Von Runen und Rhythmen: Wardruna verzaubert Hamburg mit mystischen Melodien


Wardruna Hamburg 2024
Am Montag, den 11. November 2024 gaben Wardruna inHamburg ein Konzert. (Bild: Birger Treimer)

Lange musste Hamburg auf diesen Auftritt warten. Wardruna hatte sich in den letzten Jahren noch nicht so häufig in Deutschland blicken lassen wie dieses Jahr und Hamburg durfte zum allerersten Mal diese grandiose Band empfangen. Die ehrwürdige Laeizhalle war so gut wie ausverkauft und verwandelte sich in einen mystischen Raum, als die Norweger die Bühne betraten. Das Konzert versprach, die Zuhörer in eine Welt voller nordischer Mythologie, Naturverbundenheit und archaischer Klänge zu entführen – ein Versprechen, das mehr als erfüllt wurde.

Der Auftakt des Abends war das Stück „Kvitravn“, das dem gleichnamigen Album entstammt. Die sanften, doch kraftvollen Klänge der nordischen Instrumente wie der Tagelharpa und die unverkennbaren Rufe von Einar Selvik schufen sofort eine Atmosphäre, die das Publikum in Bann hielt. Die Kombination aus rhythmischen Trommeln und flötenden Melodien versetzte die Zuhörer in eine tranceartige Stimmung, die das gesamte Konzert durchziehen sollte. Nahtlos ging die Performance in „Skugge“ über. Dieses Lied, das sich mit Schatten und der Erkundung der eigenen inneren Dunkelheit befasst, beeindruckte mit seinen dunklen Harmonien und der dynamischen Spannung zwischen Chorgesängen und instrumentalen Passagen. Ein besonderes Highlight des Abends war „Solringen“. Die Melodien strahlten eine heitere und gleichzeitig besinnliche Stimmung aus.

Mit „Hertan“ setzte Wardruna ein weiteres kraftvolles Zeichen. Die markanten Trommelschläge und der eindringliche Gesang der gesamten Band ließen die Wände der Laeizhalle vibrieren. Hier zeigte sich die Fähigkeit der Musiker, eine intensive emotionale Dichte zu erzeugen, die das Publikum regelrecht durchdrang. Der Song erzählte von Kampf und Widerstandskraft und hinterließ ein Gefühl von Ehrfurcht und Staunen. Ein weiteres Highlight folgte dann mit „Lyfjaberg“, wieder sorgt das rhythmische Stampfen und die Gesänge für eine brachiale Soundwand.

Nach dem kriegerischen „Tyr“ folgt dann später eine Runde Wolfsgeheul im Saal, „Grá“ entfesselt eine arachischen Wucht und verfehlt den Effekt in keinster Weise. Im letzten Akt folgt nun „Rotlaust tre fell“ und brachte damit noch eine dynamische und energische Note in das Set. Die treibenden Rhythmen und die kraftvolle Darbietung des Chors machten das Stück zu einem der lebendigsten Momente des Abends. Mit „Fehu“, einem bekannten Song aus dem Album „Runaljod – Yggdrasil“, wurde die Kraft des Abends weitergeführt.

Es gab wenig Interaktion mit dem Publikum während des Konzerts. Der Applaus zwischen den Songs füllte den Raum mit Anerkennung und Zuneigung. Nun gegen Ende der Show wurde Sänger Einar recht redselig, dankte alle Anwesenden und warf einige Aussagen zu Kulturen und deren Erbe in den Saal. Er begrüßte jede Kultur und deren Musik als authentisch und unverzichtbar. Wahre Worte kamen aus dem Mund von dem nordischen Mann mit langem Bart, der Weisheit und Respekt ausstrahlte. Er lud uns ein, das Leben mit Singen glücklicher zu betrachten und das Singen häufiger zu praktizieren, ob die Nachbarn wollen oder nicht. Falls die Nachbarn nicht mitsingen wollten, sollten wie sie einladen das sich zuzutrauen.

Zum Abschluss des regulären Sets spielte die Band „Helvegen“, ein Stück, das den Übergang ins Jenseits thematisiert und oft als eines der emotionalsten Werke von Wardruna gilt. Die Intensität des Songs, die sich mit jedem Takt steigerte, und die tief empfundene Darbietung von Einar Selvik und dem Chor ließen keinen im Publikum unberührt. Zum Ende des Konzerts spielte Wardruna als Zugabe „Snake Pit Poetry“, ein Stück in skaldischer Tradition, das die Geschichte von Ragnar Lodbroks Tod behandelt. Diese Performance, begleitet von rhythmischem Sprechgesang und eindringlicher Percussion, bildete einen perfekten Abschluss für den Abend.

Wardruna schaffte es an diesem Abend, eine einzigartige Verbindung zwischen Tradition und Moderne herzustellen. Die Mischung aus archaischen Instrumenten und modernen Arrangements sowie die durchdachte Inszenierung zeigte, dass ihre Musik nicht nur Töne, sondern Geschichten und Emotionen sind, die tief in die Seele eindringen. Die Band verabschiedete sich unter tosendem Applaus. Es war ein Abend, der nicht nur musikalisch, sondern auch emotional und spirituell bereicherte – ein Konzert, das in Erinnerung bleiben wird.