So war das Full Force 2019: Ein bunter Strauss aus Core-Sounds


Das Full Force Festival 2019 ging am Wochenende vom 28. bis 20. Juli in Ferropolis an den Start.

Bei brütender Hitze feierten 16.000 Fans der härteren Genres Metal, Hardcore und Punk beim Full Force Festival 2019 in der Eisenstadt Ferropolis. Das Kultfestival in Sachen „Core“ ging am idyllischen Gremminer See in seine 26. Runde. Am Donnerstag konnten sich die Besucher bei der Warm-Up Party in der Open Air-Disco mit Hits aus Hardcore, Metal und NDH in Stimmung für das bevorstehende Wochenende bringen. Von Freitag bis Sonntag fanden täglich unzählige Konzerte statt, die verteilt auf drei verschiedenen Bühnen liefen (Mad Max Mainstage, die Hardbowl Tentstage sowie die Medusa Seebühne direkt am Strand). Alles harmonisch integriert in die imposante Tagebau-Kulisse und mit jeder Menge Pyrotechnik ausgestattet. Musikalisch ging es natürlich in die Vollen, verschiedene Genre-Vertreter wie Limp Bizkit, Parkway Drive, Arch Enemy, Behemoth, Flogging Molly, Knorkator, Lamb Of God, Terror, Kadavar, Zeal and Ador, Jinjer, While She Sleeps und viele mehr sorgten an allen Festivaltagen für beeindruckende Shows, außergewöhnliche Klänge und ausdauernde Bühnenperformance.

In diesem Jahr bot das das Full Force Festival auch viel Neues zu entdecken und das nicht nur in Bezug auf das musikalische Programm. Themen wie Nachhaltigkeit und respektvoller Umgang miteinander aber vor allem mit dem Veranstaltungsort selbst, wurden in den Vordergrund gerückt und durch die Festivalbesucher positiv angenommen. Mit dem neuen Projekt (FAIR)OPOLIS haben Organisationen u. a. wie dem Foodsharing und der Hardcore Help Foundation einen Ort geschaffen, wo die Festivalfans auf Sitzbänken und Hängematten entspannen und sich über interessante Themen informieren sowie an Workshops teilnehmen konnten. Vor Ort sammelten Teams während der Festivaltage Müll ein. Die große Discokugel auf dem Gelände wurde mit Wasser gefüllt und versprühte eine willkommene Abkühlung beim Tanzen.

An den ersten zwei Festivaltagen sorgten zu wenig Shuttlebusse zum und vom Gelände weg für längere Wartezeiten und bei den hochsommerlichen Temperaturen scheuten viele den Fußweg von knapp 30 Minuten bis zum Zeltplatz. Am Sonntag entspannte sich die Shuttlesituation aber deutlich, es wurden mehr Busse eingesetzt.

Der direkt ans Festivalgelände angrenzende Gremminer See wurde natürlich täglich zum Baden (und vor allem auch zum Nacktbaden) genutzt. Die Hitze ließ bei vielen Besuchern Hemmungen und Hüllen gleichermaßen fallen. So wurden im Publikum doch recht häufig Männer auch nur mit Schuhen an den Füßen gesichtet.

Bands am Full Force 2019 Freitag:

Mit der Band Bleeding Through startete das Festivalprogramm am Freitagnachmittag um 16:00 Uhr auf der Mainstage. Die US-Metalcore-Band aus Orange County/Kalifornien, die seit 1999 existiert, bot eine Dreiviertelstunde lang ein energisches Startprogramm, um in Stimmung zu kommen. Die Band hatte einige Jahre Pause und kündigte in 2018 ihre Reunion und ein neues Album an. Beim Full Force 2019 konnte das Core-Sextett um Frontmann Brandan „Sheep“ Schieppati mit ihrer genialen Mischung der beiden Metalstile Death und Black Metal punkten.

Mit Wolfheart startete auch endlich das Programm auf der Seebühne. Was hätte man sich bei den heißen Temperaturen besseres wünschen können, als direkt am Badesee mit Strand die besten Sounds des Tages zu genießen. Leider musste die Band aus Finnland mit Startschwierigkeiten beim Sound loslegen, zum Glück ging es dann aber schnell besser weiter. Tuomas Saukkonen und seine vier Mannen gaben alles an der doomlastigen Metalfront – ein atmosphärisches, emotionales und melodisches Konzerterlebnis.

