Weltuntergang im fränkischen Lichtenfels: Freitag beim Ragnarök Festival 2019


Prognosen zum Weltuntergang haben alle eines gemeinsam: Kleinlaut muss der Prophet im Nachhinein zugeben, sich geirrt zu haben. Ob Maya-Anhänger oder Scientologen: sie lagen alle bisher ganz daneben … Ganz daneben? Nein! Eine von unbeugsamen fränkischen Metalheads bevölkerte Stadt hört nicht auf, Jahr um Jahr den Weltuntergang zu feiern. Wir befinden uns im Jahr 2019 n. Chr. und ganz Lichtenfels ist von langhaarigen, überwiegend schwarzgewandeten Gestalten besetzt: Es ist wieder eine Woche nach Ostern – Zeit für die Festivalinstitution, wenn es um Folk-, Pagan- und Black-Metal geht: Das Ragnarök.

Die diesjährige Ausgabe ist vom Pech verfolgt. Nicht nur, dass das beinahe sommerliche Osterwetter pünktlich am Freitag nasskaltem Aprilwetter weicht. Nein, es kommt noch schlimmer: Die skandinavische Fluggesellschaft SAS streikt und verhindert so die Anreise von God Dethroned und Naglfar. Skeleton Witch hingegen kommen einen ganzen Tag später als geplant. Glück im Unglück, dass sie ursprünglich den Rausschmeißer für Freitag geben sollten. Nun ersetzen sie Naglfar am Samstag. Der Freitag fällt deutlich kürzer aus als geplant. Aber dabei bleibt es leider nicht. Auch XIV Dark Centuries müssen krankheitsbedingt die Segel streichen. Zum Glück springen die Freunde von Gernotshagen spontan ein.

Freitag beim Ragnarök 2019

Atlas Pain

Die Epic Metaller Atlas Pain aus Bella Italia läuten die 2019er Ausgabe des Ragnarök mit viel Schwung und Spielfreude ein. Mal groovig, mal episch bringt das Mailänder Quartett viel Power aufs Parkett. Trotz der frühen Stunde geht die Meute auch schon gut mit und das neue Album „Tales of a Pathfinder“ findet neue Abnehmer.

Midvinterblot

Deutlich traditioneller, aber ähnlich schwungvoll gehen die Schweden Midvinterblot zu Werke. Mit Flöte und Fidel garniert wird Folk-Metal in bester Schunkelmanier unter das willige Festivalpublikum gebracht. Natürlich kommen auch Nackenbrecher nicht zu kurz. So kann es weitergehen.

Eïs (Galeere – anniversary show)

Nach nun bald 15 Jahren Bandgeschichte legen Alboin und seine Mitstreiter eine bis auf weiteres unbegrenzte Schaffenspause ein. Als wäre das nicht Grund genug, sie entsprechend zu würdigen, jährt sich auch das Erscheinungsdatum des dritten Albums „Galeere“ zum 10. Mal. Seinerzeit noch als Geïst bekannt, erzählt dieses Album von den lichtlosen Tiefen, untoten Kapitänen und dem Zorn Poseidons. In der ersten von zwei Shows an diesem Wochenende nun auch live und in gewohnt epischem Soundgewand.

Nothgard

Die Deggendorfer sind wahrlich keine unbekannten mehr auf dem Ragnarök Festival. Nach 2013 und 2015 schallt nun zum dritten Mal epischer Melodic Death von der Bühne. Das Quartett aus Bayern ist mit viel Spielfreude und druckvollen Riffs ausgestattet und heizt so dem Publikum ordentlich ein.

Agrypnie

Sänger Torsten ist mit Agrypnie und Nocte Obducta quasi Stammgast beim Ragnarök. Dieses Jahr gibt es abgesehen vom Opener „Der tote Trakt“ nur Songs vom letzten Album „Grenzgænger“ zu hören. Das stört keinen, denn auch das 2018er Werk strotzt vor epischen Nackenbrechern wie „Aus Zeit erhebt sich Ewigkeit“ und „In die Tiefe“. Viel zu schnell sind 40 intensive Minuten vorüber.

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Varg – Album release show

Die Wölfe sind zurück und bringen ein neues Album mit. Da sich bei den Coburgern alles um den Canis Lupus dreht und Frontmann Freki sogar ein Festival ihm zu Ehren organisiert, liegt Wolfszeit natürlich nahe. „Wolfszeit II“ stellt das sechste Album der Formation Varg dar und das feiern sie an diesem Abend gebührend ab. Wolf Metal für die Fans der Wölfe, die auch mit zahlreichen Rudeln erschienen sind. Die Halle brennt und tobt für 60 Minuten.

Harakiri for the sky

Mit den Österreichern Harakiri for the Sky wird es wieder etwas filigraner. Post-Black-Metal der melancholischen Sorte wird hier geboten und sorgt für die dringend benötigte Verschnaufpause. Live verstärkt von einigen bekannten Gesichtern aus dem Hause Agrypnie und Anomalie spielt das Duo aus Wien ein solides Set und sorgt für viele verträumte Mienen im Publikum.

Borknagar

„Alles dreht sich, alles bewegt sich …“ heißt es aktuell im Hause Borknagar. So gab es zahlreiche Line-Up-Wechsel in den letzten 12 Monaten, allen voran der langjährige Sänger Andreas „Vintersorg“ Hedlund. Seinen Part übernimmt seit Februar abermals Bassist ICS Vortex, den Vintersorg nach dessen Ausstieg um die Jahrtausendwende beerbte. Seit seiner Rückkehr in 2010 teilten sich beide die Vocals. Unterstützt wird der neue, alte Frontmann dabei von Keyboarder Lars Nedland. Mit der Spielfreude der progressiven Black-Metaller aus Bergen ist es an diesem Abend nicht weit her. Der neue alte Frontmann wirkt sichtlich genervt. Dennoch spielen Borknagar ihr Set routiniert. An diesem Abend gibt es historisches und bekanntes aus allen Epochen. Aber die Fans dürfen sich freuen. Schließlich haben die Norweger ein neues Album im Kasten, das noch dieses Jahr erscheinen soll.

Carach Angren

Wem Borknagar nicht theatralisch genug sind, der ist bei Carach Angren gut aufgehoben. Die Niederländer zelebrieren Geister- und Horrorgeschichten im Gewand des Symphonic Black Metal. Manch einem ist das zu viel des Guten – erinnern Carach Angren doch bisweilen an die englischen Kollegen Cradle of Filth. Für andere ist die bewusst grotesk gehaltene Black-Metal-Operette genau das Richtige. Fette Stakkato-Riffs treffen auf Keyboard-Teppiche, Black-Metal-Screams auf tiefe Growls. Carach Angren bedienen gekonnt die volle Klaviatur und werden dafür frenetisch gefeiert.

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