Trivium in Hamburg – Triple-Core mit Thrash zum Nachtisch


Trivium Hamburg 2019 / Trivium Tour 2019
Matthew Heafy und seine Bandkollegen von Trivium spielte in der Markthalle Hamburg. (Bild: stagr / Mark Carstens)

Vier Bands in der ausverkauften Markthalle bei 28 Grad Tageshöchsttemperatur. Diese Eckdaten trübten ein wenig meine Freude über ein Wiedersehen mit Trivium. Und ja, ich habe schön öfters erwähnt, wie warm es in der Markthalle wird. Aber diesmal war ich nicht allein. Elija Witt (Frontman Cane Hill, erste Band) hielt es nicht mehr aus und zog sich beim vorletzten Song sein Beanie und sein T-Shirt aus, Riley Gale (Frontman Power Trip, zweite Band) goss sich vor den letzten Beiden Songs seinen Wasserbecher über den Kopf, und Loz Taylor (Frontman While She Sleeps, dritte Band) sprach in einer seiner Ansagen sogar darüber, die unfassbar “hot” es war.

Aber wenn 1.000 Leute in einem geschlossenen Raum dreimal nacheinander zu Metal-Core abgehen, denn wird es heiß. Und diese sprichwörtlich “heiß gemachte” Crowd hieß dann zum Abschluss Trivium willkommen, die trotz des growlenden Gesangs vom Bassist und Backgroundsänger Paolo Gergoletto nicht Hardcore sind. Die mit Shouts versetzten Klargesänge von Frontmann Matt Heafy, die im Uptempo auf die Drums dreschenden Sticks und die Gewitteratigen Riffs sind Thrash vom Feinsten mit einer leichten Prise Core wo es ins Konzept passt.

Hardcore als Vorspeise und Thrash zum Nachtisch ist ein Konzept, dass in dieser heißen Sommernacht super aufging. Vor allem da das Konzert gerade rechtzeitig fertig war, um sich hinterher am Hauptbahnhof noch ein Eis zu kaufen.

cane hill

Die Halle war nur halb voll als Cane Hill auf die Bühne kommt. Die relativ junge Band hat 2016 ihr erstes und 2018 bereits ihr zweites Album veröffentlicht. Die Truppe um Frontmann Elija gehört zu den Musterschülern des Metalcore: Drums und Bass klopfen harte Beats, über die die Gitarre jault als ob man eine LP von Meteora auf einem Turntable scratchen würde. Dazu rockt, rappt und growlt Elija seine gesellschaftskritischen Texte in ein leider etwas zu leise eingestelltes Mikrofon. Schade, denn genug Energie hat er auf jeden fall. Und mit Songs wie “Fountain of Youth” und “Too far gone” werden erfolgreich die ersten Mosh-Pits eröffnet.

Leider fehlt ihm das Charisma eines Jasper (Hatebreed) oder das Quäntchen mehr Energie eines Riley (Power Trip) oder die Verbindung zum Publikum eines Loz (While She Sleeps). Aber die Band ist noch Jung, und Elija hat das Glück, mit Bands auf Tour zu sein von denen er sich noch einiges Abgucken kann.

power trip

Im Vergleich zu Cane Hill bietet Power Trip einfach rundherum ein bisschen mehr. Einen Gitarristen mehr auf der Bühne und dadurch mehr messerscharfe Riffs, ein bisschen mehr Bumms in den Drums und den Bass-Lines, und ein Frontmann mit mehr Energie, mehr Jumps und sogar ein paar Jump-Kicks.
Power Trip merkt man an, dass sie schon mehr Erfahrung auf Tour haben, mit Größen wie Lamb of God und Anthrax auf der Bühne standen und mit Hardcore-Größen wie Integrity für eine Split-EP im Studio waren.

