Kollegah in Hamburg: Hat mich nicht umgehauen


Aufs Maul oder nicht? Das dürfte sich wohl jeder gefragt haben, der letzten Sonntagabend im Mehr! Theater in Hamburg war. An diesem Abend stand Rapper Kollegah auf der Bühne, der beim letzten Konzert in Leipzig einen Fan umgehauen hat. Aber nicht vor Begeisterung.

Unter uns: Ich bin kein Fan von Kollegah. Er verkörpert das Gegenteil von dem, was Hip-Hop für mich ausmacht: Kreativität statt Gewalt. Als im New York der 70er die Ganggewalt außer Kontrolle geriet, hat Hip Hop einen Ausweg geboten. Anstatt gegeneinander zu kämpfen, hat man gegeneinander gerappt, getanzt oder Graffitis gemalt. Jeder konnte Respekt und Anerkennung bekommen – ohne einen Cent in der Tasche, ohne dicke Oberarme, ohne Gewalt.

Und Kollegah? Er feiert sein Image als zuschlagender Zuhälter, als Boss, als Koks-Verticker, als Alpha-Alphawolf. Klar, goldbehängte Gangsterrapper gibt’s wie Sand am Privatstrand. Und das ist ja alles Battle Rap und gar nicht so gemeint. Aber ob die Ironie, wenn sie denn vorhanden ist, bei den Teenies in der ersten Reihe hängenbleibt, wage ich zu bezweifeln.

Apropos erste Reihe. Zurück zum Kollegah-Konzert in Hamburg, das Teil der großen „Imperator Tour 2017“ war. Die Location war das wunderbare Mehr! Theater in der denkmalgeschützten Großmarkthalle. Bis zu 3.500 Gäste sollen reinpassen. Leider sind nicht ganz so viele erschienen: mehrere hundert Fans standen dicht gedrängt vor der Bühne, noch mal so viele saßen auf den Sitzplätzen weiter hinten. Daneben und dazwischen: viel Luft. Das Publikum war überraschend bunt gemischt. Der Stiernacken in Bomberjacke stand Schulter an Schulter mit dem blassen Teenie in Hochwasser-Röhrenjeans. Darf der überhaupt schon Bier trinken? Egal.

Ali As

Pünktlich um 20 Uhr kam Ali As als Ein-Mann-Vorgruppe auf die Bühne. Vor dem 10-Meter-Kollegah auf dem gigantischen Plakat hinter ihm wirkte er zwar etwas verloren, trotzdem hat er die Fans schon mal ganz gut angeheizt. Nach ein paar Liedern, unter anderem sein Hit „Lass sie tanzen“, war dann auch schon Schluss.

Doch den Fans wurde nur eine kurze Verschnaufpause gegönnt. Ich konnte noch schnell einen Schluck aus meinem Proteinshake schlürfen, dann wurde es plötzlich dunkel: Kollegah kommt auf die Bühne! Im Schlepptau hatte er die Backup Rapper Koree und Seyed, einen Drummer, eine Gitarristin und DJ Arow, der übrigens der einzige ohne Sonnenbrille war. Wurde sie ihm von einem Fan geklaut? Hoffentlich nicht.


Kollegah

Es ging los mit den Song „Pharao“, in dem es um den Hustle, Bitches, breite Schultern und schlechte deutsche Rapper geht. Danach ging’s weiter mit dem Song „Kaiseraura“, in dem es um den Hustle, Bitches, breite Schultern und schlechte deutsche Rapper geht. Klar, es ist nicht neu, dass sich Kollegahs Texte immer um die gleichen Themen drehen. Aber ich kann mit Zeilen wie „Imperator, Diktator, fick‘ das Game hardcore“ einfach nix anfangen. Zugegeben, die Wortspiele und Punchlines, für die Kollegah so berühmt und berüchtigt ist, sind teilweise kreativ und lustig – wenn man sie nicht ganz ernst nimmt.

Was gab’s noch? „Nero“, „Aventador“, „Assassine“, Seyeds Song „MP5“ und viele andere Beats, die jeder kannte außer mir. Dazwischen gab’s noch ein paar speziellere Momente, zum Beispiel den „Klimmzug Challenge“, bei dem zwei Fans und Rapper Seyed rausfinden wollten, wer die meisten Klimmzüge schafft: Seyed.

Eine Sache ist mir noch aufgefallen: Kollegah redet viel mit seinen Fans. Ein freundlicher Gruß hier, ein Scherz da, dazwischen noch ein Kompliment ans Publikum. Eigentlich ganz nett. Der Kollegah zwischen den Songs ist ein anderer als der Kollegah IN den Songs. Ist die ganze Gangster-Nummer also doch nur Show? War die Schlägerei beim Konzert in Leipzig nur inszeniert? Ist Kollegah eigentlich ein netter Typ, mit dem man gerne mal eine Runde Tischtennis spielen würde? Das müsst ihr ihn selber fragen.

Alles in allem hat Kollegah seine Imperator-Show professionell durchgezogen. Seine Fans sind auf ihre Kosten gekommen und haben den Boss gebührend abgefeiert. Mich hat er leider nicht umgehauen. Nochmal Glück gehabt!