Zurück auf der Hauptbühne ertönten kaum die ersten Klänge durch die Boxen, schon konnte man beim Auftritt von Any Given Day die ersten Crowdsurfer beobachten. Aber auch sonst gab es Pits wohin das Auge reichte. Die deutschen Metaller sorgten unaufhörlich, u.a. mit grandiosen Hits wie „Home Is Where The Heart Is“ dafür, dass die Securitys vor der Bühne kaum eine Atempause hatten. Fünf progressive Musiker, die vor allem an der Front mit Dennis Diehl eine starke Besetzung vorweisen konnten und durch die tief gestimmten Gitarren und schmetternden Drums die Hölle im Field losbrechen ließen.

Was Bewegung auf der Bühne angeht konnten sich jede Menge Bands etwas von Sick of it All abschneiden. Die NYC-Hardcore Band sprang wie wild über die Mainstage als gäbe es kein morgen. Vor der Bühne war der Hitze geschuldet zuerst wenig los, was sich nach einer Bemerkung von Sänger Lou und dem ersten ihrer energiegeladenen Klassiker schnell änderte. Danach sprangen Band und Publikum nahezu um die Wette und machten die Show zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Kein Wunder, denn 30 Jahre lang brettern Sick of It All schon erfolgreich durch die Hardcore-Landschaft.

Mit den Black Metallern von Behemoth ging die Mainstage wortwörtlich in Flammen auf. Die polnische Band um Frontmann  Adam Darski („Nergal“) zeigte direkt im Intro mit Fackeln, in welche Richtung es gehen würde. Feuersäulen bzw. Feuerbällen, brennende Mikros und ein regelrechtes Flammenmeer gab es hier zu bestaunen. Und das bei den bereits sommerlich-hohen Temperaturen. Mit neuen wie auch altbekannten Songs ließen Behemoth und vor allem Nergal in perfekter, düsterer Inszenierung und mit Kunstblut ihre großartige Musikmischung aus epischem Black Metal, atmosphärischer Schwarzkunst und Gothic-Rock auf das Publikum einprasseln.

Was das Finale am Freitagabend auf der Mainstage anging, war das nichts für zarte Ohren. Dort gaben sich die Australier von Parkway Drive die Ehre. Ihr Sound hatte es in sich – Hardcore, Death Metal, Metalcore, im proppenvollen Infield warteten die Zuschauer willig, um sich eine Rundum-Schelle von den fünf Down Under-Dudes abzuholen. Frontmann Winston stellte wieder einmal unter Beweis, wie vielseitig er ist und das er seiner Rolle als Vokalist ernst nahm. Hinzu kam die perfekt eingewobene Instrumentalisierung, die mit voller Wucht in Ohren und Herzen der Zuschauer ballerte. Die Truppe ließ es krachen und schonte die feierwütige Meute vor der Bühne keine Sekunde.

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Bands am Full Force 2019 Samstag:

Mit Crowbar, einer Sludge-Band aus New Orleans, startete für uns der zweite Tag beim Full Force 2019. Vor der Mainstage war es noch nicht sehr voll, aber natürlich versammelten sich genügend Fans der vierköpfigen Band. In über 25 Jahren Bandgeschichte waren die Herren um Kirk Windstein trotz zahlreicher Line-Up-Wechsel nicht einen Milimeter von ihrer Linie abgewichen. Ihr Livesound bestand aus den typischen, heruntergestimmten Gitarren, melancholischen Leads sowie dem zähem Doom-Tempo mit gelegentlichen Ausbrüchen gen Hardcore. Das klagende Shouting von Frontmann Windstein ging unter die Haut und alles in allem knallte dieser Auftritt schon ziemlich in die Menge.

Die brennende Sonne versuchte schnell wieder, die Besucher aus dem Infield hin zu schattigeren Plätzchen zu verjagen, an denen es natürlich Bier gab. Trotz der Hitze harrten aber etliche Besucher vor der Bühne aus, um Bury Tomorrow zu genießen. Die fünf Metalcore-Briten spielten ein Brett nach dem anderen – es konnte also eigentlich niemand mit der Setlist unzufrieden sein. Sonst waren die Jungs aber eher unauffällig. Gute Show, aber nichts außergewöhnliches. Das Publikum störte dies weniger, denn dort waren alle ordentlich am Abfeiern.

In den letzten Jahren erregte wohl kaum eine ukrainische Metal-Band so viel Aufmerksamkeit wie Jinjer. Zurecht, denn Sängerin Tatiana Shmaylyuk und ihre Stimme sind einzigartig. Der ständige Wechsel zwischen clean und guttural war perfektioniert und jeder Ton saß da, wo er hin soll. Das galt nicht nur für sie, sondern auch für die gesamte Band. Von Anfang bis Ende war die Stimmung voll da und der Pit wurde immer größer. Kein Wunder, bei der Energie, die Tatiana an den Tag legte. Mit diesem Auftritt zeigten Jinjer wieder einmal, wie genial sie als Live-Band funktionieren und dass sie schon jetzt zu den ganz Großen gehören.

