit dem Ausstieg von Gitarrist und Clean Sänger Jason Cameron im letzten Jahr. Die neue Besetzung kann aber sofort überzeugen und alle Songs, die seitdem entstanden sind, werden zum Besten gegeben. Trotz Electric Callboy vor ein paar Tagen möchte die Band einen Crowdsurfer Rekord aufstellen. 1.000 Surfer sollen es zu “Man On Fire” werden. Am Ende kommen “nur” über 160 im Graben an, auf einen Song gerechnet wirkt es aber dennoch rekordverdächtig. “Best Festival in the Summer, thank you very much”, sagt Daniel schlussendlich und hat spätestens damit die Herzen der Fans erobert.

Schon zu Beginn des Sets von Blind Guardian sagt uns Sänger Hansi Kürsch, dass es noch nie auf einem Blind Guardian Konzert geregnet hat. Puh, da haben wir aber Glück gehabt. Tatsächlich bleibt der Regen weiterhin aus, über bleibt nur der Schlamm, der inzwischen überall ist, außer auf dem kleinen gepflasterten Streifen vor der Bühne. Es steht ein Song mehr als geplant auf der Setlist, meint er weiter, daher muss er sich heute kurz fassen mit Ansagen. Das klappt nur mäßig, wird aber damit ausgeglichen, dass die Band 10 Minuten früher als angekündigt auf der Bühne steht. Das Set ist heute die geplante Jubiläumstour zum 30. Geburtstags des Albums „Somewhere Far Beyond“. So gibt es das Album in voller Länge, was viele Fans freut. “Mir wurde über die Jahre immer wieder gesagt, dass das Summer Breeze kein Blind Guardian Publikum ist, aber ich stelle fest, es IST ein Blind Guardian Publikum, das ist alles Fake News”, sagt Hansi später. Es ist ihr erstes Mal auf dem Festival, aber er versichert, dass es keine weiteren 25 Jahre dauern wird, bis sie wiederkommen. Lautes Mitsingen steht heute and er Tagesordnung. Dies jedoch besonders beim letzten Song des Auftritts, “Valhalla”, bei dem das Publikum noch weit über das Ende hinaus singt.

Genau dies macht sich Heaven Shall Burn zunutze. Wo sonst aktuell ein Intro von Scooter ertönen sollte, steht plötzlich Sänger Marcus Bischoff auf der Bühne. Er meint, das würde jetzt komplett die Stimmung zerstören und findet, dass wir noch weiter singen sollen. So stimmt er wieder “Walhalla” an und lässt das Publikum einen Moment singen, bevor es mit “My Heart and the Ocean” direkt in die Vollen geht. Pyro steht hier an der Tagesordnung. Generell gibt es gefühlt mehr Songs mit, als ohne Pyro am heutigen Abend. Das Set ist vom letzten Album geprägt, enthält aber auch ein Cover. “Valhalla” von Blind Guardian wird jedoch nicht gespielt. “Das wäre Gotteslästerung”, meint Marcus. Dafür gibt es das klassische “Black Tears” von Edge of Sanity. Mit “Behind a Wall of Silence” befindet sich jedoch auch ein sehr alter Song im Set. Gegen Ende des Auftritts meldet sich Gitarrist Maik Weichert zu Wort und hält eine kurze Ansprache gegen Krieg und Faschismus, bevor das Intro von “Tirpitz” ertönt. Anschließend meldet sich Marcus erneut und bedankt sich im Namen aller Bands dafür, dass wir alle trotz dem Schlamm und Regen dennoch hier sind. Es ist zwar noch nicht das letzte Festival der Band, aber den heutigen Tag kann nichts mehr toppen. Das große Finale ist heute „Hunters Will Be Hunted ”, bei dem die Fans nochmal alles geben.

