Turbostaat – 17 Jahre Punkrock und eine Menge Berliner Freunde


Viele Punk- und Musikfans freuen sich schon eine halbe Ewigkeit auf diesen Abend. Schon ein paar Seitenstraßen vor dem Huxleys sieht man kleine Grüppchen mit Turbostaat-Merchandising. Heute können die Flensburger hoffentlich mehr Zuschauer in ihren Bann ziehen als am 31.01.2016, wo Turbostaat eine kleine Hörprobe des frisch veröffentlichten Albums „Abolonia“ in Tommys Weissbecker Haus in Berlin-Kreuzberg präsentierten. Leider gab es zu diesen Gig nur eine begrenzte Anzahl von Tickets, so dass viele Fans auf den heutigen Tag warten mussten.

Heute dürfen um Punkt 21 Uhr zwei Männer aus Berlin und München unter den Namen The Dope den Abend eröffnen. Schwere Gitarren-Rhythmen knallen durch den Saal, nicht wie bei den üblichen Doom oder Stoner-Bands, hier ist ein gewaltiger Touch Indie-Punkrock mit im Spiel. Es ist wirklich schwer die Musik von Gitarrist Rudi Maier und Schlagzeuger Franz Neugebauer zu beschreiben, zu mal ich das Konzept nicht ganz verstehe. Wer die Band zum ersten Mal sieht, ist sicher genau so verwirrt wie ich heute. Oftmals kommen andere Instrumente zum Vorschein, die gar nicht sichtbar wahr genommen werden. Gitarrist Rudi simuliert gelegentlich andere Instrumente wie Bass oder Geigen mit seiner Fender Squire, allerdings ist mir an diesem Abend nicht klar wie genau er das macht. Vielleicht Midi’s, Loops oder einfach nur ein polyphoner Octaver? Wer weiß, jedenfalls würde ich die Jungs gerne erneut besuchen. Trotz der leichten Verwirrung spielen The Dope eine wirklich interessante Mischung aus verschiedenen Genren.

Bildergalerie: So war THE DOPE live:

Das Publikum fühlt sich angesprochen und feiert das Duo. Nach ca. 30 Minuten ist das Set auch schon vorbei, aufgeregt geben sie nun die Bühne für Turbostaat frei. Umbaupause. Ich liebe es wenn Musiker, egal ob Headliner oder Vorband ihr Equipment selbst auf und abbauen. Punk! So stehen also die Flensburger Jungs bereits auf der Bühne und legen noch die letzten Kabel zu recht. Das Saal färbt sich schwarz und Turbostaat kommen auf die Bühne. Halbaufgeregt stehen sie vor der Berliner Menschenkulisse. Mit „Ruperts Grün“ starten die gezeichneten Flensburger in den Abend. Vollkommen egal welchen Song Turbostaat spielen, das Publikum ist textsicher. Der ganze Saal tanzt, springt und feiert.

Der siebente Song „Insel“, mein persönlicher Lieblingssong, reist die tanzwütige Punkrock-Meute förmlich auseinander. Die leichte Melancholie der Gitarrenmelodien und die lebendige, leicht kratzende Stimme, verpacken den grandiosen Stimmungsaufbau und Erhalt des walzenden Songs, der für mich die Band Turbostaat perfekt darstellt. „Habt ihr Bock zu singen“ schreit Sänger Jan in die Runde! Mit „Husum verdammt“ antwortet der Berliner Tanzsaal.

Bildergalerie: So war TURBOSTAAT live:

Das minimalistische Auftreten und die Bescheidenheit der Band überzeugt das Publikum mit tollem Sound an diesem Abend. Hier gibt es keine ständigen Gitarren oder Bass-Wechsel, sondern nur ein und die selbe Klampfe! Punk! Damit die Zuschauer Zeit zum Luft holen bekommen, kontert die Kapelle den Song „Wolter“ von der neuen Platte „Abolonia“ die Turbostaat im Januar veröffentlicht hat. Aber bevor sich der Song dem Ende zu neigt, baut sich ein Heer von alten Männern in Matrosen-Anzügen an linken Bühnenseite auf. Der alt Männerchor Shanty-Chor Reinickendorf, der bereits auf der Circus Halligalli Aufzeichnung in diesem Jahr, ihr Debüt mit Turbostaat und dem Titel Wolter feierte.

Auch wenn die Herren den Einsatz verpassen, stehen sie voller stolz und wirklich niedlich vor dem Berliner Publikum. „Das Durchschnittsalter liegt ca. bei 78 und wer dann noch auf ein Punkrock-Konzert geht, ist verdammt gut drauf!“ schreit Sänger Jan durch sein Mikrofon. Was mich an Turbostaat nach vielen Jahren begeistert ist der Umgang in der Band. Sie wirken immer noch so vorsichtig zueinander und sie gehen sehr behutsam miteinander um. Und das strahlt unglaublich viel Zufriedenheit aus. Und natürlich gehe ich auch wegen der Musik auf die Konzerte. haha. Trotz der ruhigen Ader spielen sie sehr intensiv, konzentriert und vertieft in ihre Musik. Die Zusammenstellung der Set-Liste finde ich heute toll, eine Mischung aus alten und neuen Songs, die dem Zuschauer auch eine kurze Pause von dem Tanzen und Springen bietet.

Mit den Worten „Mit Berlin verbinden wir viel“ starten Turbostaat ein Cover! Nicht irgendein Cover, sie spielen“ Frieda und die Bomben“ von den Lokalmatadoren Beatsteaks. Aber auch alte Stücke wie der fast ein Akkord-Riese „Sohnemann Heinz“ und „Alles bleibt konfus“ oder der Klassiker „Harm Rochel“ finden heute eine perfekte Platzierungen auf der Titelliste. „Ich weiß gar nicht wie man sich als Fan einer Punkrock-Band bedankt, aber wir machen das jetzt schon 17 Jahre, und ihr kommt und hört sogar zu. Danke dafür… Abalonia und Tschüss“! Kurzzeitig verlassen Turbostaat die Bühne. Nach einer kurzen Pause kommt das fünfer Quartett wieder zurück auf die Bretter! Sänger Jan Windeier möchte noch etwas loswerden “ ich habe mir heute Abend vorgenommen das hier zu genießen und es hat funktioniert, danke.“ Auf den Punkt genau starten Turbostaat mit „Geistersau“.

Nachdem sie nun das dritte Mal wieder zurück auf die Bühne kommen fragt Frontmann Jan „seid ihr mit alten Songs vertraut“? „Wir hatten gerade drei!“ 24 Songs, 110 Minuten später sind die Besucher vollkommen erledigt aber glücklich, dass Wochenende kann jetzt beginnen. Es ist sehr schwer über eine Band wie Turbostaat zu schreiben, denn alles was sie angehen, setzen sie wirklich einzigartig um. Sie bleiben sich und ihrem Weg extrem treu. Seien wir doch mal ehrlich, wer kann heut zutage noch in besetzen Häusern, Clubs und Festivals spielen? Turbostaat.

Das aktuelle Album von Turbostaat bekommt ihr bei Amazon:
„Abalonia“ Audio-CD„Abalonia“ Vinyl-LP oder „Abalonia“ MP3-Download

Mehr Informationen unter: turbostaat.de
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Danke an:
Christoph Eisenmenger (Text und Fotos)