Basement in Berlin – Powerchords und Tanzen


Basement

Als sie das erste mal in Deutschland waren, spielten sie noch als Eröffnungsband für More Than Life, heute spielen sie ihre erste Headliner-Tour durch Europa. Mit dabei haben die jungen Briten u. a. Tigers Jaw aus Scranton, Pennsylvania. Den Abend eröffnen sollen Val Sinestra aus Berlin-Kreuzberg gegen 19.45 Uhr, offizieller Konzertbeginn wurde aber auf 20.00 Uhr kommuniziert.

Zu allgemeiner Verwunderung springt daher Sänger Kochi erst einmal wutentbrannt die Bühne herunter und läuft starr durch die ersten Besuchergruppen mit einer sehr unangenehmen Message und bedankt sich sarkastisch mit bösen Worten beim Veranstalter: „Eine Band 15 Minuten vor dem offiziellem Beginn spielen zu lassen, so etwas macht man nicht, das ist respektlos… Also f…. euch“. Nach dieser unerwarteten Ansage stehen die einzelnen Gäste perplex und angespannt in dem Kreuzberger Tanzsaal. Ich schreibe 25 Leute auf die Gästeliste und nur 10 sind da?! „Eigentlich sind wir ja ganz nette Jungs aber f…. euch“! Trotz der ganzen Wut möchte sich die band bei „Loft Concerts“ bedanken, die ihnen immer mit helfender Hand zur Seite stehen. Um dem Ganzen noch eine musikalische Nuance zu verpassen, stimmt der Sänger einen Song mit der Strophe „Hurra die Welt geht unter“ von K.I.Z ein und rotzt dann mit seiner Pöbel-Formation das geplante Set weiter durch.

Trotz der Unannehmlichkeiten finde ich die Band interessant und durchaus überzeugend – ein Gemisch aus gutgezielten deutschsprachigen Texten und muffigem Schweinerock, ähnlich wie Kraftklub nur in geil. Zur Mitte des Sets füllt sich so langsam der Lido Salon. Nun ist es an der Zeit, um das Blatt zu wenden. Nach einer kurzen Verschnaufpause kommt ein Junge namens „Vincent“ zum Frontmann, drückt ihn kurz und alles scheint wie vergessen. Nicht nur die Band startet wutentbrannt in den Abend, sondern auch das genervte Barpersonal. Ich werde Zeuge, wie nach einer falschen Bestellung Getränkechips aggressiv in die Augen der Gäste gefeuert werden. Nachdem nun auch der Bassist im Circle um den Saal läuft und den Rest des Konzertes im Zuschauerbereich spielt, beendet das Quartett um 20.15 Uhr sein Spektakel. Bevor sie aber die Rampe freigeben, betonen sie, dass sie nie wieder für„Target Concerts“ spielen werden.

Bildergalerie: So war VAL SINESTRA live:

Nach einer kurzen Umbaupause geht es direkt weiter mit der smarten Band Tigers Jaw. Auch diese Band sehe ich heute zum ersten Mal und bin deshalb extra gespannt wie sich der Gig entwickelt. Die erste Reihe ist jetzt schon mit 15-jährigen Mädchen voll, die seicht mittanzen. Obwohl hier wohl eher von der zweiten Reihe zu sprechen wäre, weil die erste schon von ihren Rucksäcken blockiert wird. Druckvoll und tight spielen Tiger Jaw und besonders hat es mir der Bassist angetan, der sich mit einem wundervollen Hiwatt Top schmückt und durch sein perfektes Zusammenspiel mit der Bassdrum glänzt. Das weibliche Musiker-Geschlecht ist an diesem Abend nur durch die Keyboarderin Brianna Collins repräsentiert, die sich mit dem Sänger Ben Walsh den relativ monotonen Gesang teilt. Nachdem Tiger Jaw schon im vergangenen Jahr in Berlin waren, freuen sie sich heute um so mehr auf dieses Konzert. Locker und entspannt geben Sie ihre Set-Liste den Berlinern zu Gute.

Bildergalerie: So war TIGERS JAW live:

Jetzt kommt Basement. Nachdem sie im vergangen Jahr im ausverkauften Musik & Frieden (ehemals Magnet) spielten, wollen sie heute einen weiteren Versuch starten um sich in die Herzen der Posthardcore-Fan zu spielen. Das Licht geht aus, die ersten Loops spielen, das Intro durch die PA und die Mitglieder von Basement versinken auf der Bühne in ihre Instrumente. Das Licht erwacht und baut sich langsam im Saal auf. Die Powerchords stehen im Raum und warten auf den noch zurückhaltenden Frontmann. Das Schlagzeug setzt ein und die Band fängt an sich langsam einzugrooven. Der erste Anschlag des zweiten Songs löst förmlich eine Kehrtwende im Lido aus, das Publikum rastet aus und geht in ordentlicher Manier ab. Wie gewöhnlich kommen jetzt auch endlich die Stagedive- und Singalong-Einlagen. Die Scheinwerfer sind auf Frontmann Andrew Fisher gerichtet. Seine Stimme erinnert mich oftmals an die verstorbene Nirvana-Legende Kurt Cobain – dieses Raue, dieses gewisse Kratzen wenn die Stimme den Schlusston erreicht. Im Takt tanzt er vor dem Mikrofon, allerdings mit einem verhaltenden Abstand zur ersten Reihe. Man sieht ihm an wie er versucht in die Musik einzutauchen, doch ganz verschwinden kann er noch nicht in ihr.

Bildergalerie: So war BASEMENT live:

Der Sound der jungen Briten erinnert mich ein wenig an meine Jugendhelden „Alices Gun“ die heute mehr unter dem Namen „Madsen“ bekannt sind. Dieser gewisse Groove und die Parallelen zwischen Gesang und Gitarre machen es wohl aus, dass der Laden heute voll ist. Die Show neigt sich nun langsam dem Ende zu, aber Sänger Andrew entdeckt noch etwas im Raum, was ihn wohl schon den ganzen Abend beschäftigt. „Können wir diese Discokugel anmachen“? fragt er vorsichtig. Sein Wunsch wird ihm gewährt und es breitet sich ein Lächeln in seinem Gesicht aus als die hunderten winzigen rotierenden Spiegel den Saal erstrahlen lassen. Nach dem einstündigen Gig verlassen Basement die Bühne und die Massen strömen entspannt nach Hause, mit dem guten Gefühl, dass die fünf Engländer einen hervorragenden Eindruck hinterlassen haben.

Das nagelneue Album von Basement gibt’s bei Amazon:
Audio-CD „Promise Everything“, Vinyl LP „Promise Everything“
oder MP3-Download „Promise Everything“

Danke an:
Christoph Eisenmenger (Text und Fotos)