Molecules Tour 2019 – Sophie Hunger in Berlin


Sophie Hunger Berlin 2019 / Sophie Hunger Tour 2019
(Bild: stagr / Christoph Eisenmenger)

Der Frühling wagt die ersten Züge und lässt den Freitagabend mit einem warmen Wind ausklingen. Die Spitzen des Berliner Tempodroms sind noch scharf und weiß, wie ich es in Erinnerung hatte. Vor dem Eingang tummeln sich schon einige Leute mit einem Getränk in der Hand, um den Feierabend einzuläuten, bevor das Team von Trinity Music die Gäste zum Einlass bittet. Heute soll das große Finale der „Molecules Tour“ von Sophie Hunger stattfinden. Es ist zwar noch nicht das Ende dieser Tour, aber das große Highlight laut Sophie Hunger einmal in dem „schönsten Saal dieser Größe zu spielen“.

Steiner & Madlaina

In der Halle ertönt das allseits bekannte Geräusch, das um Aufmerksamkeit bittet, die Plätze einzunehmen. Noch herrscht ein recht lauter Pegel im Saal des Tempodroms. Es wird geplaudert und gelacht, aber als das Licht im Saal ausgeht, ist selbst der kleinste Ton, der Touch auf dem Smartphone Geschichte und die Augen richten sich auf die Bühne. Die zwei Züricherinnen Steiner & Madlaina betreten die Bühne und starten ihren ersten Support vor der ebenfalls gebürtigen Züricherin Sophie Hunger, die jetzt Wahl-Berlinerin ist. Für die Eine ist es das größte Konzert in Berlin, für die beiden Damen hingegen das größte Konzert ihrer bisherigen Karriere. Das Publikum hängt schweigend an den Lippen der beiden Musikerinnen. Der Sound klingt etwas hart, der Gesang oft ein wenig außerhalb der Reichweite der Hörer,
trotzdem verbreiten sie ihren ganz eigenen Charme. Den letzten Song kündigen sie wie einen Ballermann-Hit an, man kann mitmachen und im besten Fall noch die Pose „Malle ist nur ein Mal im Jahr, die Arme-hochreispose“ ausführen.

Sophie Hunger

Die Saallichter erlöschen und die ersten Synthie-Töne der Band erreichen die Zuschauer. Sophie Hunger betritt die Bühne und begibt sich in ihren Musik-Circle. Der Sound ist unfassbar definiert und eng beieinander gemischt, kein Instrument sticht heraus oder geht unter. Das Licht breitet sich weich, unerreichbar, wie eine Wand über der Band aus und strahlt in den Saal. Es wirkt atmosphärisch und nicht für Fotografen geeignet. Das heutige Konzert ist für Sophie ein lang ersehnter Traum. Da ihr Anfang des Jahres während der Tourpause die Decke auf dem Kopf gefallen ist, hat sie neue Songs wie „Halluzination“ und „Rote Beete mit Arsen“ geschrieben und als Überraschung mitgebracht. Es sind auch eine Menge Songs von ihrer aktuellen Platte „Molecules“ mit dabei, z. B. das Lied „Coucou“. Das französische Wort „Coucou“ kann jeder sagen und es bedeutet so viel wie „Hallo mit ein bisschen, ich mag dich“. Man benutzt es bei Leuten, die man sehr mag, „also man kann es nicht zu Leuten wie Jens Spahn sagen“ spricht Sophie durch das Mikrofon. Das Publikum lacht lautstark. Hauptsächlich begrüßt man mit „Coucou“ aber Kinder.

Was am heutigen Abend wirklich bemerkenswert ist, dass die Zuschauer weder während der Songs, noch in den Pausen lautstark erzählen oder stören. Das Publikum steht zwar nur lauschend auf ihren eigenen Füßen und sitzend in den oberen Rängen vor der Bühne, dafür sind sie aber unglaublich diszipliniert und schenken Sophie und ihrer internationalen Band ihre volle Aufmerksamkeit. Man kann sich förmlich nicht an der Musik von Sophie Hunger satt hören. Die Songs sind so unterschiedlich und haben alle Tiefgang mit einer gewaltigen Prise Genialität, sodass man am liebsten für immer bleiben möchte. Ihre fast autistischen Ansagen – wie halbe Selbstgespräche mit ihrer Gitarre – sind fesselnd und unterhaltsam. Man spürt Sophies Liebe für ihre Band, ihre Musik und den weiteren Drang sich beweisen zu müssen. Es gibt keine feste Definition für ihr Schaffen. Man möchte einfach mehr sehen und fühlen. Wie kann man also über ein Sophie Hunger-Konzert berichten? Ich denke, man muss es erleben. Alle Zuschauer, die heute hier sind, gehen mit Sicherheit sehr glücklich nach Hause. Danke für deine Musik.

Setlist – Sophie Hunger Berlin 2019

1.  Opened a Bar
2. The Actress
3. Let It Come Down
4. Supermoon
5. Halluzinationen
6. Die ganze Welt
7. Sliver Lane
8. Rote Beeten mit Arsen
9. Tricks
10. There Is Still Pain Left
11. Coucou
12. Le vent nous portera (Noir Désir cover)
13. Das Neue
14. Z’Lied vor Freiheitsstatue
15. Hanghanghang

Encore 1:
16. That Man
17. Liquid Air
18. Spaghetti mit Spinat

Encore 2:
19. Speech (Fisher song)
20. Ne me quitte pas (Jacques Brel cover)
21. Train People