Mit den Schweden At the Gates und ihrem knallharten Death Metal ging es auf der Mainstage weiter. Tomas Lindberg und seine vier Mannen – die Urväter und Pioniere des „Göteborg-Sounds“ im melodischen Death Metal – wurden willig und gut gelaunt empfangen. Dafür gab es fürs Publium gigantische Riffs, eingehende Melodien, brachialen Gesang und poetische Lyrics – alles zusammen ins unermessliche kombiniert. Sound und Spielfreude der Band haute tierisch rein, anders konnte man es nicht beschreiben. Neben den brachialen Riffs wurden der fiese Growlgesang und die zahlreichen Soli perfekt eingesetzt.

Knorkator war fast jedem ein Begriff und so hatte es die Berliner Band auch verdient, diesen zeitlich perfekten Slot zu spielen. Sehr zur Freude der Fans, denn diese ließen nochmal richtig die Sau raus. Ganz in Weiß trat die Trödeltruppe Knorkator auf, bis auf Frontmann Stumpen – mit bürgerlichen Namen Gero Ivers, der in einem Gewand erschien. Doch bei diesen Temperaturen hielt es auch der Schlüpfer-Träger nicht lange aus, also fiel förmlich in jedem Song ein Kleidungsstück, bis der gewohnte Alltags-Badeanzug zum Schlüpfer wurde. Diese Truppe war der Inbegriff der Antithetik. Die Gegensätze der Band häuften sich: halb tätowierte Körper, über Samurai-Zöpfe auf einer Glatze, bis hinzu Klobürsten statt Drumsticks. Die Setliste war vollgepackt mit eigenen Hits und selbst interpretierten Coversongs. Unterm Strich wieder ein sehr guter Auftritt von Knorkator, den man lieben oder hassen konnte.

Volle Lotte gab es dann noch einmal am Ende mit Powerband und Powerfrau. Arch Enemy aus Schweden ließen schon beim ersten Song erahnen, was kommen würde. Pyro wohin das Auge auch blickte. Dazu eine energiegeladene Frontfrau – die blauhaarige Alissa White-Gluz, die wie gewohnt wild über die Bühne fegte. Genau dafür haben die Fans gewartet und natürlich für den gekonnt gespielten Melodic-Death-Metal. Das Liveset führte durch die Jahre. Dazu Feuersäulen und -bälle, über Funkenfontainen und Feuerschalen. Das Finale läutete die Band unter einem Funkenregen ein, bevor sie sich in einem recht langen Outro von der Bühne verabschiedeten.

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Bands am Full Force 2019 Sonntag:

Ignite aus Kalifornien hatten ein großes Ziel: an diesem Sonntag das Publikum mit ihrem Melodic Hardcore und Hardcore Punk zu begeistern. Ziel erreicht, würden wir sagen. Schon seit 1993 etablierte sich die fünfköpfige Band in der Szene und hat schon unzählige Alben heraus gebracht. Trotz der heißen Temperaturen ging das Publikum sofort richtig ab. Ihr Sound spielte alle Band-Qualitäten aus. Knackige Songs mit coolen Melodien und Gesangslinien die unverwechselbar Ignite waren.

Nichts für zarte Ohren war auch der Sound der folgenden Band. Gutalax – eine Grindcore-Band aus Křemže in Tschechien – lieferte von der ersten Sekunde an volle Power. Hardcore für die jubelnden Massen. Hier konnte sich jeder die Seele aus dem Leib tanzen und springen sowie die Kehle aus dem Hals schreien. Das Quintett lieferte krachenden Sound und begeisterte damit die Besucher.

Whitechapel – drei Gitarristen und ein Bassist begleiteten Frontmann Phil Bozeman auf der Bühne. Sobald das erste Riff erklang, liefen die Bandmitglieder und auch die Zuschauer durcheinander. Whitechapel bewegten sich in ihren neueren Alben langsam vom Death Core zum “klassischen” Death Metal weiter. Alteingesessene Death Core- und Whitechapel-Fans mochten das skeptisch sehen und sich fragen, wie weit sich Whitechapel in den kommenden Alben von ihrem Ursprung noch entfernen würden. Live zeigten die Jungs aus Tennessee auf der Main Stage, dass es keinen Unterschied macht, ob ihre Songs grindig wie früher oder fast schon melodisch waren. Die Songs hatten nach wie vor eine unfassbare Power und selbst wenn mal ein Song gespielt wurde, den man nicht so gern mochte, wurde man von ihrer Energie nur so mitgerissen.

