30 Jahre Jubiläum – Blind Guardian in Hamburg


Blind Guardian in Hamburg 2022
Blind Guardian gaben am Donnerstag, den 13. Oktober 2022 in Hamburg ein Konzert. (Bild: Mark Carstens)

In meiner “Metal” Playlist tummeln sich vor allem Bands wie Machine Head, Slayer, Hatebreed und Slipknot. Also Bands wo der Moshpit nicht groß genug sein kann, und man sich Regen wünscht der einen den heißen Schweiß von der Stirn wäscht und einen schlammigen Boden damit man weich fällt. Neben dieser Playlist gibt es noch meine “Prog Metal” Playlist mit den schönsten “auf jeden Fall über 10 Minuten lang” Liedern mit komplexen Arrangements und virtuosen Gitarren-Soli von Dream Theater und Tool. Und dann gibt es noch einzelne Playlists von Bands, in denen oft ganze Alben nacheinander gespielt werden. Hier tummeln sich die “Geschichten-Erzähler”. Also Bands wie Iron Maiden mit dem lieben Onkel Bruce Dickens, der von “The Number of the Beast”, “Death or Glory” und “The Angel and the Gambler” erzählt. Oder auch Blind Guardian mit Hansi Kürsch, die mir Sagen von “Lord of The Rings”, “Sacred Worlds” und “Valhalla” vorsingen.

Allerdings gibt es auch einen Song von Blind Guardian, die es auf die “Prog-Metal”geschafft hat: Virtuose Gitarren-Soli, untermalt mit einem volle Orchester, garniert mit mehreren lagen von “Overlaid Vocals”: Der über 14 Minuten lange Track “And then there was Silence” von “A Night at the Opera” ist ein Statement der musikalischen Fähigkeiten der Blind Guardian Musiker.

Aber heute in der Edel Optics Arena wird das 30 Jährige Jubiläum von “Somewhere far beyond” (1992) gefeiert, entsprechend wird in der ersten Hälfte das Album life gespielt, und in der zweiten Hälfte gibt es eine Selektion aus kraftvollen Riffs und den schweren Rhythmen, also klassischer Power Metal und kein einziger Track von “A Night in the Opera”.

Dazwischen gibt es immer wieder Ansagen von Hansi’s großer Klappe. Sprüche wie “Am Ende der Show sehen wir noch besser aus” und die Bezeichnung des Publikums als „Frivoles Gesindel” sind Teil der “Krefelder Arroganz”, die angeblich Hansi’s Charm mit ausmachen sollen. Ich persönlich bevorzuge Bands wie System of a Down, die 1 Stunde spielen, kurz hallo sagen, und dann nochmal 1,5 Stunden weiterspielen und Tschüß sagen. Aber man muss auch bedenken wie stark Hansi’s Stimme von den langgezogenen, gestützten Vokalen in den Song-Refrains belastet wird, und die Ansagen geben seinen belasteten Stimmbändern eine verdiente Ruhepause. So wie auch “The Bard’s Song”, der zum größten Teil vom Publikum gesungen wird. Eine nahezu 30 Jahre alte Guardian Tradition, die natürlich auf großen Festivals unter freiem Himmel noch viel beeindruckender ist. Aber auch die Besucher in der Edeloptics Arena verdienen Anerkennung, alle sind textsicher und jeder, wirklich jeder singt mit.

Guardian Konzerte haben keinen Circle-Pit und kaum Crowd-Surfer, sie haben die gemütlichkeit einer Lagerfeuerrunde mit Met und Gesang (und E-Gitarren und eine Double-Bass-Drum). Die Songs, die anfangs vor allem von Tolkien-Erzählungen inspiriert waren und später auch noch andere Sagen wie die Ilias oder auch biblische Texte behandeln sind geprägt von leicht zu merkenden Texten mit langgezogenen Vokalen die man gut mitsingen kann wie “Na-a-ight”, “The I-Iron Hill” oder “Vallhah-lah-ah”. Zwischen den Texten erklingen schnelle, abwechslungsreiche Gitarrensoli bei denen die beiden Gitarristen André Olbrich und Marcus Siepen ihre Finger über die jaulenden Gitarrensaiten fliegen lassen und zeigen, dass die Band technisch zu virtuosen Alben wie “A Night in the Opera” fähig ist. Aber heute Abend wird gesungen.

Bei “Violent Shadows” vom neuen Album “God Machine” kommt tatsächlich noch etwas Bewegung in die Menge. Man rempelt mit den Schultern die Nachbarn links und rechts an, und die Nachbarn rempeln höflich zurück. Der Song hat Power, ist schneller und aggressiver als die üblichen Guardian-Songs (außer vielleicht noch Ashes to Ashes), aber ein Gitarrensolo später sind schon wieder alle am mitsingen und das Moschen ebbt ab. Dafür ist Hansi’s Stimme langsam angeschlagen. Bei den Ansagen kommt ein wenig Reibeisen durch, und auch bei den Songs hört man trotz aller Mühen vom Frontmann dass die erste Tour nach zwei Jahren doch die Stimme ganz gut strapaziert. Aber am Ende ist alles beim Alten. Nach “And The Story Ends” geht die Band wie immer von der Bühne, die Menge ruft wie immer “Guardian! Guardian!”, und als Zugabe gibt es “Sacrad Worlds” bevor zum Abschluss noch mal alle zusammen “Vall-haaa-laaa-aaa, Deliverance. Why you’ve ever forgotten meeeeee?”. Und freuen sich schon auf die nächste Blind-Guardian Tour zum Mitsingen.