The Bitch Is Back: Elton John begeistert die Fans in Köln


Passend zum Festival-Erholungsprogramm steht am Dienstag erneut ein ganz Großer auf der Bühne der Lanxess Arena: Elton John. Der lockt 11.000 junge und jung-gebliebene Fans ins Henkelmännchen und hält mit ihnen die Zeit für einen kleinen Moment an. 135 Minuten rockt er durch sein Programm und zeigt dabei, dass er einer dieser Vollblutmusiker mit Herz und Seele ist. Und das scheint jung zu halten, denn vom Alter – Elton John ist immerhin schon 70 – ist nichts zu spüren. Ein halbes Jahrhundert rockt er bereits die Bühnen der Welt und an ein Ende ist glücklicherweise noch lang nicht zu denken.

Punkt 20 Uhr betritt seine Band die Bühne in schlicht schwarzen Anzügen und kaum erklingt der erste Ton, folgt gelassen und unter Jubel der Mann im schwarzen Glitzeranzug und mit der schrägen Sonnenbrille, der grinsend seinen Fans zuwinkt. Das erste klare Statement des Abends: „The Bitch Is Back“! Ohne große Worte fegen Elton John und seine Jungs los und feuern ein Feuerwerk aus Hits auf die Fans ab. Dabei ist schnell vor allem eins klar: Die Musiker sind noch lang nicht indie Jahre gekommen! Die Spielfreude der Künstler ist greifbar und ihr Talent ist eher noch wie ein guter Wein zur Perfektion gereift als zu verblassen. Elton John selbst lässt die Finger nur so über die Klaviertasten fliegen und begeistert mit seiner gewaltigen Stimme, während sich vor allem Gitarrist Davey Johnstone immer wieder in Fahrt spielt und nebenbei noch mit seiner schier endlosen Gitarrensammlung begeistert. Schlagzeuger Nigel Olsson ist – zumindest seinem Dauergrinsen zufolge – der glücklichste Schlagzeuger-Opi der Welt und gibt deutlich den Takt an während Percussionist John Mahon für die richtige Würze und kleine Showeffekte am Rande sorgt.


Das Publikum bleibt allerdings zunächst erstaunlich verhalten. Sie quittieren jeden Song mit Standing Ovations, genießen ansonsten entspannt in der voll bestuhlten Arena. Erst imInstrumental von „Levon“ wird endlich getanzt und es dauert weitere fünf Songs („Sad Songs – Say So Much)“ bis endgültig das Eis bricht und die Zuschauer den Platz vor der Bühne stürmen. Dann steht auch endlich Party auf dem Programm. Auf der Zielgeraden wird dann bei „Crocodile Rock“der gesamte Arena-Chor mobilisiert statt weiter verhalten mitzusummen und die Ränge schwingen mit den tanzenden Fans mit.

Doch auch Elton John schwingt keine großen Reden, sondern lässt seine Musik für sich sprechen. Es braucht lediglich Gesten und Blickkontakte, um die Fans in der Arena ganz in seinen Bann zuziehen. Vor „I Want Love“ nimmt er sich allerdings die Zeit, ein deutliches Zeichen zu setzen. Er gedenkt den Terroropfern von London, Berlin, Manchester, Paris, Orlando und Nizza. Dabei sinniert er über die verrückte und brutale Welt nach, in der wir inzwischen leben. Alles was er in dieser Zeit tun kann, ist weiter Musik zu machen und zu hoffen, dass die Welt bald wieder ein wenig besser wird. Auch ein kleines Tribute an George Michael darf nicht fehlen. Das verpackt Elton John allerdings ganz simpel mit „Don’t Let the Sun Go Down On Me“, bei dem George Michaels Gesicht auf der LED-Wand zu sehen ist.

Nachdem er mit „Saturday Night’s Alright for Fighting“wie ein Blitz von der Bühne verschwunden ist, beginnt er die Zugabe entspannt und nimmt er sich seelenruhig die Zeit am Bühnenrand Autogramme auf mitgebrachte Schallplattenhüllen, Bücher und Poster zu geben. Das gehört dazu, ist aber absolut keine Selbstverständlichkeit – schon gar nicht bei Künstlern dieses Kalibers. Danach kommt der krönende Abschluss, der auf keinem Elton John Konzert fehlen darf: „Candle InThe Wind“.

135 Minuten bleibt in der Lanxess Arena die Zeit stehen. Es ist ein seltsames und positives Gefühl, das schon während des Konzerts herrscht und weit nach verklingen des letzten Tons bleibt. Es ist die Gewissheit, eine Legende erlebt zu haben, die ein großes Kapitel Musikgeschichte geschrieben hat und noch lang nicht am Ende ihrer Geschichte angekommen ist. Es ist diese Gewissheit für einen Moment den Weltschmerz vergessen zu haben, der bitteren Wirklichkeit für einen Moment getrotzt zu haben. Und damit hat Elton John genau das erreicht, wofür er sich immer wieder an sein Klavier setzt und Musik macht. Bravo!

Setlist – Elton John – Köln 2017

1. The Bitch Is Back
2. Bennie and the Jets
3. I Guess That’s Why They Call It the Blues
4. Take Me to the Pilot
5. Daniel
6. Looking Up
7. A Good Heart
8. Philadelphia Freedom (Elton John Band song)
9. I Want Love
10. Tiny Dancer
11. Levon
12. Rocket Man (I Think It’s Going to Be a Long, Long Time)
13. Have Mercy on the Criminal
14. Your Song
15. Burn Down the Mission
16. Sad Songs (Say So Much)
17 Don’t Let the Sun Go Down on Me
18. I’m Still Standing
19. Crocodile Rock
20. Your Sister Can’t Twist (But She Can Rock ’n Roll)
21. Saturday Night’s Alright for Fighting

Encore:
22. Candle in the Wind (solo performance)