40 Jahre mussten ins Land gehen, bis sich Deutschlands bekannteste Mundartkapelle in Rostock die Ehre gab. Am 15. Dezember 2016 war es dann soweit. Pünktlich ab 20:00 Uhr erlebten 1.400 Fans den satten Aufschlag von BAP in der Rostocker Stadthalle.
Die Verwunderung über den für ein Rockkonzert komplett bestuhlten Saal, legte sich schnell. Das Groß des vorwiegend reifen Publikums dürfte diese Lösung ohnehin goutiert haben, spielte die Band doch ohne Pause über 3 Stunden Titel lang aus 4 Jahrzehnten BAP. Wer kein profunder Kenner der Historie ist wird kaum bemerkt haben, dass zwischen manchen Titeln des Abends Jahrzehnte lagen. So frisch und in großen Teilen rockig kam das Programm daher. Großen Anteil daran hatten natürlich Wolfgang Niedeckens Mitmusiker, die zumeist schon viele Jahre zusammen auf der Bühne stehen. Sie hatten genug Freiraum ihre Spielfreude zu zeigen und glänzten ein ums andere Mal an ihren Instrumenten. Vor allem das Küken der Band, der junge Schlagzeuger Sönke Reich, lieferte eine reife druckvolle Vorstellung ab, die seine Klasse dokumentierte. Aber auch Leadgitarrist Ulrich Rohde und Multi-Instrumentalistin Anne de Wolff präsentierten sich bei vielen Solopassagen in Topform. BAP ist also nicht nur Wolfgang Niedecken, wenn auch seine Ausstrahlung nach wie vor die besondere Faszination der Band ausmacht. Je reifer er wird, desto schöner knarzt er seine Texte.
Bildergalerie: So war NIEDECKENS BAP live
Man mag meinen, Niedecken sei mit über 60 ein wenig altersmilde geworden, aber der Mann ist immer noch zornig. Und das Gerücht man sei früher politischer gewesen, haben die Titel des Abends ad absurdum geführt. Spätestens bei der „Vision von Europa“ war das mal klar, wobei ein Song wie „Kristallnach“ leider auch noch immer ein hochaktuelles Lied in der Setlist ist. Neben den erwarteten Klassikern spielte die Band etliche Titel des letzten Albums. Schön untermalt von Bildern aus 40 Jahren BAP im Hintergrund. Und so kam es, dass auch stilistisch keine Langeweile aufkam. Vom ziemlich erdigen Bluesrock bis zum Reggae oder sogar afrikanischem Walzer war einiges dabei. Die Freunde der leisen Töne kamen bei einem 4 Titel umfassenden Block langsamer Lieder auf ihre Kosten. Dabei musste der Chef persönlich einige etwas übermütige Fans zur Mäßigung auffordern, was er mit lässiger Souveränität erledigte. Durchaus zu loben ist an dieser Stelle der mehr als passable Sound in der Rostocker Stadthalle, die ansonsten eher nicht für ihre herausragende Akustik bekannt ist. Verwunderlich auch, dass trotz kölscher Mundart das norddeutsche Publikum sich als erstaunlich textsicher erwies. Das dürfte auch den Protagonisten auf der Bühne Spaß gemacht haben, die nach 2 Zugabeblöcken augenscheinlich zufrieden die Bühne verließen. Geht also mit süddeutscher Mundart im hohen Norden.
Am Ende bleibt zu sagen: Wolfgang Niedecken ist immer noch ein saucooler Typ mit einer verdammt guten Band im Rücken. Und den Rostockern wäre zu gönnen, dass bis zum nächsten Wiedersehen keine 40 Jahre vergehen.
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