The Bar at Buena Vista – Grandfathers of Cuban Music in Hannover


The Bar at Buena Vista

Bienvenidos! Der karibische Inselstaat Kuba gehört aktuell nicht nur zu den beliebtesten Reisezielen der Europäer, sondern wohl auch zu einem der am meisten umträumten, fast magischen Orten dieser Welt. Schließt man die Augen und denkt an die Größte der Antilleninseln zwischen Atlantik, Karibischen Meer und dem Golf von Mexico, dauert es nicht lange bis sich ein wohliges Gefühl einstellt: endlos weiße Sandstrände, heiße, euphorisierende Rumba-Rhythmen, der legendäre dreifache Rum – pur oder als Zutat im über alle Grenzen bekannten Mojito, die bunten, historischen Gebäude der Hauptstadt Havanna, der Geruch und Sound der schillernden Straßenkreuzer oder der Klang der Musikmetropole Santiago de Cuba. „De Alto Cedro voy para Marcané. Llego a Cueto, voy para Mayarí, erklingt es im Ohr und der Son Cubano trägt den Zuhörer nach Havana – in den Club Social im Stadtteil Buena Vista der 40er und 50er Jahre.

Vielleicht kann man es eine glückliche Fügung nennen, dass der schottische Regisseur Toby Gough den Social Club Barkeeper Arturo Lucas traf, denn er kannte sie alle, die fast vergessenen Musiker und ihre Musik der Goldenen Zwanziger, die Mitbegründer des Son Cubano. So ein Aufeinandertreffen ist bisweilen nur die halbe Miete. Gough hatte Glück und Lucas erzählte ihm seine Geschichte. Die Geschichte der kubanischen Musik, ihrer Künstler und untrennbar verknüpft die Geschichte des Sozial Clubs in Buena Vista. Gough zollte dem Gehörte sein volle Anerkennung und erklärte der kubanischen Musik seine Liebe mit dem Stück „The Bar at Buena Vista“.

Bildergalerie: So war THE BAR AT BUENA VISTA:

Mittlerweile haben der Social Club, sein Barmann Arturo Lucas und viele seiner weltweit berühmten Musiker ihren Platz in der kubanischen Geschichte gefunden. Doch an diesem Sonntag im März, auf der Bühne des Theater am Aegi in Hannover, findet sich das wichtigste Inventar des Social Clubs wieder: Tische und Sitzgelegenheiten für die Gäste, eine Bühne für die Band und eine gut einsehbare Tanzfläche. Das Herz des Lokals bildet der Tresen mit seinem unerschöpflich wirkenden Rum-Sortiment. Über ihm arbeiten zwei gleichmäßig schwingende Ventilatoren gegen die hitzegeschwängerte Luft der Hauptstadt. Die Schwaden der dicken Zigarren tanzen im 4/4-Takt der Rumba unter der Decke und verteilen ihr einzigartiges Aroma im Raum. Schon lange wirkte der Geruch einer Zigarre nicht so vertraut und zugehörig, wie an diesem Abend. „Bei uns trinkt man nicht den einfachen, nicht den zweifachen Rum“, beschwört Martinez: „Wir trinken den dreifach gereiften Rum!“. Von ihren riesigen, an den Wänden der Bar höngenden Portraits, beobachten die Legenden des Buena Vista Social Clubs das Treiben auf der Bühne: Arturo Lucas, Compay Segundo, Ibrahim Ferrer und Rubén González. Wie die einstige Sängerin des Buena Vista Social Clubs nach dem versterben ihrer Kollegen sagte:” I miss them so much. They’re always with me, on every stage.“

Auf Kuba beschreibt man das, was die Show vermittelt mit dem Begriff „descarga“. Verschiedene Musiker, treffen in einer wohltemperierten Bar – eher zufällig – aufeinander, nehmen einen Drink und greifen fast automatisiert zu ihren Instrumenten. Toby Gough, Regisseur der Show, möchte den Besucher nach Havanna schicken, in die ungezwungene, fröhliche Atmosphäre des Social Club, in einen Abend mit den Legenden der kubanischen Volksmusik einer leicht verstaubten, aber nie vergessenen Zeit. Wäre das der messbare Wert dieses Abends, dürfte man bei einer Havanna und einem Glas Rum respektzollend den Kopf verneigen.

