Schwarz blüht der Enzian – Heino in Neuruppin


Die Märkische Allgemeine Zeitung titelt heute „Umjubeltes Heino-Konzert im Stadtgarten“ und weiter: „Er ist der King. Heino, ehemaliger Volksmusikstar und seit Jahren bekennender Rocker, legte im Neuruppiner Kulturhaus einen fulminanten Auftritt auf die Bretter.“

Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, mich unvoreingenommen mit dem Konzert des zu Recht umstrittenen Superstars Heino auseinanderzusetzen. Ein Superstar ist er mit über 50 Millionen verkauften Platten allemal. Aber um es kurz zu machen: Vieles an dem Konzertabend, der aus Titeln der Alben „Mit freundlichen Grüßen“ und „Schwarz blüht der Enzian“ bestand, war schlicht erbärmlich. Da war zunächst die Besucherzahl. 350 zahlende Gäste in einem Saal, der 950 Personen fasst. Die Zusammensetzung des Publikums war unterschiedlicher kaum möglich. Da waren auf der einen Seite, im bestuhlten Teil des Saales, die mit Heino gealterten Fans seiner Generation und auf der anderen Seite, vor der Bühne stehend grölende bierseelige Mittzwanziger.


Abgesehen davon, dass dieses Publikum offensichtlich seinen Spaß hatte, den ich hier auch in keiner Weise schmälern, schlecht reden oder mich in irgendeiner Weise darüber erheben möchte, wirft der Abend für mich einige Fragen auf. Obwohl Heino und Band trotz des schlecht besuchten Konzertes absolut souverän agierten (was bei Heinos Bühnenerfahrung allerdings auch selbstverständlich sein sollte) und an handwerklichen Qualitäten der Musiker auch nichts auszusetzen war, wirkte die von Heino gespielte Rocker-Attitüde aufgesetzt, unehrlich und letztlich lächerlich. Heino IST KEIN Rocker. Auch wenn er das permanent behauptet. Schließlich habe er ja schon 1965 eine Lederjacke getragen. Eine Lederjacke macht noch keinen Rocker und auch ein Totenkopfring nützt da wenig. Und – das hat nichts mit seinem Alter zu tun. Mick Jagger, Udo Lindenberg usw., usw. haben ebenfalls die 70 überschritten. Und sie wirken eben nicht lächerlich. Sie sind authentische Repräsentanten eines Lebensgefühls. Dieses Lebensgefühl, das unterstelle ich, ist Heino so fremd, wie Iggy Pop erzgebirgische Schnitzkunst.

Ja, ich weiß, man könnte das Ganze auch als Ironie auffassen. Ich gebe zu, dass ich in diesem speziellen Fall etwas humorlos bin. Warum? Ich mag nicht, wenn jemand, der einen Großteil seines Vermögens mit dem Interpretieren von Volksliedern verdient hat , die die beliebtesten Wehrmachtslieder wurden und sich danach damit herausredet, dass es diese Lieder schon vorher gegeben hat, der 1973 auf die Frage, ob er auch für die NPD auftreten würde geantwortet hat: „Warum nicht?“ und der 2013 in einem Interview mit der FAZ bemerkte, er wäre ja „hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und flink wie ein Windhund“ dann behauptet, er wäre Rocker.

Nein, und im Übrigen halte ich dieses Projekt für einen vor 4 Jahren vielleicht cleveren Marketinggag, der sich nun allerdings totgelaufen zu haben scheint. Sorry, Herr Kramm, bei allem Respekt für Ihren Erfolg, aber mich überzeugen Sie nicht.