Monster Truck rollen durchs Übel & Gefährlich in Hamburg


Ende letztes Jahr war Monster Truck noch mit Billy Talent auf Tour, jetzt im Frühjahr sind sie die Headliner und spielen vor ausverkauften Clubs. So war am Sonntag auch das Übel und Gefährlich im Vorfeld ausverkauft. 1.000 Gäste kamen trotz Dom und schönem Wetter in den Medienbunker um sich den Southern Rock von der Band aus dem hohen Norden (Kanada) anzuhören.

Andererseits ist die Stadt Hamilton wo Monster Truck gegründet wurde so mit das südlichste was Kanada zu bieten hat. Und dieses “Südstaaten” Feeling transportiert Monster Truck auf all ihren Shows. Und so wurde auch das geschlossenen, mit Lüftungsschächten durchzogene und mit kunstvollen Bildern an den Wänden verzierte Übel & Gefährlich gefühlt zu einer Südstaaten-Biker-Bar. Und mit The Picture Books hatte man die perfekte Vorband gefunden um dieses Feeling schon vorab aufzubauen.

Das Publikum war bunt durcheinander gewürfelt, von einem geschätzt 10-jährigen (natürlich mit Ohrschutz und in Begleitung seiner Eltern), über Mädels in Glitzerkleidung und Leuchtstäben die man eher auf einem boyband vermutet hätte, bis hin zu alteingesessenen Rockern deren lange, weiße Rocker-Mähne bereits oben etwas licht wurde war alle vertreten. Alle waren gut gelaunt, es gab keine Aggressionen, kein unnötiges Gedränge nach vorne sondern ein friedliches, fast schon brüderliches miteinander einer Crowd, die einfach nur die perfekte Mischung aus Blues- und Hardrock live erleben durfte.

Mittendrin wurden von der Security noch gratis-Wasserbecher ausgegeben, die dankbar angenommen wurden, und mal nicht durch die Gegend flogen wenn sie ausgetrunken waren. Und auch nach der etwas zu kurzen Show wurde der Weg zur Garderobe oder zum Ausgang nicht verstopft. Stattdessen wurde darüber gefachsimpelt dass alles Songs gespielt wurden die man hören wollte, der Gesang und die Gitarre so sauber abgemischt waren dass man die Lyrics gut verstanden hat (was gerade bei Hardrock nicht leicht ist) und ob man sich Tickets für “The Picturebooks” holen sollte, die im September selber auf Tour gehen. Mein Tip: Sollte man. Auf jeden Fall.

The PictureBooks

Bereits vor dem auftritt von “The Picturebooks” warf das ungewöhnliche Drumset Fragen auf: Eine Bassdrum, wie man sie kennt, Fell nach vorne und Fußpedal dahinter. Links und rechts daneben zwei Floortoms. Und über der linken Tom eine Glocke. Nein, keine Cowbell, sondern eine Schiffsglocke. Die nächste Überraschung war dass “The Picturebooks” aus zwei Bandmitgliedern besteht. Ein langhaariger Gitarrist, der die Tonabnehmer seiner halbakustik-Gitarren auch mal als Mikrophon missbraucht, und ihr ansonsten sowohl harte Rock-Riffs als auch bluesige Soli entlockt und dabei über die für ihn zu klein scheinende Bühne rauf und runter rockt.

Und ein Drummer, der statt Drumsticks dicke Schlägel nutzte, deren Spitzen mit rotem Stoff abgepolstert waren. Mit diesen Schlägeln prügelte er geradezu auf die Toms ein (und irgendwo war auch eine snare versteckt) und stampfte dazu auf die Fußmaschine der Bassdrum, so dass ein gleichmäßig dumpfer, vergleichsweise ruhiger aber dafür sehr kräftiger Beat entstand auf dem der Gitarrist sich mit Melodie und Gesang austoben konnte. Und scheute sich nicht, auch mal mit der flachen Hand auf die Toms einzuschlagen.

Es ist schon fast zu sehr Klichee, das ganze als “Stammesmusik” oder “tribal-artig” zu bezeichnen. 40 Minuten lang gab “The Picturebooks” alles auf der Bühne, was man vor allem an dem hinterher “nassgeduschten” Drummer sah. Und hatte dann nicht nur mich, sondern sicher auch ein Großteil des Publikums neugierig gemacht, wie ihre Headlinertour im September aussehen wird.


MONSTER TRUCK

“Don’t fuck with the truck” stand in großen Lettern auf den T-Shirts der Crew, und auf zahlreichen T-Shirts der Gäste. Diese Einstellung transportierte vor allem Frontmann und Bassist Jon Harvey als er auf der Bühne stand. Seine Mähne (sowohl Haare aus auch Bart) verdeckte die Hälfte der Zeit sein Gesicht, zum Teil auch das Mikrofon in das er gerade rein sang mit seiner durchdringenden Stimme. Und seine kräftige Statur, stilecht verpackt in eine Weste mit zahlreichen Aufnähern, tat ihr Übriges um Jon zuzutrauen dass er ebenso gut der Fahrer eines Monster Trucks sein könnte, der unter seinen Reifen Autos und Ölfässer zermalmt.

Stattdessen sang er Songs von beiden Studioalben und spielte dabei den Bass, der in seinen Hände nicht größer zu sein schien als die Gitarre von Gitarrist Jerem Widerman. Noch einer dieser “oben ohne” Gitarristen, die wie das Rock-Urgestein Angus Young oder Airborne-Frontmann Joel O’Keefe nicht nur durch heiße Gitarrenriffs sondern auch durch unfassbare Bühnen-Präsenz das Publikum einheizen.

Nun, “Präsenz” ist das falsche Wort, “Akrobatik” trifft es etwas besser, aber hat einen zu artistischen Beigeschmack. Jerem flitzte einfach nur über die für ihn viel zu kleine Bühne vom Übel & Gefährlich, und und sprang von jede Ecke die ihm zur Verfügung stand, einschließlich dem Drummer-Podest, Lautsprecher-Boxen und sogar dem kleinen Graben zwischen Bühne und Publikum wo er nach schnellem Hin- und Her-Flitzen die Absperrung als Sprungbrett nutzte um wieder auf die Bühne zu springen. Und all das ohne dass er auch nur eine Sekunde lang aufhörte seine Gitarre zu spielen.

Leider ging die Band bereits nach einer Stunde von der Bühne, aber mit einer klaren “Wir sind gleich zurück” Ansage, und warteten ein paar “One-More-Song!” und “Mon-Ster-Truck!” Rufe ab um mit dem James-brown-Cover “I got you (I feel good)” die Zugabe zu eröffnen. Eine gleichzeitig gefühls- und kraftvolle Bluesrock-Version des Soul-Klassikers, an der auch der Emperor of Soul sicher seine Freude gehabt hatte.

Es folgten “Call it a Spade”, “Righteous Smoke”, und nach einem etwas längeren “The Lion” war das Konzert vorbei. 1 Stunde und 25 Minuten Livemusik vom Headliner erschien etwas kurz, auch wenn dafür die Vorband 40 Minuten spiele durfte hätte ich gerne noch ein, zwei Songs mehr von Monster Truck gehört. Aber am Ende des Tages war das Meckern auf einem sehr hohen Niveau angesichts dessen, was die Jungs auf der Bühne geboten hatten.