Verneigen kann man sich auch vor den Altstars – der musikalischen Garde: Die überaus sympathische Diva: Siomara Avilia Valdés Lescay startet ihre Gesangskarriere 1950 in der Formation Las Tropical, sang später neben Omara Portuondo, der einzigen Frau des Buena Vista Social Clubs und trat immer wieder im glamourösen und legendären Cabaret Tropicana auf. Man munkelt übrigens, dass sie vor 48 Jahren ihren 29. Geburtstag feierte. Lescay weiß nicht nur wie man das kubanische Feuer für einen formvollendeten Hüftschwung nutzt, ihre kraftvolle Stimme wird man an diesem Abend wohl auch mindestens in Langenhagen hören können. Einen Gast aus der ersten Reihe fordert sie zum Tanzen auf – und wenn die Diva bittet, gibt es kein Pardon.

Auch Rene Pérez Azcuy gehört mit seinen 75 Jahren zu den Altstars. Gefühlt war der aus Havanna stammende Musiker ein Teil jeder denkbaren Formation. Er wirkte sowohl im Cabaret Tropicana, als auch dem Cabaret Nacional de la Habana und dem Vabaret de Hotel Nacional mit und arbeitet heute für das Museo del Ron und das Projekt „Musik der 50er Jahre“. Seine Stimme lässt die Herzen höher schlagen – nach Hannover bringt er uns den Afro Cuban Jazz.

Besonders hervorheben muss man aber die 92-jährige Legende Ignacio „Mazacote“ Carrillo. Er ist bekannt, als einer der wichtigsten Interpreten, der traditionellen Musik, komponierte Boleros, sang an der Seite von Ibrahim Ferrer und der Afro-Cuban-Allstar. In einem ist er sich sicher: „Tut mir leid meine Herren. Es freut mich, dass sie heute Abend hier sind, aber noch mehr freue ich mich über die vielen hübschen Frauen, die alle hier sind, nur um mich zu sehen.“ Carrillo ist unglaublich aktiv auf der Bühne: wird ihm der Gehstock gereicht, lehnt er dankend ab und schwingt verschmitzt grinsend das Tanzbein. Und was ist das Geheimnis? Laut Altstars: „ Music, Dance, Tobacco and Ron“.

Getanzt wurden zur damaligen Zeit die Rumba, der Cha-Cha-Cha und der Son. Herrera, genannt „Capullo“, ist nicht nur der aktuelle Barmann der Live-Show, sondern gleichermaßen Sänger, Tänzer und Entertainer. Hat es vielleicht doch was mit der kubanischen Luft oder gar dem Klima zu tun? Er wuchs in der Nachbarschaft des wohl berühmtesten Rumba-Tänzers der Welt auf: Luis Chacón Mendive. Sein Spitzname ist „Aspirina“, denn wenn Mendive die Rumba tanzt, sind alle Schmerzen vergessen.

Auch durch die faszinierende Aufführungen Eric Turro Martinez, einem der besten Son-Tänzer und – Lehrer unserer Zeit, werden an diesem Abend die Tänze von Einst eindrucksvoll dargeboten. Sein Spitzname: The Hurrican, macht Martinez alle Ehre. Manchmal kommt der Schwindel schon ganz allein vom beobachten seiner Drehungen und Schwünge. Heute tanzt man auf Kuba anders: Salsa, Timba und Reggaeton sind die Tänze der Moderne, aber ihre Wurzeln ragen tief in den nährreichen Boden der nie vergessenen 40er und 50er Jahre.

Nach zwei Stunden ist man mittendrin: im Son, der Rumba, im vorrevolutionären Havanna, in der Zeit des Buena Vista Social Clubs und auch ein bisschen im tiefromantischen Klischee dieses positiven Lebensgefühls und dem Verlangen eines unendlich andauernden Cha-Cha-Chas. „De Alto Cedro voy para Marcané. Llego a Cueto, voy para Mayarí” widmen die Altstars, die Tänzer und Barmann Herrera im Gedenken Compay Segundos „Chan Chan“ ihren Wegbereitern, Kollegen, Freunden und dieser riesigen romantischen Familie des Social Club im Stadtteil Buena Vista.

Danke an:
Maria Graul für Bilder und Text