Sie sind dort angekommen wo sie hingehören: auf den ganz großen Bühnen. Für die Australier von Beartooth ging in den letzten 1,5 Jahren mit jedem erneuten Festivalauftritt ein Wunsch in Erfüllung. Sänger Jamie Halls und seine Band freuten sich, das Infield in Wallung zu bringen. Eine wahnsinnige Energie ging von der Bühne aus. Mit Beginn der ersten Töne von „The Remedy“ war die Stimmung genau da, wo sie sein soll, und nahm nicht mehr ab. Es wurde geklatscht und gesprungen was das Energiereserven hergaben. Am Ende sind sich aber alle sicher: Diese Band sollte man nicht aus den Augen verlieren.

Nun wurde es Zeit für die fünf Jungs aus Virginia. Bedeutete: Hammergeiler Thrash mit gelegentlichem Hardcore-Flair von Lamb Of God. Die einmalige Stimme von Randy Blythe, die direkt aus der Hölle kommen zu schien und die donnernde Doublebasedrum hauten sofort rein. Der typische Lamb of God-Stil hat rein gar nichts an Explosivität verloren, auch wenn die Band bereits seit 1990 auf dem Musikmarkt unterwegs ist. Eine kraftvolle und gleichzeitig aggressive Liveshow, die dank der hervorragenden Leistung an den Instrumenten für eine außergewöhnliche Atmosphäre schafften.

Beim punkigen Folkrock von Flogging Molly konnte man nicht einfach still stehen bleiben. Die Mannen aus der Stadt der Engel Los Angeles, gründeten sich in einem Irish Pub. 23 Jahre später brachten sie nun tausende Kilometer weiter östlich in der Eisenstadt die Massen zum Beben. Das Publikum war heiß. Wenn Midtempo-Nummern nicht gerade zu Pogo und Circle Pit einluden, wurde geklatscht und geschunkelt. Das Sextett um Sänger Dave King wusste gekonnt, die Meute vor der Bühne in Bewegung und auf Trab zu halten! Die instrumentale Vielfalt, die eine Folkband wie Flogging Molly mit zusätzlichen Thin Whistle, Akkordeon, Bodhran-Drums auf die Bühne stellte, würde wohl auf diesem Festival sonst nicht mehr erreicht werden.

Als Amorphis die Bühne betraten, wurde klar, auf wen der viele im Publikums gewartet haben. Wie man die Progressive-Metal-Finnen kennt und liebt, ging es sofort in die Vollen. Je nach Song sag man das Publikum entweder in einen Pit ausbrechen oder laut mitsingen. Dies spornte die Musiker um Frontmann  Tomi Joutsen ordentlich an, während man ihnen die Spielfreude deutlich ansah. Der Rest der Bühne war schlicht gehalten, hier lag der Fokus eben einfach auf der Musik, wo sich niemand weiter beschweren konnte.

Kurz vor der Jahrtausendwende entwickelten sich Limp Bizkit zu einer der weltweit erfolgreichsten Nu-Metal-Bands. Nachdem es eine lange Zeit ruhig um den amerikanischen Fünfer war, bespielen sie seit einigen Jahren immer wieder Deutschlands Konzerthallen und Festivalbühnen. Fred Durst zeigte sich nach wie vor als Rampensau und augenscheinlich agiler als vielleicht sogar zwei Dekaden zuvor. Im lässigen Kapuzenoutfit und mit großzügig geschnittenem Hoodie fegte er kreuz und quer über die Bühne, tauchte im Publikum ab und ließ mehr als eine handvoll Fans an sich heran, um sich gemeinsam zu einer musikalischen Zeitreise in die späten 90er zu machen. Musikalisch ließen es Limp Bizkit ordentlich krachen und gaben dem Nu-Metal seine Kraft in voller Gänze zurück. Es war wohl kaum einer unter den Besuchern, der durch diese perfekt aufeinander abgestimmte Band nicht angesteckt wurde. Es machte schon Eindruck, wenn das gesamte Field nahezu jeden Song dieses Abends mitsingen konnte, verdeutlicht aber auch, dass außer „Eat you alive“ und „Gold Cobra“ ausschließlich Klassiker der Alben „Chocolate Starfish and the Hot Dog Flavored Water“ und „Significant Other“ gespielt wurden.

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Noch mehr Bock auf Festivals im Juli?

Veranstalter Good Live wird im Juli erneut, dann aber an zwei aufeinander Wochenenden, am Standort Ferropolis für gute Laune bei Festivalfans sorgen. An den Start geht zuerst das traditionelle Hip-Hop-Open Air Splash Festival vom 11. bis 13. Juli 2019, gefolgt vom Electro-/Indie-Event Melt Festival vom 19. bis 21. Juli 2019.