Wave-Gotik-Treffen 2019: Die schwarze Konstante


Wave Gotik Treffen 2019
So war die beliebte der 28. Ausgabe vom Wave Gotik Treffen 2019 in Leipzig. (Bild: stagr / Katja Wisotzki)

Wave-gotik-treffen 2019 – montag

Nach dem konzertintensiven Sonntag wollten wir am letzten WGT-Tag zumindest ein bisschen vom Kulturprogramm abseits der Musik mitnehmen. Erster Anlaufpunkt waren die Promenaden im Leipziger Hauptbahnhof, wo die Ausstellung „Awakened Consciousness“ des Metallbildhauers Ronald Knoll auf die Besucher wartete. Knoll hat seine eindrucksvollen Metallskulpturen ganz im Sinne des Upcycling-Gedankens hauptsächlich aus Schrottteilen angefertigt. Seiner Kreativität waren dabei keine Grenzen gesetzt – die Ausstellung zeigte ein breites Spektrum von Tieren über Steampunk-artige Maschinen bis hin zu Monsterwesen, die auch einem H.R. Giger gut zu Gesicht gestanden hätten.

Von dort zogen wir weiter zur nahegelegenen Atelier Hermeling / Schreckenberger in den Höfen am Brühl. Das Atelier ist für uns seit Jahren ein beliebter Anlaufpunkt, zum einen aufgrund der Streichholzkunst von Schreckenberger und den PopArt-Werken von Hermeling, zum anderen aufgrund der illustren Gäste, die sich zum WGT im Atelier tummeln. Diesmal war beispielsweise der Leipziger Steffen Fischer zu Gast, der aus einer alten Nähmaschine eine sehr edle Whisky-Zapfanlage angefertigt hat. Ein echter Hingucker, nicht nur für Whisky- und Steampunk-Fans.

In den 14 Jahren, die wir inzwischen das WGT besuchen, kam es meines Wissens noch nie vor, dass von den Besuchern politische Aktionen durchgeführt wurden. Das änderte sich in diesem Jahr, denn das Leipziger Bündnis “Extinction Rebellion” hatte gemeinsam mit prominenten Szenepersönlichkeiten wie Oswald Henke und Dr. Mark Benecke für den Montagnachmittag zu einer Schwarzen Demo gegen das Artensterben aufgerufen. Rund 2.000 Menschen nahmen an einem Trauermarsch vom Bayerischen Bahnhof zum Hauptbahnhof teil, um dort in einem Die In, bei dem sich alle regungslos auf den Boden legten, auf die Missstände in der globalen Klimapolitik aufmerksam zu machen.

Danach machten wir noch einen Abstecher in die Galerie Koenitz, deren Ausstellung sich dem Thema “Geheimnis und Mystik – Symbolismus in der ‘Gothic’-Bewegung.” widmete. Zu sehen gab es seltene Arbeiten von Richard Müller, Fidus, Franz Stassen, Hermann Wöhler, Max Klinger und anderen Künstlern. Vor allem die schwarz-weißen Landschaftsbilder von Wöhler strahlten eine düstere Bedrohlichkeit aus und würden sich sicher gut auf dem Cover des ein oder anderen Black-Metal-Albums machen.

Das für den Abend angekündigte Unwetter machte unseren Plan, zu ESCAPE WITH ROMEO und JANUS ins Westbad zu fahren, zunichte. Im Westbad muss fast immer mit einem Einlass-Stopp zu späterer Stunde rechnen und die Vorstellung, auf offener Straße von tischtennisballgroßen Hagelkörnern beschossen zu werden, ist eher nicht so schön. Deshalb stärkten wir uns noch im Biergarten des Bayerischen Bahnhofs und fuhren zum Abschluss ins Dr. Hops, Leipzigs beste Craft-Beer-Bar. Die “Zombierkalypse”-Lesung war zwar leider schon vorbei, aber immerhin gab es gutes Bier. Und so konnten wir im Trockenen das heftige Gewitter mitverfolgen, das draußen tobte und zur Folge hatte, dass das Heidnische Dorf vorzeitig geräumt wurde und der Headliner-Auftritt von TANZWUT entfiel.

FAZIT

Das WGT war in diesem Jahr einmal mehr ein (fast) perfekt organisiertes Festival ohne Zwischenfälle. Dass sich mittlerweile drei Konzertlocations im Leipziger Westen befinden, reduziert auch die Fahrerei ein bisschen, sofern man im Felsenkeller, Täubchental oder Westbad etwas für sich entdeckt. Der Kohlrabizirkus, die einzige richtig große Location neben der AGRA, fehlt aber nach wie vor an allen Ecken und Enden. Da er aber mittlerweile eine Eissporthalle ist, bekommen wir ihn definitiv nicht zurück. Die einzige Alternative wäre das Haus Auensee, aber das ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr schlecht zu erreichen. Interessant wird es nächstes Jahr, denn dann fällt wahrscheinlich auch das Westbad weg, weil die Musikalische Komödie im Herbst für eine Spielzeit dort einzieht und somit wohl keine WGT-Konzerte dort stattfinden können.

Aus rein persönlicher Sicht ist es schade, dass der Anteil an Metalbands so gering war wie seit vielen Jahren nicht mehr. Hoffen wir mal, dass das nur ein Ausrutscher war, denn Metal hat sich in den vergangenen Jahren eigentlich als wichtige Säule auf dem WGT etabliert und an Bands, die dem Festival gut zu Gesicht stehen, mangelt es wahrlich nicht.

Doch zurück zu den positiven Dingen, denn davon gibt es auch genug. Das Kulturprogramm ist gefühlt noch umfangreicher geworden und wer auf Facebook die Augen offen hält, finden auch viele “schwarze” Veranstaltungen, die nicht Teil des offiziellen Programms sind. Leider haben wir viel zu wenige davon besuchen können, aber das ist bei so einem riesigen Angebot automatisch der Fall. Bei den Bands werden insbesondere die Auftritte von GOETHES ERBEN und THY ANTICHRIST noch lange im Gedächtnis bleiben. Unangefochten auf Platz eins der Orte, an denen man sich am besten in WGT-Atmosphäre entspannen kann, steht der Felsenkeller-Biergarten, der nach einem Umbau in diesem Jahr noch größer war als letztes Mal. Die Security war überall freundlich, die Toiletten für Festival-Verhältnisse absolut in Ordnung und über die Auswahl an Getränken und Essen konnte man fast überall auch nicht meckern. WGT, es war wieder schön mit dir, wir sehen uns nächstes Jahr!

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Wave Gotik Treffen 2019 / WGT 2019

Danke für den Text: Felix Wisotzki