Stimmgewaltig und emotionsgeladen: City And Colour in Huxleys Neuer Welt Berlin


City And Colour

Nach der 30-minütigen Parkplatzsuche, öffnet das Huxleys pünktlich um 19 Uhr die Türen zum Saal der neuen Welt. Im Vorprogramm haben sie dieses Mal Lucy Rose im Gepäck, die schon vor zwei Jahren die Ehre hatten, auf der US-Tour den Support zu spielen. Wenn ich zurückblicke, erinnere ich mich sehr gut daran, dass City and Colour immer interessante Acts aus Übersee mitbringen.

Die Scheinwerfer senken ihre Led-Reserven und die britische Songwriterin Lucy Rose steht allein auf der Bühne. Als nun wenige Sekunden später, die Band dazu stößt, um den nächsten Song zu performen, richten sich vorerst alle Blicke auf die 26-jährige Frontfrau. Eine sanfte, fast vorsichtige Stimme schwebt durch die neue Welt. In vielen Songs stimmen die Laute der fünfköpfigen Band im Kanon durch den Saal, die oft an die Briten The XX erinnern. Das Publikum füllt sich schnell wohl und fängt an zu entspannen. Der Support ist damit ein guter Start in den Mittwochabend. In der Mitte des Sets bricht die Band unerwartet in eine klassische Postrock Passage aus und schmettert eine druckvolle Soundwelle, ähnlich wie bei der schwedischen Postrock Kapelle „EF“ den Besuchern des Huxleys entgegen. Kurz bevor Sie die Bühne nach ihrem 45-minütigen Set für die Kapelle um Dallas Green freigeben, bedanken sie sich für den tollen Abend und verlassen die Bretter.

Bildergalerie: So war LUCY ROSE live:

Die ungewohnte große Lichtanlage fährt sich auf das Minimale herunter, sodass nur noch kleine Sterne zusehen sind. Ein kurzer Blick in die nervösen Augen der erste Reihe und da kommen auch schon die entspannten Nordamerikaner. Ozeanisch breiten sich die Wellen der analogen Delays und Reverbs mit einem typischen Röhrensound aus. Die Gesangmelodie des Opener Songs „ Woman“ von dem aktuellen Album „If I Should Go Before You“ ertönt durch die Gitarre in den Saal, dezente Bass-Slider leiten zugleich den Einsatz von Frontmann Dallas ein. Die durchaus tragenden Melodien, werden mit dem exzentrischen Aufbau bis ins tiefste Nevada der Effekte katapultiert und artet komplett in ein grandioses Soundgewitter aus. Eine noch stärkere Eröffnung kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Als fünftes präsentieren sie „Killing Time“ eines der besten Werke des neuen Albums. Diese Nummer ist wesentlich rockiger als die bekannten Pärchen-Hits. Ich glaube, dass die Band City and Colour mittlerweile auch keine Einmann-Band mehr ist.

Bildergalerie: So war CITY AND COLOUR live:

Folglich sehe ich zum ersten Mal, dass Mr. Green einen halben Song ohne Gitarre in der Hand auf der Bühne steht und sich nur dem Gesang widmet. City and Colour ist ein Ausschnitt aus einem Prozess, etwas, der vor langer Zeit begonnen hat und sich immer weiterentwickelt – und nun die Form einer Band angenommen. Die erste Paare bilden sich und weiter geht es mit „Hello, I´m In Delaware“ den sie heute Abend in einer noch ausgeprägteren Country-Version spielen. Im Anschluss gibt es als Kontrastprogramm, die schnellste Nummer der neuen Platte „Wasted Love“.  Obwohl man vielleicht glaubt, City and Colour wäre eine Band, die vor allem das weibliche Geschlecht anzieht, singen viele Männer im Publikum leidenschaftlich im Rhythmus mit.
Nachdem Dallas eine weitere kurze Whiskey-Pause einlegt, geht es direkt in alter Country Manier weiter mit „We Found Each Other In The Dark“. Heute wird mir schnell klar, dass die Band alte Songs wie zum Beispiel: „Sleeping Sickness“ oder „Grand Optimist“ in einem langsameren Tempo spielen.

Kurz vor dem Ende holen die Kanadier noch „As Much as I Ever Could“ aus ihrer Trickkiste heraus. Dieses musikalische Meisterwerk, das auf der Platte eher entspannt und ruhig von statten geht, artet im Live-Set am Ende wie ein brachialer Sturm aus und stellt sich als perfekter Höhepunkt der Show dar. Nachdem die Formation um Green die Bühne verlässt, kehrt Dallas kurzer Hand allein mit Akustikgitarre zurück und spielt: „Day Old Hate“, „Nothern Wind“ und „The Girl“ für das Berliner Publikum.

Mit wortlosem Abschied haut die Band zum Abschluss noch „Hope For Now“ rein und bringt die Menge noch einmal an diesem Abend zum kochen. In einer Stunde fängt ein neuer Tag an und es heißt wieder „ Hallo Alltag“!

Das aktuelle City And Colour-Album gibt’s bei Amazon:
Audio-CD „If I Should Go Before You Go“, Vinyl LP „If I Should Go Before You Go“ 
oder MP3-Download „If I Should Go Before You Go“

Danke an:
Christoph Eisenmenger (Text und Fotos)