Es geht brachial weiter – auf der T Stage stehen Combichrist in den Startlöchern und so manch einer balanciert etwas schneller als vielleicht gut ist die Schlammwege zwischen den Bühnen entlang, um sich pünktlich zum Opener “Heads Off” in den amtlichen Pit vor der Bühne zu stürzen. Leider hat der Fluch der streikenden Technik nun doch die T-Stage erreicht, die das gesamte Festival mit perfektem Sound überzeugen konnte. Man konnte Sänger Andy nicht hören – allgemein schien auch mit dem Monitoring etwas nicht zu stimmen. Nach einem Mikrofonwechsel war das erste Problem behoben – das zweite wurde einfach von einer Wall of Sound niedergewalzt. In den ersten Reihen sollte man besser keinen Herzschrittmacher tragen, wenn Combichrist auf der Bühne stehen, bringt der Bass Druck auch schon ein gesundes Herz zum Vorübergehenden aussetzen. Im Gegenzug zu den anderen Terminen, die die Jungs auf ihrer Europatour spielten, gab es heute ein eher Metal-lastiges Set auf die Ohren und “Blut Royale” sollte der einzige elektronische Song im Set sein. Die Auswahl erwies sich als goldrichtig, denn vor der Bühne war es trotz starker Konkurrenz seitens der Hauptbühne ziemlich voll und füllte sich nach dem Ende des Heaven Shall Burn Sets nochmal deutlich.

Anschließend stehen Cypecore auf der Bühne. Zum Glück im Dunkeln, denn nur so kommen die LED-Überzogenen Anzüge der postapokalyptischen Band erst richtig zum Vorschein. Pyro gibt es heute leider nicht, braucht es aber auch nicht. Lediglich eine Nebelpistole und ein Bengalo sorgen für kleine Highlights in einer Show, bei der die Musik klar im Vordergrund steht. Mit “Chosen Chaos” das erste neue Live-Material seit 2018, welches gebührend gefeiert wird. Das Publikum schaut dabei gespannt auf die Lichtshow, schwingt das Haar oder singt lautstark mit, besonders bei “The Hills Have Eyes”. Eine Wall of Death gibt es natürlich auch. Mit “Saint Of Zion” verabschiedet sich Cypecore schließlich mit viel Applaus von der Bühne.

Alles hat ein Ende – auch das Programm auf der Main Stage. Hier gab sich niemand geringeres als die fränkische Spass Metal Fraktion J.B.O die Ehre, als letzte Band des Festivals auf der Main nochmal eine fette Party zu feiern. Vergessen war der Regen, der Matsch, die verlorengegangene Stimme, die schmerzenden Füße – hier wurde nochmal alles gegeben und mächtig die Sau rausgelassen, um den wahren Blödsinn zu verteidigen. Als ein Flugzeug mit einem perfekten Wurf den Weg auf die Bühne fand, wollte Hannes es genauso gut wieder zurückwerfen – der erste Versuch misslang – der Zweite konnte dann als “okay” verbucht werden. Der Song “Keep of Rockin’”, der eigentlich schon nach dem eigentlichen Schlusspfiff angestimmt wurde, war der Band eine Herzensangelegenheit, sich deutlich gegen den Krieg auszusprechen, sodass es für die Bühnencrew in Ordnung ging, ein paar Minuten später in den Feierabend zu starten.

So endete das Summer Breeze 2022 für die meisten mit einem Lächeln im Gesicht und der ein oder anderen Liedzeile auf den Lippen, so wartete man durch den Schlamm zu seinem Zelt um wahlweise noch einen Absacker im Camp zu trinken oder direkt umzufallen um für die morgige Heimfahrt fit zu sein.

Es waren vier Tage prall gefüllt mit hochkarätigen Bands, die allesamt richtig Bock hatten, wieder live zu spielen und auch wenn einige Dinge nach zwei Jahren Zwangspause noch nicht wieder so ganz rund liefen und irgendjemand der Meinung war, dass unbedingt während des Festivals der lang ersehnte Regen kommen musste – es war alles in allem ein wunderbares Festival.