Tausend Meilen später: Vanessa Carlton live in Köln


Vanessa Carlton
(Bild: Steffie Wunderl Wunderl Fotografie)

Wir schreiben das Jahr 2002 als Vanessa Carlton mit „A Thousand Miles“, ihrer Debütsingle, den internationalen Durchbruch schafft. Jeder kennt das Video, auf dem die zierliche Sängerin mit Klavier durch die Landschaft fährt und auch aus dem Radio ist der Songs bis heute nicht mehr wegzudenken. 2003 tourt sie damit zum ersten Mal durch Europa. Jetzt – 13 Jahre (und acht Stunden Busfahrt in einem unklimatisierten Van aus Berlin) später – ist sie zurück. Erwachsen, selbstbewusst, ohne Major Label im Rücken und mit großartiger neuer Musik im Gepäck. „Liberman“ (04/2016) heißt das gute Stück, das die Sängerin, die mittlerweile in Nashville lebt, zurück zu ihren deutschen Fans bringt. Der Stadtgarten ist dafür teilbestuhlt und schafft so eine gemütliche Atmosphäre für gut 150 Fans.

Zunächst gehört allerdings Jerry Williams und ihrer Gitarre die Bühne. Die 19jährige aus Portsmouth, England präsentiert zierlichen Indie Pop, der aus ihrer eigenen Feder stammt. Mit viel Charme, strahlenden Augen und einem herzlichen Lächeln gewinnt sie das Publikum in Köln durchaus für sich. Musikalisch zeigt sie Potential, den richtigen Feinschliff muss sie allerdings noch finden. Das ist bei einer Künstlerin ihres Alters aber alles andere als schlimm, denn wenn jedes Sternchen bereits als fertiger Diamant vom Himmel fallen würde, wäre die Musikwelt sehr glattgebügelt und langweilig. Indie-Pop Fans sollten deshalb ein Auge auf die Sängerin haben, denn von Jerry Williams wird man noch einiges hören.

Bildergalerie: So war JERRY WILLIAMS live:

Dann gehört Vanessa Carlton und Skye Steele die Bühne. Sie eröffnet den Abend direkt mit „A Thousand Miles“, fast schon so, als würde sie das aus dem Weg haben wollen. Natürlich ist das der Track, den die Fans von ihr irgendwie erwarten, für sie allerdings scheinbar kaum noch mehr als eine Pflichtveranstaltung. Der letzte Ton verklingt und sie selbst kommentiert: „Now we can start the show.“ Das sagt eigentlich alles.

Die weitere Setlist ist gefüllt mit den Titeln ihres aktuellen Albums „Liberman“ und gewürzt mit einigen Songs von „Rabbits On The Run“ (07/2011), dem Album das nie in Deutschland erschienen ist. Nach jedem Lied nimmt sie sich die Zeit für kleine Anekdoten, die das nächste Lied einleitet. So erzählt sie den Zuschauern von ihrem Mann John, ihrer Tochter Sid, ihrem Dackel Victor, der sie sonst auf Tourneen begleitet, ihrem Großvater, der eigentlich Liberman hieß und in vielen Dingen für sie ein Vorbild war und von den kleinen Momenten, die sie inspiriert haben. Das gibt dem Abend einen netten Plauderton und macht ihn zugleich ganz besonders intim. So lachen die Zuschauer viel mit Vanessa, lauschen ansonsten aber mehr gebannt ihren Erzählungen und natürlich ihrer Musik.

Bildergalerie: So war VANESSA CARLTON live:

Und genau die ist es, die den Abend perfekt macht. Es ist immer noch Vanessas markante Stimme kombiniert mit Klaviertönen, die verzaubern. Unterstützt wird sie dabei nun allerdings von Skye Steele an Geige, Gitarre und Effekten. Er bedient die Loop Station, mit der die Tracks live aufgebaut werden und zaubert damit Feinheiten und Tiefen in die Songs. Die Stimmung der Titel ist ein wenig psychedelischer geworden, die Geschichten, die sie erzählt, nachdenklicher, tiefsinniger und vielleicht auch ein ganzes Stück weiser. Dem Publikum in Köln gefällt das sichtlich. So vergeht der Abend wie im Flug. Vanessa schließt das Konzert mit „The Marching Line“ und einer bewegenden Widmung. Sie gedenkt den Opfern der Anschläge im Bataclan, klagt den Anschlag auf die Kunst an und macht aber auch gleichzeitig deutlich, dass das die Musik niemals aufhalten wird. Nach dem Song sind ihr endgültig Standing Ovations sicher, denn die Zuschauer in der Domstadt sind rundum glücklich. Jetzt bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass sie nicht wieder 13 Jahre warten müssen, um die Sängerin wieder in Köln begrüßen zu dürfen.

Setlist

1. A Thousand Miles
2. Carousel
3. Tall Tales for Spring
4. Take It Easy
5. Willows
6. House of Seven Swords
7. Operator
8. Blue Pool
9. Nothing Where Something Used to Be
10. Unlock the Lock
11. River
12. Hear the Bells
Encore:
13. Matter of Time
14. The Marching Line