Wacken Open Air 2017 – Und endlich Alice Cooper!


Wacken Open Air 2017: das ist Matsch, das ist eine Bier-Pipeline die 10.000 Liter pro Stunde auf das Gelände pumpt, das sind Bands aus aller Welt die laute und vor allem harte Musik spielen. Und noch härtere Metalheads, die sich mit ihren schwarzen Klamotten zu dröhnender Musik im Dreck wälzen, Circlepits und Walls of Death aufmachen und dabei den Alkohol schneller weg-exen als Nomalsterbliche den ersten Jägermeister-Shot am Samstagabend.

So oder so ähnlich war auch die Außenwahrnehmung vom Wacken 2017 (die auch gar nicht sooo falsch ist). Was man aber von außen nicht sah, sondern vor Ort erlebt haben muss, war das freundschaftlich-(feucht-)fröhliche Miteinander auf Wacken. Selten gab es Veranstaltungen mit 75.000 Teilnehmern aus unzähligen Nationen, auf denen alle Teilnehmer die so hilfsbereit sind, so freundschaftlich miteinander umgegangen sind und wo es kaum zu Aggressionen kam.

Die Erkenntnis – vor allem von Besuchern die dieses Jahr zum ersten mal den heiligen Acker Wackens betreten haben (zu erkennen am falschen Schuhwerk und hellen T-Shirts) und vielleicht nur aus Neugier mitgekommen waren –lautete: Metalheads sind nett! Zueinander, zu den Ordnern, zur Polizei und Feuerwehr, und vor allem zu Nicht-Metalheads in weißen T-Shirts, die von allen gern umarmt wurden. Vor allem von denen, die sich gerade mit ihren schwarzen Klamotten im Schlamm gewälzt hatten. Und dazu ein Bier aus der Pipeline getrunken hatten. Zu lauter Musik.

Wacken Open Air 2018 Tickets + Infos:

Possessed

1989 wurde Possessed-Frontmann Jeff Becerra aufgrund einer Schussverletzung querschnittsgelähmt und zog sich aus dem Musikgeschäft zurück. 17 Jahre später beschloss er ein Comeback mit der Band Possessed und ist seitdem über 10 Jahre lang immer wieder auf Tour gewesen – im Rollstuhl! Wer einmal eine Band auf Tour begleitet hat, weiß vielleicht, was für eine Belastung das ist, auch ohne im Rollstuhl zu sitzen… Allein aus dem Grund verdient Jeff meinen höchsten Respekt.

Vor allem wenn man auf Wacken sah, wie Jeff ganz entspannt in seinem Rollstuhl auf die Bühne rollte, sich erstmal ein Red Bull am Drumset abholte, trank und dann nach vorne kam und “The Eyes of Horror” performte. Musikalisch ist Possessed ein “Gründungsmitglied” des Death Metal, wobei einige Songs die sie spielten auch auch Einflüsse aus dem Thrash Metal aufwiesen. Kraftvoll, finster, mit schneller Gitarre und harten Drums jagten die Jungs aus Seattle, die 2002 noch als “Godfathers of Death Metal” bezeichnet wurden, ihr Repertoire runter und schlossen mit dem Song “Death Metal” vom gleichnamigen Demoband ab.

Blaas of Glory

Marschmusik-Instrumente, Langhaar-Perücken und gute Laune. Der neunköpfige Spielmannszug ist mittlerweile auch Dauergast in Wacken und anderen Veranstaltungen wie die Full metal Cruises und spielt Marschkapellen-Cover von Rock-Songs wie “Jump” von Van Halen, “Highway to hell” von AC/DC oder auch “Fat Bottom Girls” von Queen. Mit übertriebener Stage-Performance wie ungelenke High-Kicks und Jumps von einer Monitor-Box, sowie humorvollen Ansagen mit niederländischem Akzent verbreitet Blass of Glory jedes Jahr auf’s neue Gute Laune unter den Zuhörern, und marschieren auch einfach mal spielend über das Wacken-Gelände um Frohsinn und Rock-Cover zu bereiten.

Twilight Force

Immer wieder Schweden. Wenn man sich mit Metal auseinandersetzt, stolpert man immer wieder über Schweden, sei es nun Sabaton, Arch Enemy, Amon Amarth, In Flames oder Europe. Twilight Force reiht sich nun auch in die bunten Metal-Vögel aus Schweden ein. Die Band liefert Power-Metal mit Fantasy-Themen – also den Klassischen Drachentöter-Metal, mit Selbstironie und guter Laune wie man sie auch von den Liveauftritten von Sabaton kennt. Die kleine Festzelt-Bühne war ein bisschen zu klein um dem Sänger, dem Bassisten und den beiden Gitarristen (mit und ohne Elfen-Ohren) genug Platz zum rumrennen und rumtanzen zu geben. Viel besser sahen sie damals als vorband von Sabaton auf in der Alsterdorfer Sporthalle aus. Und so wünscht man den Metal-Barden von ganzem herzen, dass sie ihre Mär von weisen Drachen und mutigen Reitern demnächst auf einer der großen Bühnen Wackens präsentieren dürfen, wo sie eigentlich hingehören.

