Kontra K in Rostock – Knalleffekte und jede Menge Arbeit


Kontra K Rostock 2019 / Kontra K Tour 2019
Deutsch-Rapper Kontra K gastierte am Mittwochabend in der Rostocker Stadthalle. (Bild: stagr / Marten Körner)

Über eine große Showtreppe steigt er hinab um Publikum wie ein Entertainer in einer TV-Sendung. Kontra K hat viel Kulisse auf der Bühne, und eine richtige Band mit DJ Rick Strakow, Keyboarder Johannes Wehrle, Schlagzeuger Uwe Breuning und Gitarrist Robert Kerner. Dazu die zwei Co-Rapper Rico und Skepsis, die das Publikum anheizten und die Kontra K als „meine Familie“ feierte. „Das wird ein Hexenkessel“, freute er sich zu Beginn des Konzerts in der Rostocker Stadthalle nach den ersten heftig umjubelten Songs. Die Halle war mit gut 5.500 Besuchern ausverkauft.

Die Fans bekamen etwas geboten. Schon vor dem ersten Song gab es einen Knall, nach dem der große Bühnenvorhang zu Boden ging. Dann rappte Kontra K seinen Song „Letzte Träne“, hinter ihm die große Projektion einer verregneten Landschaft, Wassertropfen auf Fensterscheiben. Zunächst blieb das Konzert zurückhaltend professionell. Auf der Projektionsfläche wechselten sich Landschaften ab, Kontra K moderierte seine Titel jeweils mit kleinen Geschichten an, was mitunter etwas steif geriet, aber doch den Kontakt zum Publikum herstellte: Da steht einer, der ist nahbar, und seine Erfahrungen sind nachvollziehbar. Er erzählte von seinem kometenhaften Aufstieg aus einer Berliner Einzimmerwohnung, einem „Drecksloch“, in dem man aber doch die „besten Diamanten“ finde. Darauf folgte der Song „Diamant“.

Kontra K, eigentlich Maximilian Diehn, präsentierte sich auch an diesem Abend als Arbeiter unter den deutschen Rappern. Er pflegt nicht die Intellektualität von Caspar, den Witz von Cro oder den Hüftschwung von Marteria. Kontra K hat gerade heraus erzählte Geschichten von Arbeit und Kampfsport, und er hat eine klare Botschaft: Wer sich bemüht, wird auch dafür belohnt. Wobei es nicht ums Geld geht, sondern um die Überschreitung der eigenen Grenzen. Das ist das Thema, das sich durch diesen Abend zieht.

Tatsächlich ist Kontra K viel gelungen: Seit 2010 hat er acht Platten veröffentlicht und dabei auch noch mehrmals das Label gewechselt. Das Rostocker Konzert und die aktuelle Tour stehen unter dem Motto „Die letzten Wölfe“, und viele Songs des Abends stammen vom 2019er Album „Sie wollten Wasser und kriegen Benzin“. Der Titel der neuen Platte klingt explosiv, und das Konzert machte dem alle Ehre. Offenbar geht heute ohne Pyrotechnik gar nichts mehr, und so ballerte auch Kontra K Feuersalven in die Luft, dass die Hitze im ganzen Saal zu spüren war.

Die sehr versiert spielende Band hätte eine solche Unterstützung gar nicht nötig gehabt, denn die meisterte routiniert den Mix aus Elementen von Hip Hop, Reggae Clubmusik hier und da sogar mit Metal-Gitarre, so dass selbst Rock-Fans ihre Freude am Konzert gehabt hätten. Kontra K bedient sich für seine Songs in der Pop-Geschichte, er verwendet Loops von Pat Benatar („Love is a Battlefield“) oder The Verve („Bittersweet Symphony“). Für sein Berlin-Liebeslied „Alles was sie will“ übernahm er gar die Melodie des Refrains von „All that she wants“ von Ace of Base.

Diese Song bescherte dem Abend auch seinen einzigen Moment der Peinlichkeit: Das Stück animierte Kontra K dazu, die mehrheitlich aus Rostock stammenden Besucher aufzufordern, das Lied ihrer Stadt, nämlich Marterias „Mein Rostock“ zu intonieren. Was gründlich misslang. Das Publikum hatte weder Text noch die Melodie parat, die wenigen Fans, die den Song anstimmten, verloren sich in der Weite des Saals. Was allerdings kein schlechtes Licht auf das Konzert wirft, im Gegenteil: Offenbar ist Kontra K spontan genug, auch mal zu improvisieren.

„Erfolg ist kein Glück“, einer der populärsten Songs von Kontra K, beschreibt denn auch am besten, worum es an diesem Abend ging: „Erfolg ist kein Glück, sondern nur das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen.“ Der Musiker erzählte diese Story in verschiedenen Varianten, wobei sich der Ehrgeiz offenbar auch auf seinen Körper bezieht, denn ab etwa der Hälfte des Konzerts stand der Rapper mit freiem Oberkörper da, durchtrainiert und komplett tätowiert. Was angenehmerweise komplett fehlte, waren die gängigen Macho-Gesten.

Mit der Tour durch zumeist ausverkaufte Hallen hat Kontra K sich durchaus Arbeit gemacht. Die Show war nicht nur aufwendig, sondern auch 23 Songs lang und geriet ein wenig zum Querschnitt durch sein Schaffen: Zu hören waren auch ältere Stücke wie „Warnung“, „Adrenalin“, „Hoch“ oder „Power“. Knapp zwei Stunden ging das Ganze, und mit „Wölfe“ war dann auch die ausgiebige Zugabe zu Ende. Verbeugung.

Danke für den Text: Matthias Schümann