Songs wie “Hornet’s Nest”, “Manifest Decimation” oder “Cross Braker” machen Spaß, reißen mit, und aus zwei kleinen Mosh-Pits wird auf den Kreisenden arm von Gitarrist Nick Stewart hin auch ganz schnell ein Circle-Pit, und die ersten Crowdsurfer machen sich auch auf den Weg. Wer sich zu Hause oder im Auto ein bisschen Metal Core reinziehen will mag die mangelnde Abwechslung von Power Trip Songs beklagen, Live in der Markthalle interessiert das niemanden. Zumindest nicht in den 30 Minuten, die Powertrip als Special Guest hatten.

while she sleeps

Unter dem doch eher auf simplen Mechaniken basierenden Genre des Metal Core gehört While She Sleeps tatsächlich zu den Progressiveren Bands. Natürlich kann man sie nicht mit Progressive-Metal-Größen wie Dream Theater vergleichen, aber While She Sleeps ist die erste band die ich live erlebt habe, auf die die Bezeichnung “Melodic Hardcore” gut zutrifft.

Songs wie “Four Walls” beginnen langsam, nachdenklich und mit einem gemeinsamen Klargesang von Frontmann und Back-Vocals, um dann erst nach einer Minute voll aufzudrehen und dem Zuhörer um die Ohren zu fliegen. “Silence Speaks” bindet wiederum erfolgreich melodische Elemente ein, und verbindet sie geschickt mit harten Beats und lauten Growls um die Identität als Hardcore-Song nicht zu verlieren.

Live kommt zu dem Musikalischen Erlebnis noch das geschickten Händchen, dass Frontmann Loz beim Interagieren mit der Crowd hat. Sei es wenn er bei “Haunt me” in die Menge springt, zwischen den Songs rumscherzt oder bei “Hurricane” zu einem Crowdsurfing-Wettbewerb aufruft.

Trivium

Die Umbaupause ist doppelt so lang wie bei den vorherigen Bands, aber schließlich wird erst wird das Trivium-Banner hinter der Bühne hochgezogen, dann das Drumset vom Cover befreit, und schließlich geht das Licht aus und “Run to the Hills” von Iron Maiden ertönt als Intro während der Raum sich mit Nebel füllt.

Und dann BOOM, “The Sin and the Sentence”, Titelsong vom neusten Trivium-Album. Das Album, mit dem die Band wieder zurück zu ihrer alten Größe, zu der Qualität des bis dato besten Trivium-Album “Shogun” zurückgekehrt sind. “Silence in the snow”, das Album davor, wurde von Kritikern als “zu kommerziell” und “zu lieb” niedergemacht. Manch einer stellte sogar Triviums Status als neuer Stern am Thrash-Himmel in Frage. Mit “The Sin and the Sentence” sind all diese Kritiker verstummt, dafür singen nun die Fans in der Markthalle laut mit, während Trivium-Gründungsmitglied und Frontmann Matt Heafy ihnen immer wieder zwischen den Songstrophen in seinem Signature-Move die Zunge weit rausstreckt.

Seit dem Stimmband-Problemen in 2014 growlt Matt nicht mehr, sondern fokussiert sich auf melodische Gesänge und starke Shouts, die bei “The Sin and the Sentence” noch mal mehr Power bekommen haben. Das tiefe Growling überlässt der dem zweiten Gitarristen und Background-Sänger Paolo, der auch problemlos mit nem Bandana um den Kopf und nem Mic in der Hand Suicidal Tendencies covern könnte. Gott sei dank spielt er lieber mit einer Gitarre um den Hals Trivium-Songs und ergänzt Somit Matts schlanke, präzise und klare Präsenz mit roher, tiefer Masse.

“The Sin and the Sentence” dominierte auch die Setlist des Abends, aufgelockert von einigen Highlights wie “Down from the Sky” aus “Shogun” oder “Strife” aus “Vengance Falls”. Zum krönenden Abschluss gab es noch mal den Klassiker “In Waves” vom gleichnamigen Album. Und danach ein Eis am Hauptbahnhof.