Max und Iggor Cavalera

21 Jahre ist es her, dass Sepultura das Album ROOTS rausgebracht hat, das letzte Album dass mit Sänger Max Cavalera aufgenommen wurde. Letztes Jahr begab sich Max zusammen mit Bruder Igor (ebenfalls Gründungsmitglied von Sepultura) auf Tour, um das 20 Jährige Jubiläum zu feiern. Das diesjährige Wacken war eins der letzten Stationen dieser Tour, die Sepultura-Fans der ersten Jahren ermöglichte, das Album mit dem Original-Frontmann und -Drummer noch mal Live zu erleben.

Das Besondere an Roots war die Verbindung von hartem Metal mit Elementen traditioneller Brasilianischer Musik, und so kam Max auch mal mit einem Berinbaum (einem traditionellen Brasilianischen Instrument das gleichzeitig Saiteninstrument und Perkussion ist) auf die Bühne, und benutzte de nTonabnehmer in der Percussion-Muschel direkt auch als Mikrofon. Die Setlist enthielt die ersten 15 Songs von “ROOTS” in der Reihenfolge wie sie auch auf dem Album erschienen waren mit Ausnahme Endangered Species, und zum Abschluss gab es noch ein Cover von Ace of Spades und ein weiteres mal den Titelsong vom Album “Roots Bloody Roots”.

Den 360°-Grad-Livestream von Max und Iggor Cavalera bei Wacken 2017 siehst du hier: magenta-musik-360.de

Heaven Shall Burn

Es gibt einen guten Grund dafür, warum Heaven Shall Burn als eine der wichtigsten Vertreter des Metalcores in Deutschland bezeichnet werden. Und beim Wacken Open Air 2017 konnten die 5 Musiker aus Thüringen mal wieder auf der großen Bühne beweisen, dass sie sich diesen Titel verdient haben, so wie letztes Jahr bei Rock im Park. Ihnen gelang es, Hardcore-Elemente mit extremen Thrash- und Death-Metal zu kombinieren, und das ganze mit melodischen Elementen und sympathischen Ansagen aufzulockern. Auf die Aufforderung von Sänger Marcus Bischoff bildete sich um den großen Kontrollturm vor den Mainstages ein kreisrunder Circle-Pit, der vielleicht sogar der größte in der Geschichte von Wacken war. Auf jeden Fall der größte, den ich jemals erlebt hatte.

Den 360°-Grad-Livestream von Heaven Shall Burn bei Wacken 2017 siehst du hier: magenta-musik-360.de

Alice Cooper

11 Jahre war es her, dass ich Alice Cooper live gesehen hatte – damals als Special Guest von Deep Purple in Kiel. Und tatsächlich war Cooper der Act, auf den ich mich beim Diesjährigen Wacken am meisten gefreut hatte. Allerdings mit einem kleinen Fragezeichen, denn bei Ozzy in Berlin 2016 konnte ich live ansehen, wie eine Legende dem Alter erlag und sich nicht mehr so gewandt bewegen konnte wie vor 10 Jahren (nichts gegen Ozzy, gesungen hat er immer noch wie damals).

Alice Cooper geht mittlerweile auf die 69 zu, und in seiner über 40 Jahre langen Karriere brillierte er nicht nur mit Gesang, sondern auch mit seiner Horrorshow und Bühnenpräsenz. Ozzy, Manson, Lordi, alle waren sie von Cooper inspiriert worden. Und als Alice Cooper auf die Bühne kam, mit tiefschwarzem Maskara, schwarzen Leggings, Totenkopf-Gürtel und weißen Rüschenhemd, waren alle Sorgen sofort verflogen. Der Schöpfer des Horror-Rock, Eminenz der Dunkelheit und Rock n Roll Hall of Famer zeigte mir und allen anderen dass er es immer noch voll drauf hatte als er seine Show mit “Brutal Planet” eröffnete. Es folgten weitere Hits wie sein Klassiker “Posion” bevor er sich zu “Feed my Frankenstein” in einen Blutigen Laborkittel warf, eine Gasmaske auf setzte und in eine Maschine setzte, die Funken sprühte und ihn in einen 4 Meter hohen Frankenstein verwandelte.

Danach zerrte er eine mannshohe Stoffpuppe auf die Bühne um sie zu misshandeln, erstach in “Only Women Bleed” eine Tänzerin die genau wie die Puppe gekleidet war, wurde dafür von einer Krankenschwester die an Harley Quinn von der Suicide Squad erinnerte in eine Zwangsjacke gesteckt in der er “Paranoid Personality” performte. Zum Ende hin befreite sich Alice, versuchte die Krankenschwester mit dem Ärmel der Zwangsjacke zu erwürgen, scheiterte, und wurde letztendlich guillotiniert – eine Abhandlung seiner alte nShows wo er ebenfalls Mordete und am Ende am Galgen erhängt wurde. Um dann in einem goldenen Anzug und Krücke wieder auf die Bühne zu kommen und die Show letztendlich mit School’s out for Summer zu beenden. Als Zugabe gab es noch ein Ace of Spades Cover in Gedenken an Lemmy Kilmister, wo Alice jedoch die Lead-Vocals seinem Lead-Gitarristen Chuck Garric überließ. Irgendwo stieß offensichtlich auch ein Alice Cooper an seine Grenzen. Oder wurde sich zumindest langsam ihrer bewußt.